
Es war wenige Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl, Donald Trump hätte Wähler in Florida treffen können, dem so wichtigen US-Bundesstaat. Er hätte Reporter versammeln können, um ihnen zu zeigen, wie hart er um jede einzelne Stimme im Sonnenstaat kämpft.
Aber Trump hatte Besseres zu tun. Er lud die Berichterstatter in den Golfclub Doral bei Miami. Dessen Eigentümer: Donald Trump. Stolz präsentierte der Hausherr die edlen Säle und das akkurat gestutzte Grün, normalerweise begehbar nur gegen Mitgliedsbeiträge, die jedoch gerade für Trumps Kernwähler mit latenter Abstiegsangst unerschwinglich bleiben dürften.
Doch sein eigenes wirtschaftliches Wohlergehen war Trump an diesem Tag im Oktober wichtiger als die Gefühle seiner Wähler. Ihm ging es vor allem um eines: schöne Werbebilder für seinen Golfkomplex.





Das für einen Wahlkampf in der Endphase eher ungewöhnliche Prozedere wiederholte sich nur wenige Tage später. Da tauchte Trump mit Reportern im Schlepptau bei der Eröffnung seines neuen 212 Millionen Dollar teuren Luxushotels in Washington auf, wenige Schritte vom Weißen Haus entfernt.
Er prahlte, das Hotel habe weniger gekostet und sei früher fertig geworden als geplant. Trump klang wie sein eigener PR-Sprecher. Nur mit Mühe schaffte er den Dreh zu seinem aktuellen politischen Hauptjob: „Das ist ein Zeichen dafür, was wir als Land schaffen können“, rief er der Besuchermenge zu, ehe er das Hotel für eröffnet erklärte. Solche Auftritte zeigen, was für ein Spagat Trumps Präsidentschaftskandidatur eigentlich ist.
Trumps wirtschaftspolitische Pläne
Trump will für mehr Wachstum in der US-Wirtschaft sorgen. „Bessere Jobs und höhere Löhne“, lautet eines seiner Kernziele. Der Immobilien-Unternehmer will die Staatsschuldenlast der USA von fast 19 Billionen Dollar abbauen. Er bezeichnet die Schuldenlast als unfair gegenüber der jungen Generation und verspricht: „Wir werden Euch nicht damit alleine lassen“. Defiziten im Staatshaushalt will er ein Ende bereiten.
Trump hat umfangreiche Steuersenkungen sowohl für die Konzerne als auch für Familien und Normalverdiener angekündigt. Er spricht von der größten „Steuer-Revolution“ seit der Reform von Präsident Ronald Reagan in den 1980er Jahren. Wer weniger als 25.000 Dollar im Jahr verdient, soll dank eines Freibetrages künftig gar keine Einkommensteuer mehr zahlen. Den Höchstsatz in der Einkommensteuer will er von momentan 39,6 Prozent auf 33 Prozent kappen. Ursprünglich hatte er eine Absenkung auf 25 Prozent in Aussicht gestellt. Die steuerliche Belastung für Unternehmen will Trump auf 15 Prozent von bislang 35 Prozent vermindern. Das soll US-Firmen im internationalen Wettbewerb stärken. Firmen, die profitable Aktivitäten aus dem Ausland nach Amerika zurückholen, sollen darauf eine Steuerermäßigung erhalten. Die Erbschaftsteuer will der Republikaner ganz abschaffen. Eltern sollen in größerem Umfang Kinderbetreuungs-Ausgaben steuerlich absetzen können.
Trump verspricht, der „größte Job-produzierende Präsident“ der USA zu werden, „den Gott jemals geschaffen hat“. Bereits als Unternehmer habe er Zehntausende neue Stellen geschaffen.
Um amerikanische Arbeitsplätze zu sichern, will Trump die Zölle auf im Ausland hergestellte Produkte anheben und die US-Wirtschaft insgesamt stärker gegen Konkurrenz aus dem Ausland schützen. China, aber auch Mexiko, Japan, Vietnam und Indien wirft Trump beispielsweise vor, die Amerikaner „auszubeuten“, indem sie ihre Währungen zum Schaden von US-Exporten abwerten und manipulieren.
Das angestrebte transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) lehnt Trump ab. Für ihn schadet ein freierer Zugang der Europäer zum US-Markt – vor allem zum staatlichen Beschaffungsmarkt – den amerikanischen Firmen. Das geltende Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta will er neu verhandeln, die TPP-Handelsvereinbarung mit asiatischen Staaten aufkündigen. Trump setzt generell anstatt auf multilaterale Handelsabkommen, etwa im Rahmen der Welthandelsorganisation, auf bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Staaten und Wirtschaftsräumen.
Die Handelsbeziehungen zu China, der nach den USA zweitgrößten Wirtschaftsmacht weltweit, will Trump grundlegend überarbeiten. Er wirft der Volksrepublik vor, ihre Währung künstlich zu drücken, um im Handel Vorteile zu erlangen. Er will das Land daher in Verhandlungen zwingen, damit Schluss zu machen. Auch „illegale“ Exportsubventionen soll die Volksrepublik nicht mehr zahlen dürfen. Verstöße gegen internationale Standards in China sollen der Vergangenheit angehören. Mit all diesen Maßnahmen hofft er, Millionen von Arbeitsplätzen in der US-Industrie zurückzugewinnen.
In der Energie- und Klimapolitik hat Trump eine Kehrtwende angekündigt. Er will die USA von den ehrgeizigen Klimaschutzvereinbarungen von Paris abkoppeln, die Umwelt- und Emissionsvorschriften lockern und eine Rückbesinnung auf fossile Energieträger einläuten: „Wir werden die Kohle retten.“ Die umstrittene Fracking-Energiegewinnung sieht Trump positiv.
Trump verspricht der Wirtschaft eine umfassende Vereinfachung bei den staatlichen Vorschriften. Er werde ein Moratorium für jede weitere Regulierung durch die Behörden verhängen, kündigte er an. Trump will Milliarden in die Hand nehmen, um Straßen, Brücken, Flughäfen und Häfen zu bauen und zu modernisieren. Finanzieren will er das unter anderem dadurch, dass die US-Verbündeten einen größeren Teil an den Kosten für Sicherheit und Verteidigung in der Welt übernehmen sollen.
Dabei handelt es sich um kein neues Phänomen. Es hat in den USA schon häufiger Geschäftsleute gegeben, die sich um hohe und höchste Ämter bewarben. Die Kennedys waren Unternehmer, manche sagen sogar Ganoven. Die Bushs hatten im Ölgeschäft Millionen verdient. Ross Perot, vielfacher Ölmilliardär, wollte gleich zweimal Präsident werden. Mike Bloomberg, einer der reichsten Menschen der Welt, regierte als Bürgermeister New York und dachte dieses Jahr ebenfalls über eine Kandidatur fürs Weiße Haus nach. Und selbst die Clintons avancierten spätestens nach ihrem Auszug aus dem Weißen Haus zu tüchtigen Geschäftsleuten in eigener Sache. Sie verdienten mit bezahlten Reden binnen eines Jahrzehnts über 200 Millionen Dollar.
Der Fall Trump liegt dennoch anders. Noch nie hat es einen Kandidaten in den USA gegeben, der so direkt und unverblümt zwischen wirtschaftlichen Interessen und neuer politischer Rolle hin und her wechselt. Und noch nie gab es einen mit solch schillernder geschäftlicher Vergangenheit. Trump war Baumogul, Golfplatz-Guru, Casinobetreiber, Vertreiber von Wodka, Krawatten, Steaks oder Gesellschaftsspielen. Zuletzt wirkte er als Star einer Reality-TV-Show, in der er erfolgshungrige Businessaspiranten nach Belieben feuerte. Dieser Geschäftssinn endet auch nicht mit dem Wahlkampf. Seine vielen Privatjetflüge etwa stellte Trump dem eigenen Unternehmen in Rechnung – verdiente also noch beim Buhlen um Wähler. Und zwar mit System.





Kein guter Name mehr
Trump hat seine politischen Ambitionen stets damit begründet, ein höchsterfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Wird er das auch bleiben, sollte er diesen Wahlkampf krachend verlieren?
Schließlich hat Trump seiner Marke einiges zugemutet. US-Journalisten haben in den vergangenen Monaten genüsslich ausgegraben, wie er in einem einzigen Geschäftsjahr einen Verlust von fast einer Milliarde Dollar anhäufte. Sie haben aufgelistet, wie viele seiner Unternehmungen Schiffbruch erlitten – und dass einmal sogar Trumps Vater Jetons in einem seiner Casinos kaufen musste, um den Sohnemann vor dem drohenden Bankrott zu retten. Trump wurde sogar vorgerechnet, er könne doppelt so viel Geld haben wie jetzt, hätte er es konservativ in einem Investmentfonds angelegt, statt sich immer wieder als Geschäftsmann zu versuchen.