Russland Das Trauma sitzt tief

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Kreml will Ukraines Annäherung an EU verhindern

Der Maidan steht in Flammen
Der berühmte Maidan, der Unabhängigkeitsplatz in Kiew, steht in Flammen. Ein Demonstrant schützt seine Augen, während er Stacheldraht um das Feuer zieht. Quelle: dpa
Sicherheitskräfte stürmten in der Nacht auf Mittwoch (19. Februar) den von Demonstranten besetzten Unabhängigkeitsplatz. Auf beiden Seiten gab es Tote und Verletzte, als die Situation eskalierte. Quelle: dpa
Die meisten Todesopfer starben durch Schusswunden, wie Vertreter von Behörden und Opposition erklärten. Hunderte Menschen wurden verletzt, dutzende von ihnen schwer. Quelle: dpa
Die Regierungsgegner setzten zahlreiche Barrikaden in Brand, um die Polizei zu vertreiben. Der Maidan verwandelte sich in ein Flammenmeer, Rauchsäulen steigen in den Himmel. Quelle: dpa
Die Unruhen weiteten sich auf mehrere Städte im Westen des Landes aus. In Stanislau und Lemberg besetzten Demonstranten am späten Dienstagabend nach Polizeiangaben mehrere Verwaltungsgebäude der Regionalregierung. In Ternopil wurde das Polizeihauptquartier in Brand gesetzt, wie Medien berichteten. Nach Angaben eines Oppositionspolitikers besetzten Demonstranten zudem das Gebäude der Staatsanwaltschaft. Quelle: dpa
Die ehemalige Sowjetrepublik erlebte den bislang blutigsten Tag seit Beginn ihrer Unabhängigkeit vor mehr als 20 Jahren. Demonstranten warfen mit Steinen und Molotowcocktails. Quelle: dpa
Ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht: Ein nächtliches Krisentreffen von Präsident Viktor Janukowitsch mit Oppositionsführern blieb ohne Ergebnis. Quelle: dpa

Entscheidend wird ohnehin sein, ob sich die Lage in der Ukraine stabilisiert - weil genau dies nicht im Interesse Putins ist: "Der Kreml will einer Annäherung an die EU und insbesondere an die Nato einen Riegel vorschieben", sagt Stefan Meister, Russland-Experte des European Council on Foreign Relations. Wenn es der ukrainischen Bevölkerung schon gelinge, den gewählten Präsidenten zu verjagen, dann solle dies wenigstens nicht ökonomisch zum Erfolg führen. So erklärt sich Meister auch die Propaganda des Putin-Regimes, das auf allen Kanälen die Bilder von Rechtsextremen verbreiten lässt, die allenfalls eine kleine Minderheit darstellen. "Der Sturz einer Regierung in Kiew ist ein Präzedenzfall, der sich auch auf andere postsowjetische Staaten auswirken könnte", so der Politikwissenschaftler. Putin diskreditiere die Maidan-Bewegung, damit sich dies in Moskau nicht wiederholt. 

Infografik Deutsche Unternehmen in Russland

Die Menschen in der Ukraine versuchen unterdessen, sich mit der schwierigen Lage zu arrangieren. Julian Ries, der als Rechtsanwalt für die französische Kanzlei Gide Loyrette Nouel in Kiew tätig ist, erlebt ein "Wechselbad der Gefühle": "Einen Abend habe ich überlegt, wie ich meine Familie schnell aus dem Land bekomme - und am nächsten Morgen sah die Lage wieder entspannt aus." Das Problem sei die Unberechenbarkeit der Situation. Die Stimmung ist dennoch gut unter ausländischen Investoren. "Viele hoffen, dass sich die Ukraine jetzt in eine westlich demokratische Richtung bewegt. Dieser Kurs verspricht Rechtssicherheit und kann dazu beitragen, dass das Potenzial des Marktes endlich gehoben wird." 

Letztlich ist es die Wahl der Ukrainer, ob sie den EU-Kurs wählen wollen oder den Status quo - und Wähler sitzen jenseits der Kiewer Euphorie auch im prorussischen Osten. Eines aber ist klar: Wladimir Putin wird hierbei mitreden wollen. Sein Trauma der Nato-Erweiterung sitzt tief. 

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