Ausblick Finanzkrise: Wer gewinnt und wer verliert

Seite 3/3

Bruttoinlandprodukt in Deutschland (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken).

Bei den Privatbankern überwiegt noch die Erleichterung darüber, knapp davongekommen zu sein. „Es gab keine Alternative zu dem Rettungspaket“, sagt ein Top-Manager. „Die Gefahr, dass sonst das gesamte System kollabiert, war zu groß.“ Gleichzeitig fürchten die Banker eine Welle von Regulierungen, die alle Wachstumsfantasien zunichte machen würde. Welch kleine Brötchen die Banker von den Politikern zu erwarten haben, zeigt auch die schmallippige Ankündigung von Bundesfinanzminister Steinbrück, Banker dürften künftig nur noch maximal 500.000 Euro jährlich verdienen, wenn ihre Banken auf das staatliche Rettungspaket zurückgreifen.

Profiteure in der Politik. Steinbrück weiß, was das Volk will. Die Bürger sind aufgebracht, dass zig Milliarden Euro zur Rettung der Banken aufgewendet werden. Und die SPD hat nach ihren Chaosmonaten endlich ein Thema. Das Verständnis eines starken Staates ist ein ur-sozialdemokratisches Anliegen. Auch die kapitalismuskritische Linkspartei sieht sich als Finanzkrisengewinner. Linksparteichef Oskar Lafontaine hielt schon immer das Feindbild Finanzmarktkapitalismus hoch.

Doch während die Linkspartei sich in Populismus übt, hat die SPD an Konzepten gearbeitet – und war daher inhaltlich besser als alle anderen Parteien auf die Krise vorbereitet. Schon im vergangenen Herbst hat die SPD-Spitze eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die neue Regeln für die Finanzmärkte entwickeln soll. Vorsitzender des Gremiums ist Steinbrück. Einen Großteil der Vorschläge übernahm Steinbrück, als er vor zehn Tage seinen Acht-Punkte-Plan zur Rettung der Finanzmärkte vorstellte. „Das hatte den Vorteil, dass die Pläne des Finanzministeriums mit der SPD schon gut abgestimmt waren“, sagt einer aus der Runde.

Der linke Flügel der Partei dringt zudem auf zusätzliche Hilfen für die Konjunktur. Ernst-Dieter Rossmann, Sprecher der parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, fordert ein „Zukunftsinvestitionsprogramm“ von 25 Milliarden Euro: „Wir brauchen eine übergeordnete Strategie gegen die Krise, in die die Konjunktur auch durch das Versagen des Finanzkapitalismus geraten ist.“

Zur Finanzierung diese Quasi-Konjunkturprogramms schlägt Rossmann vor, eine Kapitalumsatzsteuer einzuführen. Eine solche Steuer könnte die Kosten der Krise von der Allgemeinheit fernhalten und gleichzeitig Spekulationen auf den Finanzmärkten eindämmen. In eine andere Richtung geht die Forderung nach einer europäischen Rating-Agentur, die Rainer Wend, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ins Spiel bringt. „Bisher sind die Rating-Agenturen rein angelsächsisch geprägt. Dem müsste man etwas entgegenstellen.

Lafontaine dagegen dreht die Forderungen der SPD jedes Mal weiter: „Wir kriegen die Krise nicht in den Griff, wenn wir jetzt nicht ein umfassendes Konjunkturprogramm auflegen.“ Der Linke träumt von einem neuen Deutschland, zahlen sollen die Reichen mit einer neuen „Millionärs- und Milliardärssteuer“.

Das starke Auftreten von SPD und Linken kontrastiert mit dem matten Erscheinungsbild der Union. Merkel hört auf Steinbrück, Glos steht im Abseits, und die Unions-Fraktion fühlt sich schlecht informiert. Dass der frühere Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer auf Wunsch der Kanzlerin Chef eines Finanzberatergremiums der Regierung werden sollte, erfuhren die meisten Unions-Abgeordneten erst, als die SPD ihn öffentlich ablehnte wegen seines Aufsichtsratsmandats bei der angeschlagenen Hypo Real Estate. Bei der Union rührte sich niemand zugunsten des CDU-Mitglieds Tietmeyer.

Allein die FDP lässt sich in der Krise nicht in ihrem marktwirtschaftlichen Glauben beirren. Schon in der Bestandsaufnahme schlagen die Liberalen zurück. Für ihren finanzpolitischen Sprecher Hermann Otto Solms ist es „der Staat, der als Regulator und Aufseher versagt hat und die Finanzmarktkrise mitheraufbeschworen hat“. Versagt habe die Bankenaufsicht, Basel II sei zu spät gekommen, die Ratingagenturen habe man agieren lassen und bei den Bilanzierungsregeln den USA klein beigegeben, listet Solms auf und vergisst nicht den Hinweis auf die staatlich nur unzureichend kontrollierten Landesbanken oder die IKB.

Kritisch verfolgen die Liberalen die Rettungs- und Reformmaßnahmen im Bundestag. Parteichef Guido Westerwelle treibt die Sorge um, dass ein Damm bricht nach dem Motto: „Was bedeuten jetzt noch ein paar Milliarden?“

So viel marktwirtschaftliche Standfestigkeit wird belohnt. Die FDP konnte bei der Sonntagsfrage beim ZDF-Politbarometer am stärksten zulegen, von neun auf elf Prozent – ein kleiner Sieg für die Marktwirtschaft.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%