Die CSU fordert die Grenzschließung, in der CDU mehren sich ebenfalls die Stimmen dafür. Österreich definiert nun eine Obergrenze für Flüchtlinge. Das Land will in diesem Jahr noch 37.500 Menschen aufnehmen, danach soll Schluss sein.
Rückt der Tag näher, an dem auch Deutschland seine Grenzen abriegelt?
Bislang hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) so einen Schritt strikt abgelehnt. Deutschland könne seine Grenzen gar nicht schließen und tausende Menschen an der Einreise hindern. Das war über Monate ihre Botschaft.
Bundespräsident Joachim Gauck hat der Kanzlerin nun widersprochen und eine neue Argumentationslinie aufgezeigt. „Wenn nicht Demokraten über Begrenzungen reden wollen, wird Populisten und Fremdenfeinden das Feld überlassen“, sagte Gauck am Mittwoch beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Anders formuliert: Sollten Union und SPD die Zuwanderung nicht runterfahren – und sei es mit einer Grenzschließung – , wird die rechtspopulistische AfD noch stärker.
Merkels Problem: Ihre europäische Lösung greift bislang nicht. Nur zwei Hotspots in Italien und Griechenland sind funktionsfähig, die Außengrenzen bleiben weiterhin durchlässig. Und die Bekämpfung der sogenannten Fluchtursachen dürfte Jahre dauern. „Plan B“ ist in Berlin mittlerweile zum Schlagwort geworden. In Davos gestand Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch ein: „Ich glaube nicht mehr, dass wir zu einer europäischen Lösung kommen, wonach die Flüchtlinge auf alle Länder verteilt werden.“
Wie kommt Merkel aus der Misere raus? Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt empfiehlt ihr eine reumütige Umkehr. „Wenn Merkel die Grenzen schließt und sagt, sie habe alle anderen Optionen versucht, wäre das die beste Lösung für sie“, sagt Patzelt. Dann hätte Merkel jedoch ein Glaubwürdigkeitsproblem. „Ihre eigenen Leute werden sie fragen, warum ihr Plan nicht funktioniert und sie über Monate auf das falsche Pferd gesetzt hat.“
So viel Geld bekommen Flüchtlinge in den europäischen Ländern
800 Euro zahlt das Land im Monat pro Flüchtling. Die Summe muss allerdings versteuert werden.
Quelle: EU-Kommission / Frontex, Stand: 18. September 2015
Die Spanne, die der Inselstaat für einen Asylbewerber zahlt, liegt zwischen 85 und 452 Euro pro Monat.
400 Euro pro Flüchtling / Monat.
352 Euro pro Flüchtling / Monat.
330,30 Euro pro Flüchtling / Monat.
zwischen 85 und 290 Euro pro Flüchtling / Monat.
zwischen 176 und 276 Euro pro Flüchtling / Monat.
232 Euro pro Flüchtling / Monat.
225 Euro pro Flüchtling / Monat.
187 Euro pro Flüchtling / Monat.
177 Euro pro Flüchtling / Monat.
66 Euro pro Flüchtling / Monat.
33,23 Euro pro Flüchtling / Monat.
20 Euro pro Flüchtling / Monat.
18 Euro pro Flüchtling / Monat.
12 Euro pro Flüchtling / Monat.
0 Euro pro Flüchtling / Monat.
Sollte sich die Bundesregierung für die Grenzschließung entscheiden, dürften Europas Außengrenzen zum neuen Brennpunkt werden. Italien und insbesondere Griechenland wären mit 2.500 bis 4.000 Neuankömmlingen pro Tag schnell überfordert. Experten warnen bereits vor einer humanitären Krise innerhalb der EU. „Womöglich braucht Europa diesen Schock, um zu begreifen, dass ein Land allein überfordert ist. Das könnte effektiver sein als Merkels derzeitige Strategie des Bettelns“, sagt Politologe Patzelt.