Thüringen Zu diplomatisch, nicht klar genug: FDP-Chef Lindner räumt Fehler ein

Das Scheitern der FDP in Hamburg begründet der FDP-Chef mit den Vorgängen in Thüringen. Auch seine eigene Rolle sieht Lindner kritisch.

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Die Liberalen stecken in einer Krise. Quelle: dpa

FDP-Parteichef Christian Lindner hat Fehler im Umgang mit dem Wahldebakel in Thüringen eingeräumt. Er hätte „noch unmissverständlicher und weniger diplomatisch“ sprechen können, nachdem der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich auch mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, sagte Lindner am Dienstag bei RTL. Er habe damals bereits deutlich gemacht, als Parteivorsitzender zurückzutreten, wenn es keine klare Abgrenzung zur AfD gebe. „Aber das war möglicherweise nicht klar genug.“

Lindner verteidigte trotzdem die Kandidatur Kemmerichs: „Die Idee war ja nachvollziehbar, nicht mit der Linkspartei, nicht mit der AfD etwas zu tun haben zu wollen, sondern zu sagen: Okay, wir bieten eine Alternative der Mitte an.“ Man sei dann allerdings von der AfD ausgetrickst worden.

Der Rücktritt Kemmerichs einen Tag nach der Wahl sei laut Lindner bereits der erste Schritt gewesen, um Vertrauen zurückzugewinnen. „Irgendwann geht's auch wieder um Sachfragen, wenn klar ist, wir haben nichts mit der AfD zu tun“, erklärte Lindner.

Dass sich in Thüringen der FDP-Kandidat Kemmerich von der AfD zum Ministerpräsidenten hatte mitwählen lassen, bezeichnete Lindner als einen Grund für das schlechte Abschneiden in Hamburg. Bei der Bürgerschaftswahl ist die FDP ganz knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nach ersten Zahlen vom Sonntagabend hatte die FDP noch bei 5,0 Prozent gelegen. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kamen die Liberalen aber nur auf 4,9 Prozent und verpassten so den Einzug ins Landesparlament. Bei der Wahl vor fünf Jahren holte die FDP 7,4 Prozent.

Die Liberalen zeigten sich enttäuscht. „Das finde ich sehr, sehr schade. Das ist für uns als Partei natürlich ein trauriges Ergebnis“, sagte von FDP-Spitzenkandidatin Anna Treuenfels-Frowein am Rande einer Landesvorstandssitzung. Allerdings gewann sie in ihrem Wahlkreis Blankenese ein Mandat. FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf Twitter: „Eine liberale Stimme aber wird es mit Anna Treuenfels-Frowein in der Bürgerschaft geben – ein kleiner Trost und der Ausgangspunkt für den nächsten Anlauf.“

Als Konsequenz aus den Vorgängen in Thüringen und dem schwachen Abschneiden bei der Hamburg-Wahl will Lindner einen Mitte-Kurs seiner Partei schärfen. „Wir werden in der nächsten Zeit ganz offensiv unsere politische Position der Mitte reklamieren und auch die Auseinandersetzung mit denen suchen, die versuchen, jetzt aus dem Fehler von Erfurt eine grundlegende Veränderung unserer politischen Landschaft herbeizuführen“, sagte Lindner am Montag in Berlin nach einer Präsidiumssitzung seiner Partei. Er sprach von einer klaren Abgrenzung zur AfD, aber auch zur Linken.

Lindner kündigte an, die Arbeiten an einem neu formulierten Leitbild der Partei zu verstärken. Ökologische Fragen hätten eine größere Bedeutung als vor fünf Jahren. Viele Wähler beschäftige die Frage nach der Sicherung des Wohlstandes und der freiheitlichen Lebensweise. Dazu komme nun aber auch die Frage, wie die Gesellschaft in Zeiten einer zunehmenden Polarisierung zusammengehalten werden könne.

Lindner sagte, die Mitgliederentwicklung sei seit Jahresanfang insgesamt immer noch positiv. „Und auch nach Erfurt haben wir bei den Mitgliederzahlen eine relative Stabilität. Also wir sind immer noch bei knapp 66.000 Mitgliedern“, sagte er.

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