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Dass das mehr als Planspiele sind, haben Zigtausende deutscher DSL-Kunden schon zu spüren bekommen. Einer von ihnen ist Max Afflerbach. Als der Student aus dem rheinischen Wesseling 2011 mit seinem DSL-Anschluss von 1&1 zur Telefónica-Tochter Alice wechselte, funktionierte der vorhandene Router – eine FritzBox von AVM – nicht mehr wie gewohnt. Insbesondere die Internet-Telefonie klappte nicht. „Die Konfigurationsdaten, mit denen ich die Internet-Telefonie in der FritzBox hätte einrichten können, rückte Alice nicht raus.“
Das sei widerrechtlich, ärgert sich der 23-Jährige. Schließlich sichere das Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) dem Kunden Wahlfreiheit zu, über welche Technik er ins Netz geht. Auch Nutzer von Online-Anschlüssen der Vodafone-Tochter Arcor berichten von einem Routerzwang. Mittlerweile hat eine Vielzahl Internet-Nutzer dagegen Beschwerde eingelegt bei der Bundesnetzagentur – bisher ohne Erfolg. Im Februar teilten die Bonner Beamten mit, dass sie keine Handhabe sähen, die Netzbetreiber zur Herausgabe der Zugangsdaten zu zwingen. Die Formulierungen im Gesetz seien nicht klar genug.
Zwang zum Router
Setzt sich der Zwang zu einem bestimmten Router auf breiter Front durch, wäre das womöglich der Anfang vom Ende des liberalisierten Telefonmarkts. Schließlich waren es die Endgeräte, die in den Achtzigerjahren als Erstes der Monopolhoheit der Deutschen Bundespost entzogen wurden.
Entsprechend viel Brisanz birgt der Versuch einzelner DSL-Anbieter, das Gesetz umzudefinieren: Nicht mehr die Telefonbuchse im Wohnzimmer – wie in der Vergangenheit branchenweit gehandhabt – sei der Abschlusspunkt, der noch ins Hoheitsgebiet des Netzbetreibers fällt, sondern der daran angeschlossene Router. Erst dahinter, also an den Steckerbuchsen des Routers, beginne die Anschlusshoheit der Kunden, argumentieren etwa Telefónica oder Vodafone. Auch dagegen, teilte die Netzagentur genervten Kunden bereits mit, gebe es keine rechtliche Handhabe.
Fast alle Endgerätehersteller betroffen
Betroffen sind von dieser neuen Sichtweise fast alle Endgerätehersteller. „Den Kunden ist nicht mehr möglich, ihr Anschlussrecht für im Handel käufliche Geräte wahrzunehmen“, warnt die neu formierte Interessengemeinschaft, der Hersteller von Routern, Internet-Telefonen, Nebenstellenanlagen, Webcams und Alarmsystemen angehören. „Dabei ist es mehr denn je im Interesse der privaten und professionellen Nutzer, durch fairen Wettbewerb eine große Auswahl von möglichen Geräten zu haben.“
Die Manager der Branche hoffen auf ein Einsehen der Bundesnetzagentur. „Es gibt kein technisches oder ökonomisches Argument für eine Änderung der Regulierung“, sagt Mike Lange, Deutschland-Chef beim taiwanischen Hardwarehersteller D-Link. Der offenkundige Kurswechsel lasse sich „nur auf hervorragende Lobbyarbeit der Netzbetreiber zurückführen“.