Tesla gegen Sila Nano und Quantumscape Die Jagd nach dem perfekten Akku

Die Autobranche ringt um den perfekten Akku. Der Vorreiter: Tesla. Quelle: imago images

Mehr Reichweite, lange Haltbarkeit: Die Autobranche ringt um den nächsten Durchbruch bei der Batterie-Technologie. Tesla prescht voran, während BMW, Daimler und Volkswagen auf zwei Silicon-Valley-Start-ups wetten.

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Elon Musk macht keinen Hehl daraus, was ihn bremst: „Der Akku ist unser größter Engpass“, sagt der Chef des Elektroautoherstellers Tesla. Er meint damit nicht nur, wie schnell sich die Akkupacks fertigen lassen, sondern auch Größe, Haltbarkeit und Gewicht. Die Tesla-Hauptversammlung am 22. September hat er darum zum „Battery Day“ erklärt. Der Andrang ist so groß, dass die Eintrittskarten unter den Aktionären verlost werden.

Über vier Ankündigungen wird spekuliert: Angeblich will Musk bekannt geben, gemeinsam mit Partner Panasonic dank einer verbesserten Anode mehr aus den herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus herausgekitzelt zu haben – mindestens fünf Prozent mehr. Die reichweitenstärksten Teslas schaffen derzeit 643 Kilometer.

Zweitens könnte verkündet werden, dass der sogenannte 1-Millionen-Meilen-Akku möglich ist, der die Lebensleistung drastisch erhöhen und sich nach dem Gebrauch im Fahrzeug noch lange Jahre als Stromspeicher fürs Heim verwenden lassen soll.
Drittens wird Musk wahrscheinlich einen selber entwickelten Akku sowie den Einstieg in eine eigene Akku-Produktion bekannt geben. So will er das Design der Stromspeicher und der Fahrzeuge noch enger miteinander verknüpfen, um den Platz in den Autos effektiver zu nutzen und das Gewicht besser zu verteilen. Die Akkus könnten dann an allen möglichen Stellen im Auto verbaut werden, anstatt nur am Boden. Der selber entwickelte Akku soll es schaffen, den Preis unter die magische Grenze von 100 Dollar pro Kilowattstunde zu drücken. Derzeit liegt Tesla laut Schätzungen bei rund 150 Dollar.

Wird diese branchenintern als Schallmauer bezeichnete Grenze durchbrochen, um dann unter 100 Dollar zu sinken, ziehen Elektroautos bei den Herstellungskosten mit Verbrennern gleich. Mehr noch: In der Branche ist man zuversichtlich, dass bis Ende des Jahrzehnts sogar 50 Dollar pro Kilowattstunde möglich sind. Dann wäre ein Elektroauto sogar deutlich günstiger als ein Verbrenner.

Darauf aufbauend könnte Musk viertens wahrscheinlich ein neues Massenmarkt-Modell verkünden, dessen Basisversion dank günstigerer Akkus unter 25.000 Dollar offeriert wird.

Es geht nicht nur um ein Milliardengeschäft, sondern auch um Industrie -und Umweltpolitik. Das erklärt, warum der Rummel um die via Internet übertragene Tesla-Präsentation so groß ist. Musks Ausführungen gestatten nicht nur einen Ausblick auf das Tempo bei Tesla, sondern auf das der gesamten Elektroauto- und Energiebranche. Es geht auch darum, ob der große Batterie-Konkurrent Brennstoffzelle kostenmäßig noch eine Chance hat – oder die seit vielen Jahren beschworene Wasserstoff-Wirtschaft von der Lithium-Ionen-Ökonomie übertrumpft wird.

Für die Strategen in den Autokonzernen bedeutet das mehr Hoffen und Bangen. Sie müssen nicht nur entscheiden, welchen Stromspeicher sie favorisieren – Wasserstoff oder Akku –, sondern auch, ob dessen Anbieter ihre Versprechen bei Kosten und Kapazität halten und vor allem rechtzeitig liefern können. Wer sich für die falsche Technik entscheidet oder sich verzettelt, dem droht der Absturz.

Klar ist: Musk ist bei Weitem nicht der einzige Herausforderer. Aber als größter Elektroautohersteller der Welt zündet er damit die nächste Stufe im Wettlauf um den perfekten Akku. Einig ist sich die Branche, dass zumindest dieses Jahrzehnt den Lithium-Ionen-Akkus gehört. „Sie werden uns diese Dekade und darüber hinaus begleiten“, erwartet Analyst Sam Jaffe von Cairns Energy Research Advisors aus Denver im US-Bundesstaat Colorado.

Gerungen wird darum, wie sich in diesem Akku möglichst viel Energie auf engstem Raum speichern lässt, ohne dass der Stromspeicher überhitzt oder gar abfackelt, nach ein paar Ladezyklen unbrauchbar ist oder Unsummen kostet.



Zugleich soll er leichter werden, kleiner und sich innerhalb von fünfzehn Minuten auf volle Kapazität laden lassen. Als ob das allein nicht schon genug herausfordernd wäre, muss der Akku der Zukunft auch noch frei von seltenen oder schwer abbaubaren Metallen sein. Nickel und Kobalt sollen Eisen oder Kupfer weichen. Die ohnehin herausfordernde Produktion soll ohne umweltschädliche Lösungsmittel auskommen. Moderne Akku-Fabriken, etwa die von Panasonic, LG Chem, Samsung oder Catl, nähern sich schon jetzt mit ihren milliardenschweren Kosten und Nanometer-Präzision den Produktionsstätten von Chip-Fertigern wie TSMC und Intel an.

Der Schlüssel zum Akku-Nirwana liegt in der Kombination von neuen Materialien, Batteriechemie und besseren Produktionsmethoden. Das Tüfteln darum läuft weltweit, in Universitäten, Konzernen und in Start-ups.

Im Silicon Valley ist ein Wettlauf zwischen zwei Start-ups entbrannt: Sila Nano und Quantumscape. Beide setzen da an, wo Forscher die schnellsten Verbesserungen sehen: bei der Anode. Das ist jene negative Elektrode, welche die Lithium-Ionen beim Laden aufnimmt und beim Entladen abgibt. Sie ist durch eine poröse Wand, den sogenannten Seperator von ihrem positiven Gegenpol, der Kathode getrennt. Beim Entladen, also Fahren, wandern die Lithium-Ionen von der Anode durch den Seperator in die Kathode.


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Die Kontrahenten eint, dass sie beide Hunderte Millionen Dollar eingesammelt und ihre Reihen mit ehemaligen Tesla-Mitarbeitern aufgerüstet haben.

Wer sich von ihnen durchsetzt, könnte das Schicksal der deutschen Autobranche und das Kräfteverhältnis ihrer Hersteller maßgeblich verändern. Denn hinter Sila Nano steht ein Bündnis von BMW und Daimler, die beide rund 300 Millionen Dollar in das Unternehmen investiert haben. Quantumscape wiederum ist die große Wette des Volkswagen-Konzerns, in die dieser mehr als 300 Millionen Dollar gesteckt und gleich zwei Spitzenmanager in den Aufsichtsrat entsendet hat.

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