Unzureichende Klimamaßnahmen Umweltverbände wollen deutsche Autokonzerne verklagen

ARCHIV - 18.09.2019, Niedersachsen, Wolfsburg: Ein großes VW-Logo steht auf dem Verwaltungshochhaus vom Volkswagen Werk. (zu dpa: «VW-Dieselaffäre: Staatsanwaltschaft klagt weitere Führungskräfte an») Foto: Sina Schuldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Quelle: dpa

Greenpeace und der Deutschen Umwelthilfe gehen die Klimaschutzmaßnahmen mehrerer Autohersteller nicht weit genug. Die Verbände sprechen von „Raubtierkapitalismus“ und wollen die Firmen nun verklagen.

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Die Umweltverbände Greenpeace und Deutsche Umwelthilfe (DUH) wollen die deutschen Autobauer und den Energieversorger Wintershall wegen unzureichender Klimaschutz-Maßnahmen verklagen. Die Geschäftsführer der Verbände wollten zivilrechtliche Klagen gegen BMW, Daimler, Volkswagen und Wintershall bei Landgerichten einreichen, erklärten die Organisationen am Freitag. Geklagt werde gegebenenfalls wegen Verletzung des Schutzes von Eigentum, Gesundheit und Freiheitsrechten. Die Ansprüche seien aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz abgeleitet, das bereits die Bundesregierung zu schärferen Vorgaben zwang. Den Unternehmen werde noch eine Frist von einigen Wochen gesetzt, um auf die Forderungen der Klimaschützer zu reagieren und die Klagen mit glaubwürdigen CO2-Reduktionspfaden abzuwenden.

Konkret verlangen die Verbände mit Verweis auf die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens einen Ausstieg aus Verbrennungsmotoren bis 2030, denn aus dem Abkommen ergebe sich ein verbleibendes CO2-Emissionsbudget, das nicht überschritten werden dürfe. Die EU-Kommission hat zur Umsetzung der Klimaziele allerdings 2035 als Frist vorgeschlagen, ab der nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden sollen. Wintershall soll sich verpflichten, ab spätestens 2026 keine neuen Öl- und Gasfelder mehr zu erschließen. Der Versorger hat CO2-Neutralität bis 2030 in Aussicht gestellt.

Die Umweltschützer sehen gute Chancen für das rechtliche Vorgehen auch wegen eines Urteils in den Niederlanden gegen den Ölkonzern Shell, der zur Reduktion seiner CO2-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2019 verdonnert wurde. Das Unternehmen geht dagegen in Berufung.

von Martin Seiwert, Henryk Hielscher, Andreas Macho, Annina Reimann, Christian Schlesiger, Peter Steinkirchner

Als ersten Schritt schickten die Kläger den Unternehmen Anspruchsschreiben. Darin heißt es, die aktuellen und geplanten Maßnahmen der Konzerne widersprächen den Klimazielen von Paris und seien daher rechtswidrig. „Trotz zunehmender Extremwetterereignisse und entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse verkauft die deutsche Autoindustrie weiterhin weltweit Millionen klimaschädlicher Diesel und Benziner“, warfen die Verbände den Autobauern vor.

Der CO2-Fußabdruck der wichtigsten deutschen Industrie sei 2019 damit größer gewesen als der des ganzen Landes. „Das Zivilrecht kann und muss verhindern, dass Konzerne unser aller Lebensgrundlagen zerstören und unseren Kindern und Enkeln das Recht auf eine sichere Zukunft nehmen“, sagte Roda Verheyen, die Anwältin von Greenpeace. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch erklärte, damit solle der „Raubtierlobbyismus“ der Autoindustrie gegen den Klimaschutz beendet werden.

Die Autobauer verwiesen auf ihre Pläne zur Umstellung des Angebots auf Elektroautos und zum CO2-Abbau in der gesamten Produktion. BMW, Daimler und Volkswagen bekannten sich zum Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

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„Die BMW Group ist in der Automobilindustrie Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel.“ Daimler erklärte, das Unternehmen sehe keine Grundlage für einen Unterlassungsanspruch und werde sich gegen eine Klage mit allen juristischen Mitteln verteidigen. Volkswagen will den zugestellten Schriftsatz prüfen. „Generell halten wir diese Vorgehensweise sowie die Ankündigung einer Klageerhebung gegen ein einzelnes Unternehmen nicht für ein angemessenes Mittel zur Lösung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen“, teilte der Konzern mit. Wintershall wollte das Abmahnschreiben der Umweltlobbies ebenfalls zunächst prüfen und sich noch nicht dazu äußern.

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