




WirtschaftsWoche: Herr Samuelsson, Volvo hat 2015 den Absatz um acht Prozent gesteigert, den Umsatz um 19 Prozent, den Betriebsgewinn aber um über 300 Prozent. Zeigen sich hier die Auswirkungen eines massiven Sparprogramms?
Hakan Samuelsson: Das sieht auf den ersten Blick vielleicht so aus, aber 2015 gab es keine besonderen Sparaktionen. An unseren Kosten haben wir wesentlich stärker in den Jahren 2013 und 2014 gearbeitet. Der Geschäftserfolg 2015 war aber vor allem unseren neuen Modellen geschuldet. Wir hatten dadurch Volumenvorteile in Einkauf und Produktion, auch Vorteile durch den verbesserten Modellmix. Wir hatten eine starke Nachfrage nach unserem neuen XC90 und auch nach dem XC60 – zwei Modelle, die in der Regel von meist älteren und wohlhabenden Kunden gut ausgestattet werden und uns deshalb gute Gewinnspannen bringen. Hinzu kamen dann noch Währungsvorteile.
Fakten zum Volvo-Baukasten
Von 1999 bis 2010 gehörte Volvo zum Ford-Konzern. In dieser Zeit basierten die neuen Modelle der Schweden auf Plattformen der US-Mutter, etwa dem Ford Focus oder dem hierzulande nicht verkauften Ford Taurus. Als der chinesische Konzern Geely Volvo im Jahr 2010 übernahm, konnten sie die Ford-Technik nicht weiter nutzen, weshalb ein eigenes System entwickelt wurde.
Volvo nennt seinen Baukasten „skalierbare Produkt-Architektur“, kurz SPA. Auf dieser Architektur sollen künftig alle größeren Modelle ab der 60er Baureihe basieren. Sie teilen sich sämtliche Motoren (ausschließlich Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum) und viele Teile des Fahrwerks. So sollen die Kosten bei Entwicklung und Produktion gesenkt werden und langfristig auch die Margen steigen.
Für die Entwicklung der Architektur und die Umrüstung der Produktionsanlagen auf die neue Technik hat Volvo insgesamt rund 75 Milliarden schwedische Kronen, rund acht Milliarden Euro, ausgegeben.
Nur ein Maß – der Abstand zwischen Vorderachse und A-Säule – ist festgelegt, alle anderen Maße sind flexibel. So können teure Bauteile wie die Motoren oder die Elektro-Einheit des Hybridantriebs in unterschiedlich großen Autos verwendet werden, von der Mittelklasse-Limousine S60 bis hin zum großen SUV XC90.
Der XC90 hat den Anfang gemacht, inzwischen ist die 90er-Baureihe komplett: Volvo bietet neben dem SUV XC90 auch die Limousine S90, den Kombi V90 und den Offroad-Kombi V90 Cross Country an. Die bisherigen Modelle S80 und V70 wurden durch die 90er-Modelle ersetzt. In der Mittelklasse hat ebenfalls das SUV den Anfang gemacht, der XC60. Die Limousine S60 und Kombi V60 folgen bald.
Für Volvo hat sich also ausgezahlt, dass das Unternehmen in schwedischen Kronen bilanziert?
Das weniger. Wichtiger war die Stärke des US-Dollar beziehungsweise die Schwäche des Euro. Das hat unseren Export beflügelt. In USA haben wir über das Gesamtjahr hinweg fast 25 Prozent mehr Autos verkauft als 2014. In den beiden letzten Monaten des Jahres betrug das Plus sogar 90 Prozent. Der US-Markt ist inzwischen für uns genauso wichtig wie unser Heimatmarkt Schweden.
Volvo hat 2015 erstmals in der Firmengeschichte mehr als eine halbe Million Autos weltweit verkauft. Was erwarten Sie von 2016? Wird sich die Rekordfahrt fortsetzen?
Wir wollen weiter wachsen, aber es wird schwierig werden, noch einmal den Gewinn zu verdreifachen. Das schafft man nicht jedes Jahr (lacht).
Kommt jetzt etwa eine Gewinnwarnung?
Das sicher nicht. Ich bin sehr optimistisch für 2016. Die Zeichen stehen alle auf Grün. Die Märkte, die für uns wichtig sind, entwickeln sich gut. Zudem sind wir nicht so abhängig von der Entwicklung des Gesamtmarktes.
Warum das nicht?
Weil es unser Ziel ist, Marktanteile zu gewinnen und sie anderen wegzunehmen. Und das sollte uns gelingen mit den neuen Modellen, mit dem XC90, dem neuen S90 und dem nagelneuen V90. Die letzten beiden Modelle kommen im Spätsommer in den Handel. Schon vorher starten wir mit dem Verkauf der facegelifteten 40er Baureihe. In 2017 folgt dann die zweite Generation unseres bisher erfolgreichsten Modells, des Volvo XC60. Auch die Modelle S60 und V60 werden neu aufgelegt und wir bekommen mit dem völlig neu entwickelten Volvo XC40 erstmals einen kompakten SUV ins Portfolio. Damit sollte es uns gelingen, weitere 100.000 neue Kunden zu gewinnen und auch unsere Margen weiter zu verbessern.
Ihr Ziel ist es, den Absatz von Volvo bis 2020 auf 800.000 Fahrzeuge zu steigern. Wo sehen Sie denn noch Potenziale für die Marke?
In den USA haben wir früher 120.000 Autos verkauft, dahin müssen wir wieder zurück. In China sollten wir uns von heute 80.000 auf über 200.000 Autos steigern können. Und auch in Europa gibt es noch Potenzial, so wollen wir in Deutschland unseren Marktanteil bis 2020 auf zwei Prozent verdoppeln. Deutschland ist ein harter, wettbewerbsintensiver Markt. Volvo muss sich hier bewähren, darf nicht vor den deutschen Premiummarken kneifen. Wenn wir es in Deutschland schaffen, dann erreichen wir unsere Ziele auch überall in Europa.