Fitness-Markt Ausgestrampelt – wird Peloton tatsächlich verkauft?

Peloton machte eine rasante Entwicklung durch Quelle: imago images

Der Anbieter von Luxus-Heimtrainern steckt in der Krise. Peloton-Chef Foley gibt die Führung ab, Unternehmen wie Nike und Amazon sollen an einer Übernahme interessiert sein. Dafür könnte es noch zu früh sein.

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An einer Ecke von Deutschlands wohl teuerster Einkaufsstraße, der Königsallee in Düsseldorf, befindet sich eine kleine Boutique. Heller Holzboden und Wände laden die Kunden ein, dekorativ hängen ausgewählte Sportkleidungsstücke an den Garderoben. Worum es eigentlich geht, steht mitten im Laden: zwei Indoor-Bikes und ein Laufband von Peloton. In bester Lage verkauft das US-Unternehmen in Deutschland seine Luxus-Sportgeräte – durchaus mit Erfolg.

Der war nicht abzusehen, als Gründer John Foley Peloton vor zehn Jahren aus der Taufe hob. Der Ex-Digitalchef der Buchhandelskette Barnes & Noble hatte zunächst große Schwierigkeiten, Kapital einzusammeln. Der Fitnessmarkt ist traditionell heiß umkämpft und von Pleiten geprägt. Doch mit dem Zuschalten von Trainern ins häusliche Wohnzimmer und dem gemeinsamen Strampeln via Internet traf Foley einen Nerv. Als die Fitness-Center dann wegen Corona schließen mussten, lief Peloton zur Hochform auf, wurde gar als „Apple des Fitnessgeschäfts“ gehandelt.

Doch nun stottert der Wachstumsmotor. Unfälle mit Laufbändern, Medienberichte über einen Produktionstopp und mögliche feindliche Übernahmen: Die Liste der schlechten Nachrichten für Peloton ist lang. Der aktivistische Investor Blackwells Capital forderte jüngst den Abgang von Unternehmenschef Foley und einen Verkauf des Unternehmens – und konnte sich nun zumindest teilweise durchsetzen. Foley tritt als CEO zurück und wird Executive Chairman, wie Peloton am Dienstag bekannt gab. Neuer Chef und gleichzeitig auch Präsident wird Barry McCarthy, ehemaliger Finanzvorstand von Spotify und Netflix.

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von Alexander Mrozek

Die Aktie hat zuletzt massiv an Wert verloren und lag zeitweise sogar unter ihrem Ausgabepreis vom September 2019. War Peloton vor einem Jahr noch 50 Milliarden US-Dollar wert, waren es Ende Januar nicht mal mehr acht Milliarden. Das lockt Interessenten an. Dem Sportartikelhersteller Nike und dem Online-Händler Amazon wird bereits großes Interesse nachgesagt. Auch Apple und Alphabet werden als Aufkäufer gehandelt, könnten bis zu 15 Milliarden Dollar offerieren. Diese Nachricht ließ die Peloton-Aktie vergangene Woche um rund ein Drittel klettern. Auch diese Woche steigt die Aktie weiter: Peloton-Papiere schlossen am Dienstag nach der Neuaufstellung 25 Prozent im Plus.

Für die Tech-Unternehmen ist digitale Fitness einer der großen Wachstumsmärkte, für den sie ihr Angebot ständig ausbauen: Apple ist mit eigenen Kursen namens Fitness+ ins Sportgeschäft eingestiegen. Alphabet erwarb vor zwei Jahren den Anbieter Fitbit, der Sportuhren und Tracker offeriert. Amazon hat mit dem Halo View einen Fitnesstracker im Angebot, der allerdings bisher kaum bekannt ist.

Peloton würde gut zu diesen Strategien passen. Denn das Unternehmen lockte die Kunden nicht nur mit seinen mattschwarzen Standfahrrädern, sondern vor allem mit der Möglichkeit, live mit Trainerinnen und Trainern und anderen Nutzern um die Wette zu fahren. Diesen Service lässt sich das Unternehmen gut bezahlen: Knapp 1800 Euro kostet das günstigste Heimfahrrad. Dazu kommt noch eine monatliche Mitgliedschaft von 39 Euro. Rund 2,8 Millionen Abonnenten hat Peloton weltweit. Dazu kommen noch einmal 860.000 Abonnenten, die das günstige Abo für die Peloton-App haben. Für 13 Euro können Nutzer meditieren, Krafttraining und Yoga machen.

Mit McCarthy als neuen Chef setzt Peloton auf einen Experten bei Abo-Geschäftsmodellen. Denn die Abonnenten generieren stetiges Einkommen – und sind besonders treu. Nur 0,79 Prozent der Luxus-Radbesitzer haben sich im letzten Quartal wieder von Peloton getrennt.

2019 setzte Peloton 915 Millionen Dollar um, im Jahr darauf schon 1,8 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr wurde gar die Schwelle von vier Milliarden Dollar knapp überschritten. Foley hat Peloton ganz auf Wachstum getrimmt. Gewinn macht das Unternehmen nicht, im vergangenen Jahr lag der Verlust bei 189 Millionen Dollar.

Die sinkende Nachfrage und die höheren Materialkosten durch die Inflation lassen die Verluste für Peloton steigen. Der US-Nachrichtensender CNBS berichtete Ende Januar, dass Peloton die Produktion seiner Fitnessgeräte gestoppt habe. Foley widersprach zwar, schrieb aber in einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter von einer „Neuaufstellung des Produktionsniveaus auf nachhaltiges Wachstum“. Zudem versprach er die „Kosten im gesamten Unternehmen zu optimieren“. Dabei helfen soll die Unternehmensberatung McKinsey, die Peloton im vergangenen Monat beauftragt hat.

Denn Peloton macht weiter Verluste: Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres beläuft sich das Minus auf 439 Millionen Dollar, wie das Unternehmen am Dienstag bekannt gab. Peloton startet nun einen Sparkurs. Peloton will dieses Jahr 800 Millionen Dollar sparen, die Investitionen sollen um 150 Millionen Dollar sinken. Um das zu erreichen, streicht der Fitnessgerätehersteller 2800 Stellen. Das sind rund 20 Prozent aller Angestellten. Auch der Bau der eigenen Fabrik im US-Bundesstaat Ohio wird vorerst gestoppt. 400 Millionen Dollar hatte Peloton eigentlich für das Projekt eingeplant, um ab kommenden Jahr in den USA seine Standfahrräder produzieren zu können.

Zudem wird es offenbar weitere personelle Änderungen geben. William Lynch, bislang Präsident des Verwaltungsrates, tritt zurück, behält aber seinen Sitz im Gremium. Erik Blachford, seit 2015 als Direktor im Rat, scheidet aus. Als neue Direktoren folgen Angel Mendez, Leiterin eines KI-Unternehmens, und Jonathan Mildenhall, der ehemalige Marketing-Manager von Airbnb, teilt Peloton am Dienstag mit.

Auf dem deutschen Markt war bislang von der Krisenstimmung noch nicht allzu viel zu spüren. Peloton verkauft seit November 2019 seine Luxus-Fitnessgeräte hierzulande. Der Fitnessgerätehersteller betreibt mittlerweile zehn eigene Läden in besten deutschen Innenstadtlagen, dazu kommen zwölf Läden in Kooperation mit anderen Einzelhändlern. Zehn deutsche Trainerinnen und Trainer radeln, laufen und vollführen Yoga-Übungen mehrmals die Woche live für die deutschen Nutzer. Erst im September 2021 hat Peloton sein Laufband in Deutschland eingeführt und zum Jahresende vier neue Trainerinnen und Trainer unter Vertrag genommen.

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