Lufthansa-Deal Das wird Air Berlin auch nicht retten

Die geplante Zerlegung soll der Befreiungsschlag für Air Berlin werden. Warum der Lufthansa-Deal die Linie nicht rettet und trotzdem unvermeidlich war.

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Quelle: dpa

„Jaaa, einen guten Morgen aus Berlin, vielen Dank, dass Sie dabei sind!“ Air-Berlin-Chef Stefan Pichler überschlug sich fast vor guter Laune, als er am Donnerstagmorgen den Umbauplan für Deutschlands zweitgrößte Fluglinie präsentierte. Doch schon nach einer Minute konnte er den Schwung nicht mehr aufrechterhalten. Nach drei Minuten musste der 58-Jährige sogar erstmal tief durchatmen.

Wie dem Manager könnte es auch seiner Airline gehen. So sehr Pichler die Aufteilung von Air Berlin in drei Teile als Rettung und Meilenstein pries, dem Sanierungsvorhaben könnte der Schwung bald ebenso ausgehen wie dem Manager bei seinem Vortrag.

Der geplante Split in eine Premiumlinie mit Schwerpunkt Langstrecke, einen Auftragsflieger für die Lufthansa-Billigtochter Eurowings sowie eine Touristik-Airline wird Air Berlin nicht retten. Pichler löst damit bestenfalls einen Teil seiner Probleme – und nicht gerade die drängendsten. „Air Berlin drücken nicht zu viele Flugzeuge, sondern zu hohe Kosten und zu niedrige Einnahmen“, so ein Insider.


Denn trotz aller Sparprogramme gingen Pichler und seine Vorgänger im Air-Berlin-Chefsessel die wesentlichen Problempunkte bestenfalls halbherzig an. Das räumt Pichler selbst ein: „Wir haben bisher nur die Symptome aber nicht die Ursache der Probleme bekämpft“, sagte er am Donnerstag. Auch nach seiner Präsentation ist allerdings nicht klar, wie genau er es schaffen will, ab 2018 wieder Geld zu verdienen. Das liegt vor allem an diesen Problemen:

1. Zu viel Doppelarbeiten

Die einzelnen Unternehmensteile, mit deren Zukauf Gründer Joachim Hunold Air Berlin ab 2006 auf Augenhöhe mit der Lufthansa bringen wollte, wurden nie konsequent zusammengeführt und in der Verwaltung gestrafft. Das sollte den sozialen Frieden retten.

Zudem wollte Air Berlin nicht mit Entlassungen in großem Stil die Rückendeckung der Politik aus Nordrhein-Westfalen gefährden. Ohne die hätte Air Berlin keine Chance gehabt, die unverzichtbaren Rechte für Gemeinschaftsflüge mit Hauptaktionär und Geldgeber Etihad aus Abu Dhabi zu retten.

Nun will Pichler bis zu 1200 Jobs streichen. Stellenstreichungen hatte er allerdings schon früher angekündigt. Und auch jetzt ist unklar, wann genau der Stellenabbau endet und welche Bereiche er umfasst.

2. Verfehlte Geldbeschaffung

Statt zu sanieren, stopften alle bisherigen Air-Berlin-Chefs die Finanzlöcher lieber durch den schrittweisen Verkauf von Besitztümern. Zunächst waren es die einst gut 80 eigenen Flugzeuge, die zu immer abenteuerlichen Konditionen zurückgeleast wurden. Und je weniger Jets Air Berlin besaß, umso mehr zweifelten die Leasingfirmen an der Bonität und verlangten höhere Raten. Den Rest des Geldes besorgte sich die Führung um den ehemaligen Finanzchef Ulf Hüttmeyer mit Anleihen zu Schwindel erregend hohen Zinssätzen.

Aufstieg und Niedergang von Air Berlin
Kim Lundgren (l), Mitgründer und Präsident der 'Air Berlin Inc.' und Pilot, mit seinem Sohn Shane Lundgren, ebenfalls Pilot bei Air Berlin Inc. Quelle: airberlin
Joachim Hunold Quelle: airberlin
Einstieg ins Linienfluggeschäft Quelle: airberlin
Service an Bord von Air Berlin 2003 Quelle: airberlin
Niki Lauda (2009) Quelle: dpa
Airbus A 320 (2005) Quelle: airberlin
dba Air Berlin Quelle: AP

„Am Ende waren dank der endlosen Sparerei die rein operativen Kosten zwar einigermaßen wettbewerbsfähig“, sagt einer, der es wissen muss. „Doch die Finanzierungskosten haben uns immer stärker unter Wasser gezogen.“
Dieses Problem löst auch die geplante Aufspaltung nicht. Air Berlin bekommt zwar Geld, denn Eurowings überweist für jeden der 40 Air-Berlin-Jets mehrere Millionen Euro an Miete im Jahr. „Doch wir zahlen nicht mehr, als uns der günstigste unserer eigenen Flieger kostet“, stellt Eurowings-Chef Karl Garnadt klar.

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Mit anderen Worten: Legt Air Berlin bei dem Deal drauf, ist das deren Problem. Auch wenn Lufthansa für die 40 Jets zunächst eine satte Vorauszahlung schickt, dürfte Air Berlin laut Insidern pro Flugstunde bis zu 1000 Euro weniger bekommen, als sie insgesamt inklusive der Finanzierung ausgibt.

3. Wachsende Unsicherheit bei Kunden und Beschäftigten

Das dritte große Problem von Air Berlin ist das unklare Geschäftsmodell. „Auch wenn viele die Verbindung von Ferienflug oder Geschäftsreisestrecken für falsch hielten, der Fehler waren die vielen Wechsel im Auftritt“, glaubt ein inzwischen ausgeschiedener Topmanager. Air Berlin selbst sah sich ab 2006 zuerst als eine Art besserer Billigflieger. Als Haupteigner Etihad 2011 einstieg, forderte die Fluggesellschaft aus Abu Dhabi mehr Nähe zum eigenen Anspruch als weltbeste Fluglinie.

Dann wurde das Geld knapp. Die Strategie wurde wieder in Richtung Billigflug ausgerichtet, bis Etihad das Discount-Image zu viel wurde. Es folgte der erneute Schwenk zu Premium. Der aktuelle Stand: Der Bordservice wird bis auf das Schokoherz gekappt und Economy-Passagiere zahlen wie bei Ryanair für Essen und Trinken.

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