Lufthansa Zu viel Kundschaft für zu wenig Flüge

Seit Air Berlin den Flugverkehr eingestellt hat, bekommen Kunden die Konsequenzen zu spüren: Auf gefragten Strecken wird das Fliegen teurer - teilweise sind gar keine Tickets zu kriegen.

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Air-Berlin-Pleite schlägt Verbrauchern auf die Geldbörse

Wer Ende dieser Woche kurzfristig von Berlin nach München und zurück fliegen möchte - Donnerstag hin, Freitag zurück - der muss tief in die Tasche greifen. Denn derzeit gibt es dafür nur eine Nonstop-Option: Mit der Lufthansa für rund 450 Euro, spuckt die Online-Flugsuchmaschine aus. Je nach Uhrzeit könnte es auch noch teurer werden. Für eine Verbindung, für die die Lufthansa normalerweise mit Preisen ab 101 Euro wirbt.

Im hauseigenen Buchungsportal der Lufthansa bekommt der Kunde bei der Verbindung andersherum, sprich von München nach Berlin, den Hinflug um 6:45 Uhr für 363,67 Euro - laut Website sind noch vier Sitze übrig. Die Business-Class ist ausverkauft - ebenso für einen möglichen Rückflug am Freitag sämtliche Economy-Tickets. Der Rückfahrschein in der Business-Class kostet dann 512,86 - die acht Flüge, die dann noch zur Wahl stehen, haben allerdings jeder nur noch ein bis drei Sitze frei.

Die Stichprobe zeigt, was viele Medien schreiben und auch Lufthansa-Chef Carsten Spohr bestätigt: Es ist sehr knapp geworden auf einigen deutschen Flugstrecken - und auch deutlich teurer. Insbesondere Flüge zwischen Berlin und München oder Berlin und Köln tun sich in diesen Tagen durch hohe Ticketpreise hervor.

Auch an anderen deutschen Flughäfen werden die Konsequenzen der Airline-Pleite nun deutlich: In Stuttgart beispielsweise verkehrt nach dem Ende der Air Berlin nur noch die Lufthansa-Tochter Eurowings zwischen der baden-württembergischen Hauptstadt und Berlin - und das deutlich seltener als zuvor. Auf Nachfrage der "Stuttgarter Zeitung" erklärte der Sprecher des Stuttgarter Flughafens, dass etwa die Zahl der Flüge nach Berlin deutlich zurückgegangen sei: Während der Stuttgarter Flughafen im November 2016 insgesamt 820 von und nach Berlin verzeichnete, würden es im November 2017 insgesamt nur 528 Flüge sein. Im Dezember seien derzeit ebenfalls nur 528 Flüge geplant, während es im Vorjahresmonat 788 waren, berichtete der Flughafensprecher der Zeitung.

Ein klares Zeichen: Im innerdeutschen Flugverkehr herrscht ein Kapazitätsengpass. Schuld ist die Insolvenz der Air Berlin - und das Warten auf Brüssel.

80 der 140 Air-Berlin-Maschinen, die bislang innerdeutsche Flugverbindungen bedient haben, bleiben seit Ende Oktober auf dem Boden. Somit fehlen laut Spohr jeden Tag 60.000 Sitze. „Das kann keine Airline der Welt ausgleichen“, sagte der Lufthansa-Chef im Interview mit der "Bild"-Zeitung. Trotzdem tue man alles, um den Folgen des Engpasses entgegenzusteuern.

Als ein Zeichen des guten Willens verwies Spohr darauf, dass die Airline auf der Strecke Berlin-Frankfurt bereits einen Jumbo einsetze, um die hohe Nachfrage bedienen zu können. „Das rechnet sich betriebswirtschaftlich überhaupt nicht, weil es ein großes, teures Flugzeug ist. Aber es zeigt, dass wir helfen wollen“, sagte der Lufthansa-Chef.

Das neue Versprechen Spohrs als Zeichen guten Willens: 1000 weitere innerdeutsche Flüge. So soll der Kapazitätsengpass behoben und die Ticketpreise wieder auf ein normales Level gebracht werden.

Man warte eben nur noch auf Brüssel, so Spohr. Doch das kann unter Umständen noch einige Tage dauern. Die Pläne der Lufthansa sehen vor, dass die Töchter LG Walter und Niki für 210 Millionen Euro einen beträchtlichen Teil des Air-Berlin-Flugbetriebs mit 81 Jets und den dazugehörigen Verkehrsrechten übernehmen. Die EU-Wettbewerbshüter müssen dafür aber noch grünes Licht geben. Die Kommission hat nach der Anmeldung des Deals vor knapp zwei Wochen 25 Arbeitstage Zeit, das Geschäft abzuklopfen. Haben die Wettbewerbshüter Bedenken, können sie vertieft prüfen. Dann wären es noch einmal 90 Arbeitstage. Bis zum Abschluss liegt das Geschäft auf Eis.

Wahrscheinlich müssen Passagiere also noch bis ins neue Jahr mit knappen Flugangeboten und höheren Preisen rechnen. Ob diese bei höherem Angebot auch wieder fallen, bleibt abzuwarten.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr verspricht jedenfalls, eine Verteuerung der Ticketpreise sei nicht geplant - man wolle es sich mit dem in 65 Jahren Lufthansa-Geschichte gewonnenen Vertrauen der Kunden schließlich nicht verscherzen.

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