Marketing Deo Nummer 79 - Die Geschichte eines neuen Sprays

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Das Problem mit dem Bart

Geruchsmäßig unrentabel - Asiaten sind für Kosmetikunternehmen, dank ihres weißen Ohrenschmalzes, nicht interessant. Quelle: dpa

Oder der Hauptdarsteller lässt das After Shave Balsam weg. Aber Beiersdorf will in dem Werbespot zeigen, dass es von Nivea for Men noch mehr Produkte für die empfindliche Haut des modernen Mannes gibt, nicht nur das neue Deo.

Die Visagistin sagt: "Also?"

Sie einigen sich auf einen Kompromiss: der Bart kommt ab, jedoch nur an den Seiten, nur an den oberen Wangen.

Ein paar Minuten später sitzt der Hauptdarsteller in der Maske. Die Visagistin schmiert ihn mit Rasierschaum ein. Auf der Sprühdose mit dem Schaum steht "Nivea for Men Sensitive".

"Zufall", sagt die Visagistin und lacht. Sie fragt den Hauptdarsteller: "Was nimmst du denn zum Rasieren?"

"Seife."

"Du meinst Rasierseife."

"Nein, normale Seife. Handseife. Irgendwas, was gerade da ist."

Bitte nicht zu deutsch

Auf einem Tisch liegen die Sedcards des Hauptdarstellers. Das sind Karten, die Models von sich drucken lassen, eine Art Bewerbungsmappe in Kurzform. Die Körpergröße des Hauptdarstellers steht darauf (1,80 Meter), der Hüftumfang (98 Zentimeter), der Brustumfang (103 Zentimeter).

Die Marketingmanagerin, die Werbeleute und der Regisseur haben den Hauptdarsteller unter mehreren Hundert Kandidaten ausgesucht. Er ist 24 Jahre alt, muskulös, hat dichte dunkle Haare, gebräunte Haut, sichtbare Brustbehaarung. Er kommt aus Düsseldorf, aber er könnte auch aus Rio de Janeiro stammen. Das ist Absicht. Der Hauptdarsteller des Spots, der international ausgestrahlt werden soll, darf nicht zu deutsch aussehen.

Deutschland ist der größte Markt für Beiersdorf, nirgendwo sonst werden so viele Nivea-Deodorants gekauft. Aber um Umsatz und Gewinn zu steigern, genügt es nicht, wenn Beiersdorf in diesem Jahr wieder viele Männerdeos verkauft. Es müssen mehr sein als im vergangenen Jahr und nächstes Jahr noch mehr als in diesem. In Deutschland fällt das schwer, es gibt hier schon sehr viele moderne Männer. Die Zahl der Deokäufer lässt sich kaum mehr erhöhen. Wenn es gut läuft, kann Beiersdorf der Konkurrenz ein paar Kunden abjagen, das ist alles.

Deutschland ist ein Markt, der sich der Sättigung nähert. Damit muss nicht nur Beiersdorf fertigwerden. Konzerne wie Daimler oder Volkswagen lösen das Problem, indem sie ihre Neuwagen in China absetzen. China ist der hungrigste Markt der Welt, die Chinesen kaufen alles.

Außer Deodorants. Eine genetische Eigenart der Asiaten verdirbt den Kosmetikunternehmen das Geschäft. Chinesen haben weißes Ohrenschmalz. Ihr Achselschweiß stinkt nicht. Der Chinese ist geruchsmäßig unrentabel.

Zum Glück für Beiersdorf gibt es Brasilien. Ein heißes Land, man schwitzt dort viel. Außerdem ein Land, in dem der Wohlstand steigt. Die Brasilianer haben jetzt genug Geld, sich Kosmetika zu kaufen. Sie fangen an, sich vor peinlichen Momenten zu fürchten.

Brasilien hat 200 Millionen Einwohner. Das sind 400 Millionen Achselhöhlen. Es ist das China der Deoproduzenten.

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