Zoox So sieht Amazons Robotaxi aus

Am Montag hat Zoox sein Robotaxi der Weltöffentlichkeit präsentiert. Das Design ist radikal. Bis auf vier Räder und die für ein US-Fahrzeug unverzichtbaren Becherhalter im Innenraum erinnert nichts an ein traditionelles Taxi. Quelle: Zoox

Die Amazon-Tochterfirma Zoox zeigt den Prototypen ihres Robotaxis, das auch als Lieferfahrzeug dienen kann. Es ist ein wichtiges Puzzleteil, um Amazons Logistikflotte aufzurüsten und unangreifbar zu machen.

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Im Juni erwarb Amazon überraschend das Silicon Valley Robotaxi Start-up Zoox für 1,3 Milliarden Dollar. Für Zoox, das inmitten der ersten Corona-Welle in den USA verzweifelt nach frischem Kapital suchte, war es die Rettung. Für Amazon-Chef Jeff Bezos ein Schnäppchen. Schließlich war der 2014 gegründete Wettbewerber von Googles Selbstfahrunternehmen Waymo zuvor noch auf über drei Milliarden Dollar Wert taxiert worden und hatte bereits knapp eine Milliarde Dollar Wagniskapital verbraucht. Im Paket waren so etliche Patente sowie der Prototyp eines Robotaxis, an dem das Unternehmen sechs Jahre lang geforscht hatte. Bezos sicherte dem von der ehemaligen Intel-Strategiechefin Aicha Evans geführtem Start-up das zu, was Zoox für seine Produkte verspricht: Autonomie.

Am Montag hat Zoox nun sein Robotaxi der Weltöffentlichkeit präsentiert. Das Design ist radikal. Bis auf vier Räder und die für ein US-Fahrzeug unverzichtbaren Becherhalter im Innenraum erinnert nichts an ein traditionelles Taxi. Ein Lenkrad oder Cockpit gibt es nicht, damit auch keinen Fahrersitz beziehungsweise eine vordefinierte Vorder- und Rückseite. Der 3,63 Meter lange Shuttle mit Allrad-Antrieb mutet wie eine Mini-Schwebebahn-Kabine an. Ihr Dach ist mit gleich sechs Lidar-Sensoren gespickt und soll so selbst bei schlechten Witterungsbedingungen mögliche Hindernisse innerhalb von mindestens 100 Metern Entfernung entdecken und identifizieren können.

Da beide Achsen lenkbar sind, kann sich das Robotaxi laut seinen Entwicklern fast auf der Stelle drehen und da es vorwärts und rückwärts gleichermaßen gut fahren kann, besonders gut durch dicht bebaute Innenstädte manövrieren. Für diesen Einsatz ist es ausgelegt.

So sieht Amazons E-Lieferwagen aus
Elektrolieferwagen-Studie mit Amazon-Logo Quelle: via REUTERS
Der blaue Lieferwagen mit zahlreichen Amazon-Schriftzügen soll auf der Rückseite ein sehr auffälliges Bremslicht bekommen. Quelle: Amazon
Zu wem das Fahrzeug gehört, soll auch im Inneren gut zu erkennen sein. Zudem hilft das hauseigene Sprachsystem Alexa bei der Bedienung. Quelle: Amazon
Zahlreiche Kameras rund um das Fahrzeug und auch im Gepäckbereich sollen den Amazon-Fahrern vom Steuer aus einen Rund-um-Blick mithilfe eines großen Displays ermöglichen. Quelle: Amazon
Das Fahrzeug verfügt laut Amazon über zahlreiche Sensoren, die dem Fahrer im Verkehr unterstützen sollen. Natürlich gehört auch ein Navigationssystem zur Grundausstattung. Quelle: Amazon
Im Gepäckraum sollen Regale mit drei Ebenen genügend Platz für die Amazon-Lieferungen schaffen. Quelle: Amazon
Nirgendwo soll es scheinbar am Amazon-Emblem fehlen. Selbst im Zentrum der Scheinwerfer ist es für den genauen Betrachter zu erkennen. Quelle: Amazon

Die vier Fahrgäste sitzen sich dabei auf Zweierbänken gegenüber und werden elektrisch mit bis zu 120 Stundenkilometern autonom zu ihrem Fahrziel befördert. Ihre Sitze sind mit Airbags sowie Touchscreens, die Route und Fahrziel anzeigen, ausgestattet.
Ein überdimensionierter Akku mit 133 Kilowattstunden verspricht laut Zoox 16 Stunden Dauerbetrieb pro Ladung. Die Sitze lassen sich entfernen und das Taxi so auch als autonomes Lieferfahrzeug einsetzen.

Zoox testet das Robotaxi derzeit in Las Vegas, San Francisco sowie an seinem Hauptquartier Foster City im Silicon Valley und erwägt dort einen autonomen Taxiservice. Ähnlich wie in Phoenix, wo Waymo solch einen Dienst betreibt, allerdings mit modifizierten Chrysler Minivans, die deshalb wie ein normales Taxi anmuten, nur ohne Fahrer.

Vor drei Jahren hatte der Autodesigner Henrik Fisker bereits einen ähnlichen Shuttle konzipiert, allerdings als Studie. Im Januar zeigte General Motors dann seine Interpretation namens Origin.
Wann Zooxs Robotaxi auf die Straße kommt, steht noch nicht fest. Klar ist jedoch, dass Amazon-Gründer Bezos Gefallen an der Autobranche gefunden hat und dort stark expandiert.



So ist der Online-Gigant einer der größten Geldgeber hinter dem Tesla-Konkurrenten und Elektroautohersteller Rivian, das exklusiv für Amazon ein kürzlich präsentiertes Elektro-Lieferfahrzeug entwickelt hat. Außerdem hat sich Amazon im Februar vergangenen Jahres an dem Silicon Valley Start up Aurora Automotive beteiligt. Sein Chef ist Chris Urmson, der einst Googles Selbstfahrsparte als Technikchef verantwortete und nun mit seinem Start-up Selbstfahrtechnologien entwickelt und mit seinem alten Arbeitgeber konkurriert. Als Geldgeber hat er neben Amazon auch Hyundai und Kia gewinnen können, sowie Shell Ventures und die Silicon Valley Wagniskapitalgrößen Sequoia Capital und Greylock Partners. Anfang Dezember ist noch Uber als Gesellschafter hinzugekommen. Der Logistik-Anbieter bringt dafür seine eigene Selbstfahrsparte ein, investiert 400 Millionen Dollar und bekommt dafür rund ein Viertel von Aurora.

Gemein ist Amazons Beteiligungen, dass diese sich zumindest zum Start hauptsächlich auf Lieferfahrzeuge oder kommerzielle Shuttles fokussieren. „Beim autonomen Fahren, besonders bei Lieferdiensten, werden wir in 2021 erhebliche Fortschritte sehen“, prognostiziert der Trendforscher Mark Anderson, Herausgeber eines einflussreichen Tech-Newsletters.

Es geht darum, einen Wachstumsmarkt zu besetzen. „Wenn alle Taxis und LKWs irgendwann autonom fahren, dann rechtfertigt das natürlich eine hohe Bewertung“, sagte Volkswagenchef Herbert Diess jüngst der WirtschaftsWoche. „Gerade in Ländern mit hohen Löhnen, etwa in den USA oder Europa, sind enorme Einsparungen denkbar.“

Amazon, so meint Buchautor Mario Herger, der vom Silicon Valley aus Trends analysiert, sei inzwischen vornehmlich ein Infrastrukturanbieter. Seine Logistikflotte macht DHL, UPS, Fedex und der Post Konkurrenz. Nun wird diese schrittweise auf autonomes Fahren getrimmt.


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„Mit Selbstfahrtechnologie wie von Zoox und Elektrolieferwagen wie von Rivian kann Amazon autonome Logistikdienste entwickeln und hat auch das Können, Wissen und den finanziellen Atem, diese zu voranzutreiben“, meint Herger. Amazons Konkurrenten hätten dieses Know-How nicht. Mit dem Verzicht auf menschliche Fahrer könnte Amazon dann seine Wettbewerber unterbieten.

In der Zukunft seien so eine Art rollende Supermärkte denkbar, die ihre Waren vom Gehsteig via Lieferroboter oder Drohne zum Kunden befördern. Kombiniert mit seinen Lagerhäusern und seinem Netzwerk aus Händlern könnte Amazon so eine Art Pendant zu seinem milliardenschweren Cloud-Service Amazon Web Services (AWS) aufbauen. Nur statt Bits und Bytes Güter und Waren transportiert werden.

Mehr zum Thema: Jeff Bezos stieg selbst bei einem Fahrzeughersteller ein. Nun zeigt Amazon wohl zum großen Unmut Daimlers und Co. erste Bilder seines E-Lieferwagens Rivian.

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