Decathlon-Deutschlandchef „Unsere Einrichtung erinnert manchen an einen Supermarkt“

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„Wir sind gerade dabei, unseren eigenen Online-Marktplatz aufzubauen“

Hängen diese Schließungen mit den Auswirkungen der Corona-Krise zusammen?
Nein, da gibt es keinerlei Zusammenhang. Vor allem März und April waren für uns wie für alle anderen Einzelhändler natürlich eine extreme Zeit. Wenn man praktisch von einem auf den anderen Tag alle Filialen schließen muss, ist das eine extreme Stresssituation, auch und gerade für unsere 5.000 Mitarbeiter. Aber tatsächlich sind wir am Ende sehr gut durch diese Krise gekommen.

Aber auch Sie werden den Lockdown zu spüren bekommen haben, oder?
Natürlich, wir hatten über sechs Wochen in den Läden keinen Umsatz. Wir haben den Einschnitt ganz klar gemerkt. Aber gleichzeitig sind bei uns die Online-Umsätze stark gestiegen und sie haben sich seitdem auf diesem Niveau gehalten. Wenn sich diese Tendenz verstetigt, wird das Onlinegeschäft am Jahresende wohl an die 30 Prozent zu unserem Umsatz beitragen. Unter dem Strich werden wir zwar nicht alle Ziele erreichen, die wir uns gesteckt haben. Aber wir werden das Jahr mit einem Umsatzplus beenden. Das können in diesem herausfordernden Jahr nicht viele Einzelhandelsunternehmen in Deutschland sagen. Und wir haben die Zeit genutzt, um neue Dinge zu starten.

Was heißt das konkret?
Beispielsweise haben wir damit begonnen, Online-Kunden bei Produktfragen über WhatsApp zu beraten. Das wird extrem gut angenommen. Und bereits kurz nach der Wiedereröffnung der Läden haben wir mit einem Partner das System Scan + Go eingeführt, damit unsere Kunden in den Geschäften kontaktlos bezahlen können und nicht einmal mehr zur Kasse gehen müssen. Und auch im Internet werden wir bald unser Angebot deutlich ausbauen.



Was planen Sie?
Wir sind gerade dabei, unseren eigenen Online-Marktplatz aufzubauen. Der wird im ersten Quartal 2021 live gehen und wir haben Zusagen von den ersten Partnern, die über unseren Marktplatz verkaufen werden. Ihre Produkte werden auf decathlon.de präsentiert, sind aber nicht von uns eingekauft, sondern werden gegen eine Provision abgerechnet.

Sie machen also Amazon und Zalando Konkurrenz?
Genau, es ist ein ähnliches Businessmodell, wie es Amazon, Zalando und Co. auch verfolgen, aber mit dem großen Unterschied, dass wir die Sportwelt kennen, die richtige Kategorisierung und den Content dahinter haben und unser Know-how mitbringen. Wir wollen die Anlaufstelle für alle Sportler werden.

Klingt erst einmal blumig, was haben Sie denn genau vor?
Decathlon ist bekannt für seine Sportprodukte, vor allem für unsere gut 85 Eigenmarken. Unser Core Business als Sporteinzelhändler wird weiterhin klar im Vordergrund stehen, aber nun wollen wir noch ein Stück weiter gehen und rund um den Sport Angebote bündeln. Wer beispielsweise in einer anderen Stadt einen Tennisplatz buchen möchte, aber dort niemanden kennt, steht oft vor einer Herausforderung. Diesen Sportlern wollen wir uns als Plattform anbieten, als Anlaufstelle und wir vermitteln dann den entsprechenden Anbieter. Das soll helfen, das Leben unserer Kunden zu erleichtern. Auch Vereine können sich anschließen, etwa um Leerzeiten und Flächen über ein einfaches Buchungssystem besser nutzen zu können. Das reicht vom Fitnessstudio über Personal Trainer bis zu Tennisvereinen, die diese Plattform nutzen können. Eigenen Kurse werden wir allerdings nicht anbieten.

Wann wollen Sie damit starten?
Losgehen soll es Anfang kommenden Jahres in einem kleinen Verbund von acht Ländern. Dazu gehören die nordeuropäischen Länder, dazu Belgien, die Niederlande, aber auch Spanien und Italien sind bei dem Projekt dabei, das wir nun step by step aufschalten werden.


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Welche Sportmarken haben denn ihre Teilnahme an der Plattform bereits zugesagt? Sind Nike, deren Produkte Sie in Ihren Läden ja nicht anbieten, oder auch Adidas dabei?
Die ersten Gespräche und Verhandlungen, die wir geführt haben, waren sehr offen. Wir pflegen gute Verhältnisse zu vielen Marken und wissen einander zu schätzen. Wer im kommenden Jahr dabei sein wird, werden wir zum gegebenen Zeitpunkt mitteilen.

Vergangenes Jahr haben Sie in Deutschland einen Umsatz von mehr als 800 Millionen Euro erzielt – wann erwarten Ihre Gesellschafter in Frankreich die erste Milliarde von Ihnen?
Wir sind immer noch in einer Phase, wo wir gemessen am Marktanteil noch wahnsinniges Wachstumspotenzial haben. Wir wollen die Nummer 1 für den Sport werden und die erste Adresse für alle Sportler sein. Den Weg gehen wir weiter. Gleichzeitig wächst das digitale Business enorm. Und mit Marktplatz, den wir aufbauen, sind wir sicher, dass wir einen großen Schritt nach vorn machen werden. Ob und wann wir damit die Milliardengrenze knacken, wird sich zeigen. Wichtiger ist uns allerdings, dass unsere Kunden zufrieden sind. Wenn uns das gelingt, kommt alles andere hinterher.

Mehr zum Thema: Decathlon hat den deutschen Markt für Sportartikel aufgerollt. Nun soll die Coronakrise den nächsten Wachstumssprung bringen.

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