Textilmarke Wie Uniqlo mit Tennis-Star Roger Federer punkten will

Roger Federer feiert einen Sieg Quelle: AP

Ein Werbevertrag mit Tennisstar Roger Federer soll die weltweite Expansion der japanischen Textilmarke Uniqlo stützen. Das Kalkül könnte aufgehen.

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„Nur Wachstum rechtfertigt die Existenz eines Unternehmens“ – nach dieser Devise des Gründers wurde Uniqlo zur größten Modemarke Japans und dann hinter den Textilriesen Inditex („Zara“) und H&M zur weltweiten Nummer drei. Doch der Ehrgeiz von Gründer Tadashi Yanai ist ungebrochen, obwohl der 69-jährige das Rentenalter längst überschritten hat und schon länger der reichste Japaner ist. Aktuell sind seine Anteile an der Uniqlo-Mutter Fast Retailing 19 Milliarden Euro wert. 

Dennoch bekräftigte der japanische Unternehmenschef im vergangenen Herbst in der spanischen Zeitung „El Mundo“ sein Ziel, die Goldmedaille in der Textilbranche gewinnen zu wollen. Schließlich sei man bereits die Nummer eins in Japan und in Asien. Nun soll Fast Retailing binnen drei, vier Jahren mit Weltmarktführer Inditex gleichziehen. Allerdings scheint dies ebenso anspruchsvoll wie unrealistisch. 

Die konkrete Vorgabe für seine Manager lautet nämlich: Die Einnahmen von Fast Retailing sollen von 14,4 Milliarden Euro im Jahr 2017 um mehr als die Hälfte auf über 23 Milliarden Euro im Jahr 2020 wachsen. Zuletzt steuerten die 1.920 Uniqlo-Geschäfte, davon mehr als die Hälfte im Ausland, mehr als vier Fünftel des Konzernumsatzes bei. Außer in Japan ist Uniqlo in China und Südkorea Marktführer. 

Also muss neues Wachstum her. Etwa in Europa: Im vergangenen Herbst hatte sich Uniqlo mit einem Flagship Store in Barcelona erstmals auf das spanische Heimatterritorium von Weltmarktführer Inditex vorgewagt. Im August wird die erste schwedische Filiale in Stockholm und im Herbst das jeweils erste Uniqlo-Geschäft in Amsterdam öffnen. 

Auch in Deutschland geht es voran: Nach dem Markteintritt 2014 betreiben die Japaner derzeit vier Filialen in Berlin und einen Store in Stuttgart. Nun nimmt Uniqlo mit jeweils einem Geschäft in Köln und Düsseldorf den Westen von Deutschland ins Visier. Diese Wahl kommt etwas überraschend, weil Gründer Yanai vor zwei Jahren Hamburg, Frankfurt und München als weitere Standorte genannt hatte. 

Egal wo die Japaner hinkommen, sind die Dauerrivalen Zara und H&M zwar schon da. Aber das kümmert Yanai nicht. Denn Uniqlo, die Abkürzung von „unique clothing“, verkauft „Slow Fashion“, also Basistextilien von der Unterwäsche über die Jeans bis zum Anorak zu günstigen Preisen. "Die Uniqlo-Revolution besteht darin, dass Arme und Reiche diese Kleidung tragen", sagt der japanische Experte Kensuke, Autor des Buches „Das Uniqlo-Syndrom“. 
An diesem Punkt setzt auch der Werbevertrag mit Roger Federer an. Auf den ersten Blick erscheint der Deal wenig sinnvoll, da Uniqlo weder Kleidung noch Schuhe für Sportler im Angebot hat. Dennoch dürften die angeblich 300 Millionen Franken, die der 37-jährige Supersportler über die nächsten zehn Jahre einstreicht, von Fast Retailing gut angelegt sein. 

Die Verbindung sei im Retail-Himmel geschmiedet worden, kommentierte auch der Finanzdienst Bloomberg. Zwar bleiben Federer nur noch wenige aktive Jahre auf dem Tennisplatz, aber danach dürfte der Schweizer als einer der bekanntesten und erfolgreichsten Sportler der Welt ein einflussreicher Markenbotschafter bleiben. Davon hätte sein bisheriger Sponsoring-Partner Nike, dem Federer zwei Jahrzehnte lang treu bleib, oder ein anderer Sportausrüster wenig. Aber eine Marke für eher durchschnittliche Alltagstextilien, die von einem Superstar getragen werden, lässt sich dadurch kräftig aufwerten. 

Ein Jahr bis zum fertigen Produkt

Das eher biedere und langweilige Image von Uniqlo ist die Kehrseite davon, dass die Japaner aktuelle Modetrends absichtlich ignorieren. Dadurch begrenzt man das Risiko, auf der Ware sitzen zu bleiben. Nur die Sonderkollektionen werden von wechselnden renommierten Designern entworfen, darunter so bekannte Namen wie Jil Sander und Ines de la Fressange, während die übrigen Konkurrenten alle drei Monate ihr ganzes Sortiment wechseln. 

Dagegen wendet Uniqlo für ein einzelnes Produkt vom ersten Entwurf bis zum fertigen Stück im Schnitt ein ganzes Jahr auf, damit es lange im Programm bleiben kann. Aber trotz des Aufwandes bleibt es Massenware, die sich vor allem über den Preis verkauft. Das zeigte sich vor drei Jahren, als Uniqlo wegen gestiegener Kosten die Preise erhöhte. Da brachen die Umsätze so deutlich ein, dass Konzernchef Yanai schon bald reumütig zum Rückzug blies. 

Das Japangeschäft bleibt nämlich eine wichtige Ertragsbasis, um den teuren weltweiten Feldzug in neue Märkte zu finanzieren. Rund ein Jahrzehnt schrieb zum Beispiel das Nordamerikageschäft rote Zahlen. In Europa kämpft Uniqlo mit den Platzhirschen Zara und H&M, die sich schon die besten Geschäftslagen gesichert haben und in vielen Standorten gleich mehrfach vor Ort sind. Allein die Inditex-Marke Zara betreibt in Europa fast 1.400 Geschäfte. 

Doch bei Uniqlo scheint nichts unmöglich. Von Anfang beruhte der Erfolg darauf, dass Yanai herrschende Geschäftspraktiken missachtete. So verzichtete er in Japan als erster auf jegliche Zwischenhändler und wickelte die gesamte Produktionskette selbst ab. Zugleich brach Yanai das ungeschriebene damalige Gesetz, japanische Textilien müssten in Japan hergestellt sein, und produzierte in Asien. 

Auch als Manager kümmert sich Yanai nicht um die Traditionen seiner japanischen Heimat, sondern folgt eher US-amerikanischen Prinzipien. Während in Japan die meisten Entscheidungen im Konsens getroffen werden und bis dahin viel Zeit vergeht, behält Yanai bei Fast Retailing oft lieber selbst das letzte Wort. 

Seine Führungserfahrungen hat der Unternehmer in einem Management-Handbuch zusammengefasst, das er auch an seine eigenen Mitarbeiter verteilt. Nach Informationen des Branchenblatts „Business of Fashion“ konzentriert sich Yanai dabei auf die Kundenbeziehung. 
Manager sollten auf die Bedürfnisse der Kunden reagieren und auf diese Weise neue Kunden gewinnen, lautet ein Grundsatz von Yanai. Als Beispiel für den starken Fokus auf den Kunden nennt er den Apple-Gründer Steve Jobs. Zugleich sollten Unternehmen der Gesellschaft dienen und einen positiven Beitrag leisten. 

Von Managern fordert Yanai, positiv zu denken und die Zukunft aktiv zu gestalten. Außerdem sollten sie aus ihren Fehlern lernen. Im Misserfolg wurzele bereits der künftige Erfolg, wenn man sich nur genügend ändere und selbst herausfordere, meint Yanai. Natürlich liege der Teufel in den Details, so dass die kleinen Dinge stets perfektioniert werden müssten, fordert der Japaner.

Auch versetzt sich Yanai gerne in die Sichtweise eines kritischen Kunden hinein, um Fehler und Schwächen von Filialen und Waren zu identifizieren. Notfalls müsste man das eigene Geschäftsmodell komplett neu erfinden, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben, heißt es in dem Handbuch. Aber bei Uniqlo scheint ein solch radikaler Schritt derzeit wohl kaum notwendig zu sein.

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