WirtschaftsWoche: Herr Richenhagen, mit Donald Trump wird gerade ein Wirtschaftsvertreter zu einem der populärsten Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in den USA. Was halten Sie davon?
Martin Richenhagen: Donald Trump ist ein seltsamer Kerl, das fängt ja schon bei der Frisur an. Von den amerikanischen Unternehmern wird Trump nicht unbedingt als Kollege empfunden. Er ist auch nicht mehr wirklich in der Wirtschaft aktiv, er ist eher ein Super-Show-Man.
Zur Person
Martin Richenhagen (geboren 1952 in Köln) ist ein deutsch-amerikanischer Manager und seit 2004 Chef der AGCO Corporation, dem weltweit drittgrößten Landmaschinenhersteller. Seine internationale Karriere begann er 1985 bei der Hille & Müller Gruppe in Düsseldorf, bevor er 1995 zum Aufzug- und Rolltreppenhersteller Schindler wechselte. Von 1998 bis 2002 arbeitete er als Geschäftsführer der Claas KGaA mbH, und 2003 bis 2004 als Vorstand der Forbo International SA in der Schweiz.
Das heißt, Sie räumen ihm keine großen Chancen als Präsidentschaftskandidat der Republikaner ein?
Bei den Republikanern ist noch kein Kandidat da, der wirklich stabil wäre. Am meisten geschätzt wird von den Anhängern wahrscheinlich Jeb Bush. Aber er hat das Problem, dass er schon der dritte Bush wäre. Er stammt halt aus einer Dynastie, genauso wie Hillary Clinton. Das wollen die Amerikaner nicht. Im Moment gehen viele Beobachter davon aus, dass der wirkliche Kandidat der Republikaner vielleicht noch gar nichts ins Rennen eingetreten ist.
Im amerikanischen Wahlkampf geht es selten um aktuelle Themen, sondern um die Haltung der Kandidaten zu Abtreibungen, der Todesstrafe oder den Waffengesetzen. Ist das kein Problem?
Diese Themen müssen die republikanischen Kandidaten bedienen, um bei den Vorwahlen den rechten Flügel zu überzeugen. Aber um später Präsident werden zu können, müssen sie wieder einlenken und sich moderat geben. Das ist eine Komplikation. Was ich interessant finde, ist wie demokratisch das eigentlich vorgeht. Bei uns wird der Kanzlerkandidat innerhalb der Partei ausgeklüngelt. Da ist es schon ein Fortschritt, wenn die SPD über eine Urwahl ihres Kanzlerkandidaten diskutiert.
Die amerikanische Industrie gilt als sehr konservativ, viele Unternehmer unterstützen die Republikaner. Sehen Sie eine politische Spaltung zwischen der klassischen Industrie und der IT-Branche?
Die IT-Branche ist natürlich durch jüngere, kreative Menschen geprägt. Da haben viele eher eine Tendenz, die Demokraten zu wählen. Und Unternehmen wie Uber, Facebook oder auch Tesla haben natürlich einen großen Einfluss.
Elon Musk revolutioniert mit seinem Unternehmen Tesla gerade die Autobranche. Sie sind Chef von Agco, des drittgrößten Herstellers von Landwirtschaftsmaschinen wie Traktoren und Mähdreschern weltweit - fürchten Sie sich auch vor einem Revoluzzer in ihrer Branche?
Tesla ist ein spezieller Fall, das Unternehmen macht kein Ergebnis. Ich halte das Geschäftsmodell nicht für tragfähig. Das Auto hat eine super schicke Form, als hätte man alle klassischen Sportwagen durch ein Computerprogramm geschickt und die beste Optik ausrechnen lassen. Aber technisch gesehen halte ich es für nicht zu Ende konstruiert. Das sieht man an der Verarbeitung, an den großen Spaltmaßen, und wo man die Mittelkonsole erwartet, ist einfach ein Leerraum. Und wer soll schon einen gebrauchten Tesla kaufen? Aber ohne Zweifel war Tesla für die Autoindustrie ein Weckruf, das hat Innovationen vorangetrieben.
In der Landwirtschaft arbeiten wir schon lange an Ideen wie selbstfahrenden und vernetzten Maschinen. Fünf vernetzte Schlepper ohne Fahrer nebeneinander auf einem Feld, das ist bei uns kein Problem. Auf dem Feld gibt es ja auch keine Verkehrsordnung, das ist unser Vorteil.