Kritik an Facebook „EU-Politiker geraten unter Zugzwang“

Quelle: imago images

Zweifelhafte Geschäftspraktiken, brisante Enthüllungen und eine Insiderin, die vor dem US-Kongress aussagt – die jüngsten Skandale um Facebook dürften die Regulierung in Europa beschleunigen, sagt Digitalexperte Thomas Höppner.

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Thomas Höppner ist Partner der Anwaltskanzlei Hausfeld Rechtsanwälte in Berlin. Sein Schwerpunkt ist das europäische und deutsche Kartellrecht. Er hat erfolgreich Kartellbeschwerden vor der Europäischen Kommission geführt. Zu seinen Fällen gehören die Vertretung mehrerer Beschwerdeführer in Big Data-Missbrauchsverfahren gegen Amazon und Google. Genau solchen großen Online-Plattformen will die EU-Kommission mit dem Digital Markets Act (DMA) künftig neue Regeln auferlegen.


WirtschaftsWoche: Herr Höppner, wird die von Frances Haugen erneut angestoßene Debatte über Facebook das geplante Gesetzesvorhaben der EU beeinflussen?
Thomas Höppner: Frances Haugens Berichte aus dem Innenleben von Facebooks „Civic Integrity Unit“ zeigen deutlich, dass die Vorschriften im Digital Services Act etwa zu Hate Speech, Desinformationen (Fake News) und Verhaltenskodizes dringender denn je benötigt werden.

Warum?
Ihre Berichte belegen einmal mehr die erheblichen gesellschaftlichen Risiken, die von Megaplattformen wie Facebook ausgehen können, wenn diese nicht hinreichend reguliert werden und ihrer Verantwortung wegen widerstreitender Gewinninteressen nicht gerecht werden.

Trägt auch der Digital Markets Act, das geplante Gesetzespaket, das innerhalb der EU für faire Wettbewerbsbedingungen im Internet sorgen soll und weltweite Beachtung findet, dazu bei?
Der DMA reguliert direkt primär marktbezogenes Verhalten. Doch auch in Bezug auf den DMA lässt sich durchaus argumentieren, dass enge Wechselwirkungen zwischen Facebooks Marktmacht und der hieraus folgenden Meinungsmacht und Verantwortung für die Gesellschaft und die Demokratie bestehen.

Thomas Höppner ist Partner der Anwaltskanzlei Hausfeld Rechtsanwälte in Berlin. Quelle: PR

Inwiefern?
Regulierung privater Marktmacht war schon immer auch ein Instrument zur Sicherung der Demokratie, erst recht wenn diese Marktmacht mit Meinungsmacht einhergeht. Wenn Marktmacht beschränkt und Märkte bestreitbar gehalten werden, reduziert dies gleichzeitig auch die Risiken, dass ein Konzern wie Facebook verantwortungslos Gewinninteressen verfolgen kann.

Erhöhen Haugens Enthüllungen aus dem Inneren von Facebook nun die Wahrscheinlichkeit, dass es zu den geplanten Auflagen für die Digitalkonzerne kommt?
Dass es zu den geplanten Auflagen für die digitalen Gatekeeper kommt, stand für mich schon vor den Enthüllungen fest. Gleichzeitig rücken die Enthüllungen die Markt- und Meinungsmacht der Plattformen erneut in den Fokus der Öffentlichkeit.

Mit welcher Folge?
Die Politiker der EU geraten einmal mehr in Zugzwang, die geplanten Regelungen zügig zu verabschieden.

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Wann rechnen Sie mit der Verabschiedung?
Vor allem die Franzosen drängen auf einen raschen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens. Wenn ihnen dies während ihrer Ratspräsidentschaft gelingt, könnten die Gesetze bereits Mitte 2022 in Kraft treten und die Verpflichtungen ab 2023 gelten.

Mehr zum Thema: Der jüngste Skandal zeigt: Von alleine wird Facebook-Chef Zuckerberg seiner Verantwortung für die mächtigste Meinungsmaschine der Welt nie gerecht werden. Dazu braucht es zupackende Europäer. Jetzt. Ein Kommentar.

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