Wie schwierig das werden dürfte, zeigt sich an einem Frühsommertag in London-Paddington. Neben Helsinki, Shenzhen und Düsseldorf betreibt HMD hier die vierte Dependance der Firma, eine schicke Büroetage mit Dachterrasse und eigenem Basketballcourt. Nicht ganz billig, aber notwendig, wie die Manager versichern. Schließlich brauche man kurze Wege nach Nordamerika und Asien, wo die Partner säßen. Was eigne sich da besser als Heathrow, der größte Flughafen Europas. Weltkonzern-Attitüde in der selbst ernannten Start-up-Bude.
Jon French betritt den durchgestylten Konferenzraum, ein glatzköpfiger Brite, der gern Poloshirt und Jeans trägt, frisch eingeflogen aus Finnland. French leitet den Verkauf der Nokia-Telefone in Westeuropa. Ein Geschäft, das unter Microsoft quasi zum Erliegen gekommen war. „Ich musste alles neu aufbauen. Da war nichts, niemand“, sagt French. Also begann er anzuheuern: warb Marketing- und Verkaufsleiter von der Konkurrenz ab, holte ehemalige Nokia-Leute zurück. Er selbst hatte seine Karriere einst bei den Finnen begonnen, war zu Samsung gegangen, dann zu HTC. Schließlich verkaufte French Kopfhörer. Warum also nicht Nokia zurück in die Läden bringen, dachte er sich. Kein ganz einfaches Unterfangen: „Als ich 2006 bei Nokia aufhörte, hatten wir 800 Leute für Westeuropa. Heute bin ich wieder bei Nokia und mache den gleichen Job mit 39 Köpfen“, sagt er.
Man kann daraus den Schluss ziehen, den French zieht: dass nämlich die 39 Leute heute den Job von 800 machen. Der Wahrheit näher kommt wohl eher, dass HMD vom Namen Nokia zehrt, ihn hebelt wie ein kompliziertes Finanzprodukt. Und genauso riskant dürfte die gesamte Operation sein: Nokia, „the world’s most iconic brand“, wie French sagt, ist HMDs einziges Asset.
Ein Samstagnachmittag vor einem Elektronikmarkt im Ruhrgebiet. Hektisch schieben die Menschen Einkaufswagen durch die Gänge, starren auf LED-Fernseher, packen USB-Sticks ein. Unter einem großen Plakat „Das Nokia Comeback“ steht ein Paar Ende 40 vor einer Parade optisch nahezu austauschbarer Smartphones von Samsung, Huawei, Apple, Nokia und versucht, den Überblick zu gewinnen. Es dauert ein paar Minuten, sie wiegen mal das eine Handy, mal das andere ab, vergleichen Farben der Gehäuse, die Auflösung der Kamera. Für ihre Bedürfnisse alle völlig ausreichend, befinden sie. Schließlich wird eine Entscheidung getroffen – für Nokia: „Das alte 6210“, sagt er zu ihr und wendet sich zur Kasse, „das hat auch ewig gehalten.“
Es gibt sie, die Situationen, in denen er immer noch genügt: der gute Name allein.