Anleger sollten einen genauen Blick auf die neuen Quartalsberichte werfen. Quelle: Imago

Berichtssaison Quartalszahlen: Der Boom vor dem Doom?

In der laufenden Berichtssaison glänzen viele Dax-Konzerne mit guten Zahlen – trotz Krieg, Lieferkettenproblemen und Inflation. Wie passt das zusammen?

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Zum Start der Berichtssaison liefern die Dax-Konzerne gute Zahlen – trotz Krieg, Energiekrise, Inflation und Lieferengpässen. Den Anfang machte SAP zwar mit einem eher durchwachsenen Ergebnis und einer gekappten Prognose für das laufende Jahr wegen der Auswirkungen des Ukrainekriegs. Was danach kam, sieht allerdings stark aus: Der Industriekonzern BASF etwa konnte Umsatz und Gewinn steigern – obwohl er als Deutschlands größter Gasverbraucher besonders von der Energiekrise betroffen ist. Zusatzkosten federte der Konzern vor allem durch Preiserhöhungen ab – offenbar erfolgreich.

Dass Preissetzungsmacht bei hohen Inflationsraten ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, zeigen auch die Zahlen der Autobauer. Mercedes Benz überraschte mit gestiegenem Umsatz und höherer Marge trotz sinkender Absatzzahlen – dank höherer Verkaufspreise. Auch Triebwerksbauer MTU und Luftfahrtkonzern Airbus lagen mit ihren Ergebnissen über den Erwartungen. Erwartungsgemäß starke Quartalszahlen kamen aus der Finanzbranche: Die Deutsche Bank verzeichnete im abgelaufenen Quartal den höchsten Nettogewinn seit 2011. Und obwohl es im Geschäftsmodell der Deutsche Börse AG liegt, dass sie Inflation und turbulenten Märkten profitiert, fielen die neuen Quartalszahlen des Konzerns dennoch weit stärker aus als erwartet.

Der Markt nimmt die guten Zahlen gelassen – von starken Kurssprüngen keine Spur. Dahinter steckt die Befürchtung, dass die Berichte nur den Boom vor dem Doom abbilden. Viele Forschungsinstitute sehen die Weltwirtschaft am Rande der Rezession. Der Internationale Währungsfonds IWF senkte jüngst seine Prognose für nahezu alle Staaten. Besonders gefährdet sehen die Ökonomen die USA, China und die Eurozone. Seit April hat sich der Ausblick erheblich eingetrübt – auch wenn die Dax-Konzerne zeitgleich gute Ergebnisse einfuhren.

Zudem beflügeln Sondereffekte die Zahlen. Durch die steigende Inflation und die dadurch erhöhten Preise ziehen die Umsätze der Konzerne auch ohne organisches Wachstum an. Außerdem führt der starke Dollar bei vielen Unternehmen zu positiven Währungseffekten in den Büchern. In der ökonomischen Theorie ist Währungsschwäche für Exportländer ein klassischer Wachstumstreiber, weil Produkte für ausländische Käufer günstiger werden. Doch das Modell gilt nur unter ansonsten gleichbleibenden Voraussetzungen. In der Realität könnten die Bilanzeffekte bald verpuffen. Die Deutschen Exportgüter bestehen zu 40 Prozent aus importierten Vorleistungen und Grundstoffen – höhere Importkosten, Lieferkettenprobleme und Materialengpässe könnten den Export abwürgen. Das spiegelt sich auch im aktuellen Exportklimaindex wider, den das Ifo-Institut für die WirtschaftsWoche ermittelt: Er liegt auf dem zweitniedrigsten Wert der vergangenen zwölf Monate.

Die Dax-Chefs zeigen sich beim langfristigen Ausblick bisher dennoch überwiegend optimistisch. Airbus, MTU und VW halten an ihren Zielen fest, Mercedes Benz und SAP hoben ihren Ausblick an. Bei längerfristigen Prognosen der Walldorfer ist aber traditionell Vorsicht geboten: In den vergangenen Jahren sind sie regelmäßig gefloppt. BASF hob die Jahresziele sogar für 2022 an, wohl wissend, dass eine Mangelversorgung beim Gas sie wohl zerschmettern würde. Die Deutsche Börse rechnet ebenfalls mit weiterhin „deutlich“ steigenden Ergebnissen – in Erwartung weiterhin hoher Volatilität am Markt.

Zurückhaltender ist der Ausblick von Deutsche Bank-Chef Sewing: Zwar dürfte die Deutsche Bank von steigenden Zinsen profitieren. Inflation und Ukrainekrieg hingegen belasten die Geschäfte besonders im Investmentbanking. Die Banker bereiten sich auf weitere Turbulenzen vor, indem sie unter anderem die Rückstellungen für ausfallgefährdete Kredite verdreifachten.

Dem Dax geben die starken Zahlen Stabilisierung. Gut möglich, dass der Index über das Niveau von 13 400 Punkten klettern und dann eine Zwischenerholung starten kann. Ich glaube weiterhin, dass die abschließende Bereinigung am Markt noch aussteht. Statistisch betrachtet könnte der Dax seine Tiefpunkte im September oder Oktober noch mal testen. Die jüngste Erholung im Dax hat die Buchgewinne unseres Shortzertifikats allerdings gefressen und den Schein ins Minus gedrückt. Wir verkaufen zu 1,35 Euro, um im Falle einer fortlaufenden Erholung Verluste zu begrenzen.

Ihr Lukas Schmitt

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