Auto1-Mitgründer Christian Bertermann Auto kaufen? „Wir machen das online – und zwar besser als alle anderen“

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„Im Ökosystem von Rocket Internet konnte man unglaublich viel lernen“

Mehr als 90 Prozent des Umsatzes machen Sie mit den Autohändlern. Die aber verärgern Sie doch nun sehr mit solch einem Angebot wie Autohero.
Nein. Da muss man sich spezifisch anschauen, welche Autos wir verkaufen. Die Gebrauchtwagen, die wir an unsere Händler verkaufen, sind im Schnitt nur halb so viel wert wie die, die wir an unsere Privatkunden verkaufen. Das ist also ein ganz anderer Markt, und keine Konkurrenz.

Sie unterstellen den Händlern, dass sie gar kein Interesse an höherpreisigen Autos haben? Aber vielleicht haben sie das ja.
Nein. Die Daten zeigen sehr deutlich, dass unsere Händler sich eher für die Gebrauchtwagen im niedrigeren Preissegment interessieren.

Wie viele der 60.000 Händler werden bei Auto1 abspringen aufgrund von Autohero?
Wir sehen gerade jetzt eine so starke Nachfrage wie noch nie nach Fahrzeugen auf der Auto1-Plattform, offenbar weil viele Leute wegen der Pandemie denken: Ich will meinen Zweitwagen haben, ich will meinen sicheren Platz. Dementsprechend gut sind auch unsere Ergebnisse im Händlergeschäft. Wir haben achteinhalb Jahre mit sehr viel Energie und Motivation dieses Geschäft aufgebaut – das werden wir jetzt natürlich nicht gefährden, ganz im Gegenteil.

Wo bekommen Sie denn die Autos her, die Sie bei Autohero verkaufen?
Die müssen wir jetzt verstärkt einkaufen, auch über unsere Plattform Wirkaufendeinauto.de.

Sie kaufen bei sich selbst?
Über Wirkaufendeinauto.de kaufen wir unser Inventar ein, über Auto1 und Autohero verkaufen wir Gebrauchtwagen, respektive an Händler und Privatkunden. Wir heben die Synergien, die unsere Plattform bietet: Unsere Erfahrung zeigt, dass von 100 Kunden, die ihr Auto bei Wirkaufendeinauto.de online einstellen, etwa 60 Kunden genau die Art von Gebrauchtwagen verkaufen, die wir bislang an unsere Händler weiterverkauft haben. Rund 40 Kunden haben deutlich jüngere und auch wertvollere Fahrzeuge, und das sind genau die Gebrauchtwagen, die wir dann auf Autohero verkaufen können. Und es gibt auch Händler, die bestimmte, junge Fahrzeuge, also fünf bis sechs Jahre alt, nicht selbst vermarkten können.

Zum Beispiel?
Wenn man beispielsweise beim Händler etwa einen Mercedes kauft und dafür einen jungen BMW in Zahlung gibt, dann kann der Mercedes-Händler den BMW nicht auf seinen Hof stellen. Wir können ihm diesen BMW abkaufen und bei Autohero zum Verkauf anbieten.

In welchen Ländern steht die Expansion noch aus?
Wir verkaufen in über 30 Ländern in Europa, aber wir kaufen bisher nur in 10 Ländern ein. Das sind auch die 10 Kernmärkte für Autohero. Da bleiben also noch mindestens 20 Länder übrig, wo es unglaublich viele Transaktionen gibt, die im Moment noch nicht online sind.

Sie beide kommen aus der Samwer-Schule: Sie haben beim Gutscheine-Start-up Groupon gearbeitet, Ihr Mitgründer Hakan Koç beim Online-Möbelhändler Home24. Betrachten Sie sich noch als Teil dieser Samwer-Bewegung?
Im Ökosystem von Rocket Internet konnte man unglaublich viel lernen, gerade wie man Unternehmen schnell skaliert. Das war für Hakan und mich eine tolle Möglichkeit, und das hat uns gerade in der Anfangszeit viel gebracht. Aber heute sind wir in einer ganz anderen Situation. Wir haben eine große Firma aufgebaut, und da ist es sehr wichtig, sich als Gründer mit dem Unternehmen zu verändern. Dazu gehört auch, Verantwortung abzugeben und den Spirit aufzubauen, an den die Leute glauben können. Wir haben bei Auto1 eine einzigartige Kultur.

Wenn man sich in der Szene umhört oder Kommentare liest bei Mitarbeiter-Bewertungsplattformen wie Glassdoor oder Kununu, dann entsteht der Eindruck, bei Auto1 handelt es sich um eine sehr strittige Kultur.
Die Bewertungen auf diesen Webseiten haben ja stets einen negativen Bias. Leute schreiben vor allem dann, wenn sie sich beschweren wollen. Ich schaue bei den Job-Bewertungsportalen ab und zu nach: Wir erhalten etwa die gleichen Bewertungen wie Zalando und Amazon. Wir sind ein Wachstumsunternehmen und haben große Ziele. Das bekommt man nur hin, wenn man versteht, dass man für den Kunden arbeiten musst.


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Geht das zulasten der eigenen Mitarbeiter?
Nein, natürlich nicht. Unsere Mitarbeiter haben Spaß daran, an komplexen Lösungen für unsere Kunden zu arbeiten. Ich kenne kein anderes Unternehmen, in dem etwa ein Software-Entwickler so schnell an den Live-Code rangelassen wird wie bei uns. Auch die Fluktuationsrate ist bei uns nicht überdurchschnittlich.

Wie steht es um einen möglichen Börsengang?
Wir sind sehr gut finanziert. Das Wandeldarlehen in Höhe von 255 Millionen Euro werden wir größtenteils für den weiteren Ausbau von Autohero verwenden. Darüber hinaus schauen wir uns immer an, ob es weitere Optionen für die Finanzierung unseres Wachstums gibt. Hier ist aber noch keine Entscheidung gefallen.

Mehr zum Thema: Mit dem Vertrieb von Gebrauchtwagen an Händler ist Auto1 zu Deutschlands wertvollstem Start-up aufgestiegen. Jetzt wollen die Gründer direkt an Privatkunden verkaufen.

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