Exklusive Studie Wer in der digitalen Revolution untergeht

Ob Autokonzern oder Energieversorger: Die digitale Revolution wirbelt alle Branchen durcheinander. Eine exklusive Studie zeigt, wer den Wandel erfolgreich meistert - und wer auf der Strecke bleibt.

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Digitaler Darwinismus: Wer die Transformation verschläft, verpasst die Zukunft Quelle: imago/blickwinkel

Viel Platz für Daten, hübsch anzusehen, einfach zu bedienen: Als Tony Fadell vor gut 15 Jahren Steve Jobs die Idee für ein kleines, leichtes digitales Speicher- und Abspielgerät für Musik vorstellte, das bald als iPod millionenfach verkauft werden sollte, legte er die Basis für die Umwälzung des Musikgeschäfts – und die Transformation Apples vom Computerhersteller zum erfolgreichsten Unterhaltungselektronikhersteller der Welt.

Geht es nach dem heute 45-jährigen Ingenieur, könnte sich die Geschichte wiederholen – auf dem Energiesektor.

Der Auslöser: Als Fadell vor einigen Jahren einen Heizungsregler in seinem Energiesparhaus am Lake Tahoe installierten wollte, stellt er fest: Die existierenden Produkte waren alles andere als bedienerfreundlich. Also gründete Fadell im Mai 2010 mit seinem Ex-Apple-Kollegen Matt Rogers NestLabs.

3,2 Milliarden Dollar Kaufpreis

Das wichtige Produkt des Startups: ein einfach zu bedienender und selbstlernender Heizungsregler, der sich an die Temperatur-Vorlieben seiner Besitzer anpasst. Statt durch eine Armada von Knöpfen wird das Gerät über einen Ring gesteuert und zeigt die eingestellte Temperatur klar und deutlich auf seinem runden Display an.

Trotz eines stolzen Preises von 250 Dollar fand Fadells Idee viele Käufer in den USA – darunter einen mit besonders tiefen Taschen: 3,2 Milliarden Dollar bezahlte Google Mitte Januar für das Start-up – für den Internet-Riesen die Eintrittskarte in den Markt für Heimautomatisierung, der durch Internet und Smartphones gerade neu definiert wird – von intelligenten Heizungsreglern über Rauchmelder bis hin zu fernsteuerbaren Türschlössern.

Das gilt nicht nur in dieser Branche. Ob Luftfahrtgesellschaften, Banken oder Handelskonzerne: Die digitale Transformation stellt unsere tradierten Vorstellungen von Wirtschaft mehr und mehr auf den Kopf – vergleichbar mit den ökonomischen, sozialen und politischen Umwälzungen der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert. Längst geht es nicht mehr darum, mit Kollegen oder Kunden über soziale Netzwerke auf Augenhöhe und in Echtzeit zu kommunizieren. Auch sind es nicht nur traditionelle Buchhändler, Plattenläden, Supermärkte oder Textilketten, deren Existenz durch den Siegeszug des Online-Marktplatzes Amazon gefährdet ist.

Alle Bereiche erfasst

Die digitale Revolution hat alle Branchen ergriffen und ist dabei, in Windeseile alle Glieder der Wertschöpfungskette von Unternehmen zu verändern – vom Vertrieb übers Marketing bis zur Produktion und Personalauswahl, vom Konzern über den Mittelständler bis zum Handwerker vor Ort.

Der Umsatz mit Produkten, die verknüpft sind mit der Erfassung, Speicherung und Auswertung großer Mengen digitaler Daten wird laut IT-Branchenverband Bitkom in diesem Jahr auf 73,5 Milliarden Euro wachsen – ein Plus von 66 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 2016 sollen Geschäfte mit Big-Data-Produkten mehr als 160 Milliarden Euro erlösen. „Es gibt mittlerweile kein IT-Projekt mehr, in dem wir mit dem Kunden nicht über die Cloud sprechen“, sagt Reinhard Clemens, CEO von T-Systems.

Auto und Handel preschen vor, die Industrie hinkt hinterher (Klicken Sie für eine detaillierte Ansicht bitte auf die Grafik) Quelle: Neuland, Digital Readiness Index (DRI)

Gleichzeitig ist durch die digitale Revolution laut einer Untersuchung der Universität Oxford in den USA fast jeder zweite Arbeitsplatz bedroht. „Die digitale Transformation ist wie ein reißender Strom“, sagt Roman Friedrich von der Unternehmensberatung Strategy&, „Wer mitschwimmt, kann weit kommen, wer sich sträubt oder in die Gegenrichtung möchte, läuft Gefahr, unterzugehen.“

Treffen kann es alle: Selbst für Handelsriesen wie den 1949 gegründeten und als Katalogversender groß gewordenen Otto-Konzern, der heute die Hälfte seiner zwölf Milliarden Euro Umsatz über seine mehr als 100 Online-Shops erwirtschaftet, ist nicht ausgemacht, ob er gegen junge Konkurrenten wie Zalando oder Amazon bestehen kann.

Und wer hätte vor Kurzem schon damit gerechnet, dass sich Milliardenkonzerne wie E.On oder RWE plötzlich nicht nur vor der Politik, sondern auch vor Start-ups in Acht nehmen müssen? Oder dass Datenriesen wie Facebook mit eigenen Bezahldiensten zu Konkurrenten etablierter Banken werden könnten?

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