CDU-Abgeordneter „Wir dürfen Trump nicht mit Amerika verwechseln“

Peter Beyer, Transatlantikkoordinator der Bundesregierung. Quelle: Presse/Frank Nürnberger

Wie blickt die Bundesregierung auf die US-Wahl? Transatlantikkoordinator Peter Beyer über die möglichen wirtschaftspolitischen Auswirkungen von Nord Stream bis Huawei.

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Peter Beyer ist Transatlantikkoordinator der Bundesregierung und CDU-Bundestagsabgeordneter.

WirtschaftsWoche: Herr Beyer, Amerika hat gewählt. Aber wofür genau hat es sich entschieden?
Peter Beyer: Zuallererst: Dass die Wiederwahl eines Amtsinhabers nach vier Jahren derart umkämpft ist, gehört eher zur Seltenheit. Egal, wie es am Ende ausgeht: Es wird ebenso wenig ein Triumph Donald Trumps, noch ein furioser Aufstand der Demokraten um Joe Biden gegen eine vermeintliche Anomalie im Weißen Haus. Die USA sind zutiefst gespalten. Und seine Seite des Grabens verteidigt Trump bislang voller Inbrunst. Wenn er nicht bleibt, wird dennoch bleiben, wofür er steht.

Kann ein derart unter Spannung stehendes Land überhaupt ein verlässlicher Partner Deutschlands und Europas sein?
Ich warne nach Kräften davor, die USA aufzugeben. Auch wenn es uns bisweilen schwerfällt, diese Position aufrechtzuerhalten: eine Abkehr vom transatlantischen Bündnis würde unseren sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interessen fundamental zuwiderlaufen. Eine Entflechtung von Amerika, ein Decoupling, darf es nicht geben.

Auch nicht, wenn der Amtsinhaber sich aufführt wie ein autokratischer Despot?
Ihre Bewertung will ich mir nicht zu eigen machen. Wir müssen mit dem Präsidenten leben und Politik machen, den die Amerikaner wählen – auch wenn uns seine Rede nach der Wahl nicht gefallen hat. Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, eine einzelne Person - und sei sie noch so mächtig – mit dem Land zu verwechseln. Übrigens – und dass nur, weil es auch immer wieder debattiert wird: Die USA werden in den nächsten Jahrzehnten eine wirtschaftliche und militärische Supermacht bleiben. Sie müssen nur mehr darum kämpfen als in den vergangenen Jahrzehnten, diese Rolle aufrechtzuerhalten.

Nehmen wir an, Trump gewinnt die Wahl tatsächlich. Worauf muss sich die Bundesregierung wirtschaftspolitisch einstellen?
Donald Trump liebt Sanktionen, er arbeitet mit Druck und protektionistischen Drohungen. Wir dürfen uns da keine Illusionen machen: Davon würde es wahrscheinlich mehr geben.

Keine Hoffnung auf Mäßigung?
Das wäre unrealistisch. Er ist, wer er ist. Trump mag erratisch wirken, aber in fundamentalen wirtschaftspolitischen Fragen zeigt er eine bemerkenswerte Konstanz.

Und was wäre, wenn Joe Biden doch noch den Sieg davontrüge?
Mit einer Biden-Administration wäre zumindest die Chance gegeben, den Multilateralismus, die internationale Weltordnung – samt ihrer Institutionen wie der Welthandelsorganisation – wiederzubeleben. Gleichwohl: Ich habe schon den Eindruck, dass sich viele deutsche Firmen in den USA steuerpolitisch unter Trump sehr wohl gefühlt haben. Das dürfte sich mit einem demokratischen Präsidenten womöglich ändern.


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Konflikte wie um die Gaspipeline Nord Stream 2 oder 5G würden auch weiter schwelen?
Das würden sie, ja. Es gibt eine breite, von beiden Parteien im Kongress getragene Abneigung gegen Russland. Dieser Streitpunkt würde nicht durch seine Wahl ausgeräumt. Und was die Huawei-Frage angeht: Hier würde ich mir zuallererst von uns eine klare Haltung wünschen. Bis heute haben wir zu 5G keinen Kabinettsbeschluss.

Wie lautet Ihre Position denn?
Wir dürfen nicht zulassen, dass ein chinesischer Konzern Zugang zu unseren sensibelsten Daten erhält. Huawei ist nicht unabhängig von der Politik Pekings, auch wenn der Konzern das immer wieder behauptet. Und ich wundere mich immer wieder über die Blauäugigkeit in Deutschland, was dieses essenzielle Thema angeht.

Wir verstehen Sie richtig: im Zweifel immer mit den Amerikanern – no matter what?
Beide Seiten, Amerika und Europa, brauchen einander. Der Atlantik liegt zwischen uns, aber wir sind verbunden durch unsere gemeinsamen Werte Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit – und wir werden es bleiben. Meine tiefe Überzeugung ist: Dieses Band kann auch ein noch so enger wirtschaftlicher Austausch mit China nicht in Frage stellen. Der Westen ist kein Auslaufmodell. Wenn wir wollen, können Europäer und Nordamerikaner eine große Erfolgsgeschichte schreiben – auch ökonomisch.

Mehr zum Thema: Trump erklärt sich zum Sieger, obwohl noch Ergebnisse ausstehen. Was sicher ist, wo sich Entscheidungen abzeichnen und wo das Rennen noch als offen gilt.

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