Nordkoreas Machthaber Wohin steuert Kim Jong Un das Land?

Kim Jong Un: Wohin entwickelt sich Nordkorea? Quelle: REUTERS

Kim Jong Un wird am Dienstag – womöglich – 35 Jahre alt, ganz ohne Staatsakt und Pomp wie bei seinem Vater und Großvater. Unter Kim läuft in Nordkorea vieles anders. Doch wirtschaftlich geht es kaum voran.

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Kim Jong Un kann auf den früheren US-Basketballstar Dennis Rodman als einen guten Freund bauen. Rodman, der als Exzentriker gilt, brachte dem nordkoreanischen Machthaber vor fünf Jahren in Pjöngjang in einer voll besetzten Sporthalle mit krächzender Stimme ein bizarres Geburtstagsständchen. Ob der US-Amerikaner sich für seinen „Freund fürs Leben“ am Dienstag etwas Besonderes einfallen lässt? Dann feiert Kim seinen – womöglich – 35. Geburtstag.

Der 8. Januar 1984 gilt nach Angaben der südkoreanischen Regierung als wahrscheinlichstes Datum für die Geburt des dritten und jüngsten Sohns des früheren Herrschers Kim Jong Il. Eine Bestätigung aus Nordkorea gab es bislang nicht. Es halten sich weiter Spekulationen, er könne auch ein oder zwei Jahre älter sein. Doch als die „Washington Post“ 2016 Kims in die USA geflüchtete Tante Ko Yong Suk interviewte, betonte diese, dass 1984 mit Sicherheit das Geburtsjahr sei: „Er (Kim) und mein Sohn waren von Geburt an Spielgefährten.“

Die Spekulationen werden auch dadurch befeuert, dass der Geburtstag Kims im Gegensatz zu denen seines Großvaters Kim Il Sung und seines Vaters bisher kein Feiertag ist. Das hat für das abgeschottete Land, in dem um die Herrscher-Familie ein oft skurriler Kult mit eigener Mythenbildung zelebriert wird, große Bedeutung.

„Kim zollt seinem Vater und Großvater Respekt“, glaubt der Forscher des Instituts für Nationale Vereinigung in Seoul, Park Hyeong Jung. In Südkorea wird auch die nach wie vor prekäre wirtschaftliche Gesamtsituation des Landes als Grund gesehen. Da die Sanktionen gegen Nordkorea aufgrund seines Atomwaffenprogramms andauern, könnte demnach die Ausrufung von Kims Geburtstag zu einem Feiertag eventuell auch ein Risiko sein. Als Kim im April 2012 seine erste öffentliche Rede hielt, verhieß er den Bürgern, die herrschende Arbeiterpartei werde sie nicht mehr zwingen, „ihren Gürtel enger zu schnallen“.

Als Kim im Juni des vergangenen Jahres bei seinem historischen Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump in Singapur eine Erklärung über Wege zur Beendigung des Atomstreits unterzeichnete, war damit für Pjöngjang auch die Hoffnung auf den Beginn einer Ära des Wohlstands verbunden. Doch die Verhandlungen mit den USA sind festgefahren. Diese wollen so lange an den eigenen Strafmaßnahmen und den UN-Sanktionen gegen Nordkorea festhalten, bis das Land konkrete Schritte zur atomaren Abrüstung unternimmt.

Pjöngjang sieht dagegen Washington am Zug und verlangt eine Lockerung der Sanktionen. Kim hatte im April angekündigt, sein Land werde die Atomtests und Starts von Interkontinentalraketen aussetzen und sich von nun an voll auf das Wirtschaftswachstum konzentrieren. Die Sanktionen stehen der Entwicklung einschließlich einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Südkorea im Weg.

Unter Kim stärkte die kommunistische Führung ganz allgemein private Initiativen und ließ auch mehr marktwirtschaftliche Mechanismen zu. Es gibt mittlerweile nach Schätzungen über 400 Märkte in Nordkorea, die mehr als nur geduldet werden. Westliche Beobachter sehen einen zunehmenden Materialismus und wachsende Kaufkraft. Doch sei beides vor allem auf die großen Städte beschränkt, insbesondere Pjöngjang. Die Kluft zwischen einer wohlhabenderen Schicht und dem ärmeren Teil der Bevölkerung wachse.

Vor allem im Winter könnte sich die Nahrungsknappheit für viele verschärfen. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef schrieb im Dezember über Nordkorea, dass in einer Bevölkerung von rund 25 Millionen Menschen die Nahrungssicherheit für 10,9 Millionen nicht gewährleistet sei. Den Menschen fehle der Zugang „zu lebenserhaltenden Grunddiensten wie etwa Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene“.

Es klang für viele in Südkorea daher eher wie ein Appell, als sich Kim in seiner Neujahrsansprache am 1. Januar bereiterklärte, den seit 2016 geschlossenen gemeinsamen Industriepark in der grenznahen Stadt Kaesong wieder öffnen zu wollen. Das Projekt galt als wichtige Devisenquellen für den klammen Norden.

So sieht sich Kim Jong Un gern selbst
Auf diesem undatierten Foto, das am 9. Juni 2018 von der nordkoreanischen Regierung, veröffentlicht wurde, inspiziert der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un mit seiner Frau Ri Sol Ju ein neu eröffnetes Fischrestaurant in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Quelle: AP
Das neu gebaute Fischrestaurant, dem Kim Jong Un einen Besuch abstattete, heißt Pyongyang Taedonggang. Quelle: REUTERS
Ein weiterer wichtiger Fototermin für Kim Jong Un: Die Inspektion der Baustelle des Wonsan-Kalma-Touristengebiets. Wann es aufgenommen wurde, gab Nordkoreas zentraler Nachrichtenagentur (KCNA) nicht bekannt. Quelle: REUTERS
Aber bereits im Mai veröffentlichte die nordkoreanische Regierung weitere Aufnahmen des Machthabers beim Besuch der Baustelle im Wonsan-Kalma-Küstentourismusgebiet in Gangwon-do. Quelle: AP
Ernsthafter Blick, genaue Inspektion: Kim Jong Un an einem Lageplan Wonsan-Kalmas - gemeinsam mit nordkoreanischen Journalisten und Militärs. Quelle: AP
In diesem undatierten Foto der nordkoreanischen Regierung vom 25. Mai 2018 inspiziert der nordkoreanische Führer die fertiggestellte Koam-Tapchon Eisenbahnbrücke in Gangwon-do. Quelle: AP
Ein wenig wie ein Touristenführer präsentiert Kim Jong Un das nordkoreanische Bauwerk - mit Zigarette in der Hand. Quelle: AP

Was die Macht Kims betrifft, so sieht ihn Südkorea nach einer Reihe von politischen Säuberungsaktionen in den vergangenen Jahren fest im Sattel. Kim schart Personen um sich, die sein Vertrauen haben. Nach dem Tod seines Vaters Ende 2011 erbte Kim Jong Un auch die diktatorischen Befugnisse seines Vorgängers. Die Bevölkerung ist nach wie vor einer starken Kontrolle und Reisebeschränkungen unterworfen.

Der Experte Park sieht schwierige Bedingungen für die Verhandlungen mit Washington. Wenn Kim über „Denuklearisierung“ spreche, bedeute das für ihn nicht nur die Aufgabe seines Atomwaffenarsenals, sondern eine Abrüstung auf der gesamten koreanischen Halbinsel. Er sei skeptisch, dass Kim auf die Atomwaffen, die er als Sicherheitspfand sieht, wirklich verzichten wolle.

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