Syrien Bundesregierung dringt nach Luftangriffen in Syrien auf Verhandlungen

Syrien, Duma: Menschen halten eine große syrische Flagge hoch. Die USA, Frankreich und Großbritannien haben in der Nacht zu Samstag als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der syrischen Stadt Duma mit Militärschlägen begonnen. Quelle: dpa

Berlin und Paris wollen den politischen Prozess für einen Frieden in Syrien voranzubringen, sagt Außenminister Maas. Der Bundespräsident sorgt sich um eine „galoppierende Entfremdung“ zwischen Russland und dem Westen.

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Nach den Luftschlägen der USA, Frankreichs und Großbritanniens in Syrien dringt die Bundesregierung auf eine Wiederaufnahme der Verhandlungen. Nur eine politische Lösung werde dauerhaften Frieden in dem Bürgerkriegsland bringen, unterstrich Außenminister Heiko Maas am Samstag in Berlin. Die Bundesregierung werde alle diplomatischen Mittel nutzen, um die Verhandlungen voranzubringen. Dazu werde sie auch ihre Kanäle nach Russland nutzen, um dort auf eine konstruktive Haltung zu dringen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer „galoppierenden Entfremdung“ zwischen Russland und dem Westen. „Es gibt praktisch keine Vertrauensbasis mehr - auf beiden Seiten“, sagte Steinmeier der „Bild am Sonntag“ mit Blick auf den Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in Großbritannien. „Dieser gefährlichen Entfremdung entgegenzuwirken, ist die eigentliche Herausforderung und Aufgabe verantwortlicher Politik.“

Als Vergeltungsmaßnahme für den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien, für den der Westen die Regierung unter Präsident Baschar al-Assad verantwortlich macht, hatten die USA, Großbritannien und Frankreich in der Nacht zum Samstag Ziele in Syrien angegriffen. Dazu erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU): „Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen.“

Deutschland hat sich nicht an den Luftschlägen beteiligt, die Kanzlerin unterstrich aber: „Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben.“ Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte, dass sich deren Maßnahmen ausdrücklich gegen das Chemiewaffenprogramm Assads gerichtet hätten.

Nach Ansicht von Bundespräsident Steinmeier ist ein Ende des Krieges in Syrien ohne eine Verständigung zwischen Russland und den USA nicht möglich. „Die großen Mächte tragen größere Verantwortung. Hier muss ein erster Schritt erfolgen, das sind (Wladimir) Putin und (Donald) Trump der Welt schuldig“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Wenn Washington und Moskau in der Syrien-Frage keinen Weg zueinander finden, sind die Chancen für eine Verbesserung der Lage in Syrien gleich Null.“

Außenminister Maas erläuterte, Deutschland wolle sich zusammen mit Frankreich für die Schaffung eines internationalen Formats einflussreicher Staaten einsetzen, das den politischen Prozess voranbringen könne. Er plädierte dafür, dass zunächst dauerhaft die Waffen in Syrien schweigen und humanitärer Hilfe Zugang gewährt werde. Dann seien vor allem eine Übergangsregierung, eine Verfassungsreform und Wahlen nötig. Zudem müsse die Zerstörung der Chemiewaffen in Syrien vor allem von den UN überwacht werden.

SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich erklärte ebenfalls: „Nach dem begrenzten Angriff auf mutmaßliche Einrichtungen des syrischen Chemiewaffenprogramms müssen jetzt abgestimmte und gemeinsame diplomatische Schritte unter dem Dach der Vereinten Nationen folgen.“ Ziel bleibe eine umfassende Waffenruhe.

Die Linke-Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger mahnten die Bundesregierung zur Besonnenheit. „Eine direkte Kriegskonfrontation zwischen den Atommächten Russland und USA gehört zu den gefährlichsten Entwicklungen für diese Welt.“ Fraktionschef Dietmar Bartsch twitterte: „Die, die anderen Völkerrechtsbruch vorwerfen, brechen das Völkerrecht.“ Co-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte der „Heilbronner Stimme“: „Wir können jetzt nur hoffen, dass Moskau besonnener reagiert als Washington, London und Paris.“

FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung auf, den Dialog mit Russland und der Türkei nicht abreißen zu lassen. Die Grünen forderten ein gemeinsames Vorgehen der EU-Länder und warnten vor einer weiteren militärischen Eskalation. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland kritisierte Haltung der Kanzlerin, die die Angriffe rechtfertige, aber eine deutsche Beteiligung ausschließe. „Die Position von Frau Merkel läuft wie gewohnt halbherzig nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass““, sagte er der Deutschen Welle.

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