Familienunternehmer contra Grüne Familienunternehmer: „Der Staat hat Einnahmen genug“

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Familienunternehmer-Präsident Reinhold von Eben-Worlée über die aus seiner Sicht bedrohlichen Steuerpläne der Grünen, teuren Strom – und seine persönliche Erfahrung mit Annalena Baerbock.

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Reinhold von Eben-Worlée ist Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer. Er führt die gleichnamige Rohstoffhandelsgruppe in Hamburg in fünfter Generation.

WirtschaftsWoche: Herr von Eben-Worlée, Ihr Verband protestiert heute beim Grünen-Parteitag gegen die Vermögensteuerpläne der Partei. Sie nehmen die Grünen schon sehr ernst, wenn Sie so einen Aufwand betreiben, oder?
Reinhold von Eben-Worlée: Wir nehmen die Partei in der Tat sehr ernst, dafür muss man ja nur die Umfragen lesen. Die Chance, dass die Grünen bestimmender Teil der kommenden Bundesregierung werden, ist sehr groß. Nicht zuletzt, weil andere so schwach sind. Also sollte man sich genau ansehen, was sie wirtschaftspolitisch vorschlagen.

Die Vermögensteuer erlebt ja gerade eine politische Renaissance. Die Grünen wollen sie wieder einführen, SPD und Linkspartei auch. Selbst der Internationale Währungsfonds hat jüngst dafür plädiert.
Das beeindruckt mich nicht, es besorgt mich aber als Unternehmer. Eine Vermögensteuer würde für uns wie eine Giftspritze wirken. Sie schwächt Firmen und ihre Inhaber, verzehrt unsere Rücklagen und unser Investitionskapital. Die Wirtschaft soll doch gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, am Standort Deutschland investieren, nicht zuletzt für mehr Klimaschutz. Da müssen sich die Grünen - wie alle anderen Befürworter auch - die Frage gefallen lassen, wie das gehen soll, wenn uns das Geld entzogen wird?

Familienunternehmer-Präsident Reinhold von Eben-Worlée. Quelle: imago images

Was bekommen Sie von Politikern als Antwort, denen Sie diese Frage stellen?
Dass starke Schultern nach der Coronakrise mehr schultern müssen. Oder dass der Staat mehr Einnahmen braucht, um in Bildung und Digitales zu investieren.

Und?
Investitionen in Bildung und Digitales sind unzweifelhaft wichtig, aber die Finanzierung dieser Ziele ist eine Frage politischer Prioritäten. Neue Steuern sind dazu sicher nicht nötig, der Staat hat Einnahmen genug.

Wir halten fest: Kein Kompromiss in Sicht?
Bei Substanzsteuern kann ich beim besten Willen keinen erkennen. Wer die Starken schwächt, gewinnt nichts, aber verliert viel.

Könnten Sie alternativ mit einer Reform der Erbschaftsteuer leben? Deren Regeln gelten heute ohnehin als schlechter Kompromiss. Es gibt ja ernstzunehmende Vorschläge, etwa von den Wirtschaftsweisen, die alles andere als linksradikal sind.
Jedenfalls würden wir uns in so eine Debatte sehr intensiv einbringen. Die Erbschaftsteuer in ihrer jetzigen Form ist schwer planbar, etwa im traurigen Fall, wenn es in zwei Generationen in kurzer Zeit hintereinander zu Todesfällen kommt. Das kann Firmen durchaus in ihrem Bestand gefährden.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum die Debatte gerade jetzt aufkommt?
Das hat ganz sicher mit der stark gestiegenen Verschuldung im Zuge der Pandemie zu tun - und der drängenden Frage, wer dafür aufkommen soll. Ihrer eigenen Klientel, den Arbeitnehmern, Beamten oder Rentnern, aber möchten viele Parteien keine Belastung zumuten. Da bleiben dann angeblich nur die Arbeitgeber übrig, weil viele nicht verstehen, welche Investitionen ständig nötig sind, um Wertschöpfung hier in Deutschland zu ermöglichen.

Die Grünen stehen ja nicht nur für die Vermögensteuer, sondern vor allem für eine sehr ambitionierte Klimapolitik. Wie stehen Sie dazu?
Grundsätzlich gilt: Je teurer die Energieversorgung für uns Unternehmen wird, desto schwerer können wir im internationalen Wettbewerb bestehen. Das muss jede Regierung im Blick haben. Für viele Firmen ist das bereits heute eine Überlebensfrage. Gleichzeitig, das will ich unterstreichen, ist das Ziel der Klimaneutralität richtig und wichtig, wir unterstützen daher die Bepreisung von Emissionen – es kommt eben auf die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen an. Da gibt es durchaus Ansatzpunkte, wo man mit den Grünen gut zusammenarbeiten kann.



Und was halten Sie von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock persönlich?
Sie war unser Gast beim jüngsten Tag der Familienunternehmer. Ich habe sie als sehr sympathisch, gleichzeitig als bestimmt und selbstbewusst kennengelernt. Und sie weiß durchaus in wirtschaftlichen Kategorien zu denken, das stimmt mich hoffnungsfroh.

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Kommt noch ein Aber?
Ihre Partei tickt in einigen Fragen eben ganz anders als sie persönlich – und das kann sie kaum ignorieren. Womit wir wieder bei der Vermögensteuer wären: Käme sie, wäre das dann doch wahrlich kein Ausweis wirtschaftspolitischer Kompetenz.

Mehr zum Thema: Die Grünen und die Erneuerbare-Energien-Lobby sind eng verbandelt. Entsprechend laut trommeln die Ökoverbände für ihre Interessen und hoffen auf Fördermilliarden. Doch selbst manch Grüner warnt vor zu viel Einseitigkeit.

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