Tabaksteuer Wie die Shisha-Bars in die Illegalität gedrängt werden

Quelle: imago images

Der legale Wasserpfeifenmarkt bricht in Deutschland zusammen. Verantwortlich ist eine „erdrosselnde“ Politik, die dem organisierten Verbrechen in die Hand spielt.

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Ein goldener Lamborghini vor der Tür, halbseidene, lärmende Gäste mit Halskettchen in schummrigen Ecken – das Image von Shisha-Bars ist nie von größter Seriosität geprägt gewesen. Zollkontrollen bestätigen immer wieder, dass illegaler Wasserpfeifentabak ohne Steuermarke und aus dubiosen Quellen verkauft wird und auch andere Straftaten gern in solchen Etablissements begangen werden. Nun droht alles noch viel schlimmer zu werden.

Denn seit diesem Jahr erhebt der Staat viel höhere Steuern auf Tabak für E-Zigaretten (Verdampfer), für Heat-not-Burns (erhitzte Tabakröllchen) und eben auch für Wasserpfeifen. Damit lohnt sich der Verkauf von nicht versteuerter Ware mehr denn je. Bei Shisha-Tabak kommt noch verschärfend hinzu, dass nur noch kleinste Gebinde von 25 Gramm in den Verkehr gebracht werden dürfen. Das erhöht den Produktionsaufwand immens. 

Steueraufkommen sinkt

Tatsächlich zeigen die jüngsten Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium, wie sehr der legale Markt für Wasserpfeifentabak zusammenbricht. So sank die Tabakmenge, für die Steuerzeichen gezogen wurden, im ersten Halbjahr 2022 auf 900 Tonnen – verglichen mit 2600 Tonnen ein Jahr zuvor. Und trotz der massiven Steuererhöhung schrumpfen dabei auch die Einnahmen für den Staat – im genannten Zeitraum von 69 Millionen auf 41 Millionen Euro. Das Steueraufkommen liege „unterhalb der in der Gesetzesbegründung des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes erwarteten Einnahmen“, räumt das Bundesfinanzministerium ein und hofft, dass der Einbruch hauptsächlich mit dem Abverkauf von Ware nach dem alten Steuertarif zusammenhängt und es nach kurzer Dürrephase bald zu einer Normalisierung kommt.

Das Tabaksteuermodernisierungsgesetz wurde vor gut einem Jahr noch unter Federführung des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) beschlossen. Doch schon damals warnten Fachleute und Bundestagsabgeordnete von Union, FDP und Grünen vor einer „Erdrosselungswirkung“ der dabei vorgesehenen Steuererhöhungen. 

Warnungen nicht ernst genommen

Auch die Gewerkschaft der Polizei warnte damals vor einem „Start-up-Programm für die Organisierte Kriminalität“. „Wir hätten lieber Unrecht gehabt. Aber nun zeigt sich, dass sich unsere Befürchtungen bewahrheiten. Leider wurden die Warnungen nicht ernst genommen“, sagt der Vorsitzende der GdP-Zoll, Frank Buckenhofer.

Nun  boomt der Schwarzmarkt. Folke Rega vom Shisha-Verband beobachtet: „Illegale Anbieter sind massiv auf Instagram und in Shisha-Bars unterwegs.“ Der legale Handel laufe dagegen leer. Und viele Hersteller würden kaum noch die klebrige inhomogene Masse produzieren können, die sie nun mit neuen Abfüllmaschinen in die kleinen 25-Gramm-Packungen eintüten müssten. In die Bresche stoßen illegale Importeure oder Hinterhoffabriken. Der Shisha-Markt droht in die Illegalität zu kippen, befürchtet Rega: „Wir gehen davon aus, dass der Schwarzmarktanteil sich von bisher 40 auf  80 Prozent verdoppelt.“

Rauchen wird noch gesundheitsschädlicher

Neben finanziellen Einbußen für die Staatskasse, Pleiten für die ehrlichen Hersteller, Händler und Barbetreiber dürften auch die Konsumenten betroffen sein, warnt Rega. Denn die illegalen Hersteller dürften wohl kaum auf irgendwelche Hygiene- und Gesundheitsvorschriften achten. Der Warnhinweis „Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit“ droht eine neue Qualität zu bekommen. 

Von einem „traurigen Fall, wie der Staat durch übermäßige Besteuerung einen Markt in die Illegalität drängt“, spricht der FDP-Abgeordnete Till Mansmann. Er hatte 2021 vor dem „Tabaksteuermodernisierungsgesetz“ gewarnt. Jetzt, wo die Steueranmeldungen schrumpften, sollte die neue Regierung die Alarmzeichen ernst nehmen, sagt Mansmann, „und das Gesetz an die Realität anpassen“. Damit ist vor allem Mansmanns Parteifreund Christian Lindner gefordert, der innerhalb der Regierung für die Tabaksteuer zuständig ist.

Widerstand in der SPD

Allerdings dürfte es nicht ganz einfach werden, für eine Änderung eine Mehrheit im Bundestag zu bekommen, da sich die SPD von vornherein für saftige Steuererhöhungen bei Shisha, Liquids und Tabakröllchen starkgemacht hat. Eine Revision dürfte den Sozialdemokraten contre coeur gehen – selbst wenn der Markt koppheister in die Illegalität abzutauchen droht. Ein warnendes Beispiel hatte es vor einem Jahr, als das Tabaksteuermodernisierungsgesetz verhandelt wurden, bereits gegeben.

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In Italien war der reguläre E-Zigarettenmarkt 2014 nach Einführung einer saftigen Liquidsteuer zusammengebrochen - worauf der CSU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm warnend hinwies und mit Blick auf Deutschland erklärte: „Dann kommt der Stoff aus Tschechien oder sonst woher aus dunklen Kanälen mit Wer-weiß-was drin.“ Eine düstere Prophezeiung, die sich nun zu bestätigen scheint.

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