Unternehmenssteuer Sondervermögen oder Soli-Aus? Wie Lindner und Habeck Unternehmen unterstützen wollen

Habeck hatte sich in der „Welt am Sonntag“ für eine Unternehmenssteuerreform ausgesprochen. Quelle: imago images

Robert Habeck hat sich für eine Steuerreform ausgesprochen. Finanzminister Christian Lindner hingegen würde lieber beim Soli ansetzen. Für beide Seiten erhalten Zuspruch. Doch Kanzler Olaf Scholz drückt auf die Bremse.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zurückhaltend zu der von seinen Ministern Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) angestoßenen Debatte über steuerliche Entlastungen von Unternehmen geäußert. Der SPD-Politiker verwies in Berlin auf das bereits geplante Wachstumschancengesetz, mit dem die deutsche Wirtschaft gefördert werden soll. Dies sei ein „sehr gutes Projekt“, zu dem gerade ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat laufe.

„Ich hoffe, dass dieses sehr konkrete und sehr praktische Projekt, das die Investitionsfähigkeit von Unternehmen erleichtern soll, auch mit der Zustimmung der Länder etwas werden wird“, sagte Scholz. „Darauf sollte man sich konzentrieren. Das ist praktisch, anfassbar und wirkt schnell.“

Wirtschaftsminister Habeck hatte am Donnerstag im Bundestag ein Sondervermögen ins Spiel gebracht, um strukturelle Probleme zu lösen. Er nannte etwa die Möglichkeit, Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu schaffen. Finanzminister Lindner lehnt ein Sondervermögen ab, es bedeute neue Schulden. Er brachte dagegen die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Unternehmen ins Spiel. Dieser Vorschlag wurde wiederum von den Vorsitzenden von SPD und Grünen abgelehnt.

Endlich beendet der Bundestag das traurige Spektakel um den diesjährigen Haushalt. Besser wird die Politik der Ampel-Koalition dadurch nicht. Ein Kommentar.
von Christian Ramthun

Lindner will zusammen mit Habeck daran arbeiten, die deutschen Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Im ARD-„Bericht aus Berlin“ sagte der FDP-Politiker am Sonntagabend: „Wegen mir hätte es diese Rede im Bundestag nicht geben müssen. Das hätten wir auch anders miteinander besprechen können. Jetzt ist diese Debatte aber da. Und jetzt machen wir was Konstruktives draus.“

Wenn der Wirtschafts- und der Finanzminister meinten, es müsse sich etwas an der Wirtschaftspolitik ändern, „dann muss das jetzt konkrete Konsequenzen für die Bundesregierung und für die Koalition haben“, machte Lindner deutlich.

Bund der Steuerzahler unterstützen Lindners Vorschlag

Der Finanzminister sprach von einem „Dynamisierungspaket“, das die Bereiche Arbeitsmarkt, Klimaschutz, Energiepreise, Bürokratie und Steuern umfasse. Wenn man wirklich etwas an den Steuern machen wolle, dann wäre der einfachste und schnellste Weg, den Solidaritätszuschlag für Unternehmen zu streichen. Das hätte auch den Vorteil, dass Länder und Gemeinden nicht belastet würden. Man müsse dann aber über die Gegenfinanzierung miteinander sprechen.

Der Bund der Steuerzahler fordert eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags und unterstützt damit Überlegungen vom Bundesfinanzminister. „Der Soli sollte komplett und für alle fallen“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Neben Unternehmen würden auch viele Facharbeiter und Fachangestellte diesen noch zahlen. Wenn auch der Bundeswirtschaftsminister zu Recht eine steuerliche Erleichterung für Unternehmen anmahne, „dann sollte die Regierung mit der Soli-Abschaffung sofort beginnen“, betonte Holznagel. „Davon würden auch viele kleine und mittlere Betriebe profitieren.“

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht dies ebenso. „Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes wären wichtige Entlastungssignale“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian den Funke-Zeitungen. Nach wie vor zahlten alle rund 800.000 Kapitalgesellschaften den Soli, aber auch viele Einzelunternehmen und Personengesellschafter.

Der Soli wurde 1991 – ein Jahr nach der deutschen Einheit – eingeführt und sollte den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Ländern mitfinanzieren. Er wurde bis 2020 als Zusatzabgabe von 5,5 Prozent auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer erhoben, um die Lasten der Wiedervereinigung zu finanzieren. Seit 2021 müssen ihn nur noch Spitzenverdiener und Körperschaften zahlen. Im vergangenen Jahr erbrachte der Soli dem Bund Einnahmen von rund zwölf Milliarden Euro.



Komplett-Abschaffung des Soli umstritten

Habeck zeigte sich mit Blick auf den Soli-Vorschlag skeptisch. Den Soli ganz zu streichen würde das Haushaltsloch vergrößern, sagte der Vizekanzler in der ARD-Sendung „Caren Miosga“.

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, begrüßte dagegen den Soli-Vorstoß des FDP-Chefs. „Überfällig ist die Abschaffung des Rest-Solis, der im Grund eine verkappte Unternehmenssteuer ist“, sagte Hüther der „Rheinischen Post“ (Montag/Print Dienstag). Deutschland sei schon lange ein Hochsteuerland. Hüther forderte zudem eine Reform der Körperschaftssteuer, um ein international wettbewerbsfähiges Steuerniveau zu erreichen. „Eine schrittweise Senkung der Steuer um zum Beispiel fünf Prozentpunkte über fünf Jahre wäre auch bei Einhaltung der Schuldenbremse möglich und würde die privaten Investitionen deutlich steigern“, schlug der IW-Chef vor.

„Einladung“ zu Debatte über Entlastung von Unternehmen

Habeck bekräftigte seine Analyse, dass die deutsche Wirtschaft eine Investitionsschwäche habe und die Steuerlast für viele Firmen höher als im internationalen Wettbewerb seien. Der Grünen-Politiker verwies auf das Wachstumschancengesetz der Regierung. Dieses hat die Hürde Bundesrat bislang nicht genommen. In den Ländern gibt es Bedenken. Habeck sprach von einem Entlastungsvolumen von acht Milliarden Euro und der Gefahr, dass es wegen des Streits mit den Ländern nur „homöopathische“ Entlastungen geben werde. Zu seinem Vorstoß im Bundestag sagte der Vizekanzler: „Das ist eine Einladung“, um über die Entlastung der Wirtschaft zu reden.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz brachte einen Staatsfonds ins Gespräch, um mehr investieren zu können. Sie halte es für wichtig, neue Wege zu prüfen, die zwischen Steuern erhöhen und Schulden machen lägen, sagte sie am Montag im Deutschlandfunk. „Und deswegen haben wir uns als SPD - sowohl als Fraktion als auch als Partei - für einen Staatsfonds, also einen sogenannten Deutschlandfonds, ausgesprochen, der auch noch mal massiv privates Kapital über eine Kapitalsammelstelle heben kann.“ So könne in die Infrastruktur investiert werden.

Exklusive BCG-Analyse Die 10 besten Aktien der Welt

Die politische Weltlage und Sorgen vor weiter hohen Zinsen verunsichern die Börse. Das exklusive Ranking der besten Aktien der Welt – und zehn Titel, die jetzt kaufenswert sind.

Finanzielle Freiheit Von Kapitalerträgen leben – wie schaffe ich das?

Ein Leser will seinen Lebensunterhalt mit aktivem Börsenhandel bestreiten. WiWo Coach Michael Huber erklärt, worauf man bei diesem Plan achten sollte, und rechnet vor, wie viel Grundkapital dafür nötig ist.

Baustoff-Innovation Die grüne Zukunft des Klimakillers Zement

In Schleswig-Holstein läutet Weltmarktführer Holcim die Dekarbonisierung der Zementproduktion ein. Aus dem Klima-Schadstoff soll ein Zukunftsgeschäft werden.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

CSU fordert „echte Entlastungen für die Wirtschaft“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte die Regierung zum Handeln auf: „Es braucht echte Entlastungen für die Wirtschaft durch geringere Unternehmenssteuern, wettbewerbsfähige Energiepreise und weniger Bürokratie“, sagte Dobrindt am Montag. Die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), Gitta Connemann, sagte Welt-TV: „Einmal mehr verstärkt sich der Eindruck des Dauerstreits in der Ampel. Der Wirtschaftsminister spricht nicht mit dem Finanzminister, der Kanzler ist eh verschwunden.“ Die CDU-Bundestagsabgeordnete warnte: „Den Unternehmen steht das Wasser bis zum Hals – die Unternehmen haben keine weiteren zwei Jahre mehr.“

Lesen Sie auch: Lindner und Habeck – das wird nichts mehr

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%