




„Lissabon“ lautet das Codewort der Europawahl-Strategen. Der Urnengang Ende Mai steht unter den Vorzeichen des neuen europäischen Vertragswerks. Und das bedeutet nicht weniger als eine massive Aufwertung des Europäischen Parlamentes: zum ersten Mal kungeln nicht alleine die Staats- und Regierungschefs den Kommissionspräsidenten aus, diesmal entscheiden die neugewählten Parlamentarier verbindlich über den Personalvorschlag. Wer keine Mehrheit unter den Abgeordneten findet, kann nicht Kommissionschef werden. Das viel gescholtene Demokratiedefizit der EU wird weiter gelindert.
Die Europawahl, lange als Wahl zweiter Klasse verunglimpft, litt unter mieser Beteiligung und grassierendem Desinteresse. Lissabon könnte das nun ändern – im Guten wie im Schlechten. 2014 bestimmen Europas Bürger die Spitze der europäischen Exekutive. Aber das ist nicht alles. Denn neben den etablierten Parteien drängen so viele populistische Verbünde ins EU-Parlament wie noch nie. Der Kontinent steckt in der Rezession und einer tiefen Sinnkrise. Ende Mai muss sich zeigen, ober den Angriffen von rechts und links standhalten kann.





Alle haben gemerkt, dass nach Euro- und Staatsschuldenkrise die Begeisterung für das große europäische Einigungsprojekt verblasst ist – wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen. Die einen lehnen den westeuropäischen Verbund als Büttel des Großkapitals ab, die anderen stöhnen über Gängelung und Bürokratie.
Das Symbol dieses Wahlkampfes steht vermutlich auch schon fest: Das Olivenölkännchen auf dem Tisch des Restaurants. Selbst dafür nämlich wollte die EU eine Richtlinie erstellen, was zu massiven Protesten führte. Seitdem kommt keine Wahlrede egal welcher Partei mehr ohne den Verweis auf den kleinen Geschmacksverstärker aus. Denn derlei Auswüchse einer zentral gesteuerten Regelungswut will niemand.