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Mondmissionen und mehrSo spektakulär wird das Raumfahrtjahr 2024

Eine Reise zum Mond, die ersten Raketen aus Deutschland, Aufbruch zum Jupiter: Für die Raumfahrt beginnt ein spektakuläres Jahr.Andreas Menn 31.12.2023 - 13:45 Uhr

Spektakulärer Blick: Ein Foto des Monds, aufgenommen vom Raumschiff Orion am 20. Tag der Artemis-I-Mission. Was erwartet die Astronauten der Artemis-II-Mission im Jahr 2024?

Foto: imago images

Das wohl wichtigste Meeting seines Lebens hätte Reid Wiseman beinahe verpasst. Der Nasa-Astronaut steckte noch auf einem Arzttermin fest, kurz bevor das Treffen beginnen sollte, das laut Kalendereintrag nicht mehr als ein „Update zur Lage an der Internationalen Raumstation“ versprach. „Ich glaube, ich werde es nicht schaffen“, schrieb Wiseman per Textnachricht an seinen Chef, so berichtet es die „Washington Post“.

„Es geht nicht um das, was du denkst“, antwortete der. „Du musst dazu kommen.“ Wiseman zog den Arzttermin durch, wählte sich dann aber per Telefon in die Konferenz ein. Und erhielt dann die größte Nachricht seiner Laufbahn: Die Nasa wählte Wiseman zum Kommandanten von Artemis II – des ersten Astronauten-Flugs zum Mond seit Ende der Apollo-Ära vor mehr als 50 Jahren. Sofern die Astronauten nicht noch weitere Meetings vertändeln und auch sonst alles wie geplant läuft, könnte es im November 2024 so weit sein: Zusammen mit drei Kollegen soll Wiseman dann in einem Orion-Raumschiff zum Mond aufbrechen, ihn umrunden und nach zehn Tagen wieder zur Erde zurückkehren. Es ist die Generalprobe für eine Mondlandung, die für Ende 2025 geplant ist.

Artemis II könnte das Raumfahrt-Highlight des Jahres 2024 werden – und die Initialzündung für die Rückkehr des Menschen zum Mond. Doch auch darüber hinaus sind spannende Missionen ins tiefe Weltall geplant, werden neue Raketen auch aus Deutschland erstmals abheben, werden hunderte, vielleicht tausende Satelliten im Erdorbit ausgesetzt. Start-ups und Raumfahrtunternehmen wollen neue Milliardenmärkte im All erschließen.

Mondmissionen

Die nächste Reise zum Mond ist gestartet

Über Jahre haben Start-ups und staatliche Weltraumagenturen die Besiedlung des Mondes geplant. Sie hoffen, dass sich dort Rohstoffe fördern und sogar Rechenzentren bauen lassen. Jetzt geht die Reise tatsächlich los.

von Andreas Menn

Zurück zum Mond

Die Startrampe 39-B am Kennedy-Space-Center in Florida hat eine besondere symbolische Bedeutung. Im Mai 1969 hoben hier drei Astronauten der Apollo-10-Mission in einer Saturn-V-Rakete ab, um einen Rundflug um den Mond zu absolvieren. Es war der Testflug für die erste menschliche Mondlandung wenige Monate später. Im November 2024 könnte sich die Geschichte wiederholen: Die Artemis-II-Mission mit Commander Wiseman und seiner Crew soll erneut die Mondlandung durchspielen, ohne selbst auf dem Erdtrabanten aufzusetzen. An Bord soll diesmal erstmals auch eine Frau sein, die Nasa-Astronautin Christina Koch.

Nach dem Start mit der Rakete Space Launch System wird das Orion-Raumschiff sich in einen speziellen Orbit um die Erde manövrieren, um von dort aus den Kurs zum Mond aufzunehmen. Nach vier Tagen Reise wird die Raumkapsel den Mond einmal umrunden und dabei von der Erde aus gesehen 7400 Kilometer weit hinter den Erdtrabanten fliegen. Dann kehrt sie wieder zur Erde zurück und landet an Fallschirmen im Pazifik.



Das alles hat die Nasa schon vor mehr als 50 Jahren im Apollo-Programm erreicht. Doch seit dessen Ende ist nie mehr ein Mensch zum Mond zurückgekehrt. Raketen, Raumschiffe, Lebenserhaltungssysteme mussten die Nasa und Partner für das Artemis-Programm neu entwickeln – die Europäische Weltraumorganisation Esa hat das Antriebs- und Versorgungsmodul der Orion-Raumfähre beigesteuert. Und nun soll der Mensch wieder regelmäßig zum Mond fliegen – und dort möglicherweise sogar dauerhaft siedeln. Darauf wettet auch eine ganze Reihe von Start-ups, die die Nasa und andere Nationen bei der Erkundung des Mondes künftig unterstützten wollen. Am 8. Januar macht sich Peregrine auf den Weg dorthin, eine Landefähre des US-Start-ups Astrobotic. An Bord sind unter anderem einige Messgeräte der Nasa, fünf Mini-Rover von Forschern aus Mexiko und ein größerer der Carnegie Mellon University aus den USA, die den Mond erkunden sollen.

Es könnte der Auftakt zu einer ganzen Flotte an kommerziellen Mondvehikeln sein. Im Februar soll der Lander Nova-C des US-Start-ups Intuitive Machines zum Mond reisen, im Herbst das Modell Blue Ghost des US-Unternehmens Firefly Aerospace, wenig später ein zweiter Lander von Astrobotic mit einem Rover namens Viper der Nasa an Bord. Die chinesische Raumfahrtagentur wiederum will im Mai mit der Mission Chang’e 6 Bodenproben auf der Rückseite des Mondes nehmen und zur Erde zurückbringen. Der japanische Lander Slim wiederum kreist aktuell schon um den Erdtrabanten – und soll am 19. Januar dort landen. Spannend wird bleiben, wie vielen Sonden die komplizierte Landung gelingt – vergangenes Jahr zerschellten mit Hakuto-R aus Japan und Luna-25 gleich zwei Lander auf der Mondoberfläche.

Nasa-Chefwissenschaftler Zurbuchen

„Ich musste die Handgranate auf den Tisch legen“

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Adrenalin wird auch in den Zentralen zahlreicher Raketenunternehmen nächstes Jahr reichlich fließen. Denn zahlreiche Start-ups und auch die Europäische Weltraumorganisation Esa planen Erstflügen, bei denen naturgemäß viel schiefgehen kann. In den USA soll die Vulcan-Rakete von United Launch Alliance im Januar erstmals starten, später die New Glenn von Blue Origin, dem Raumfahrtunternehmen von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Lang erwartet ist auch der erste Flug der Ariane 6. Der Nachfolger der europäischen Ariane-5-Rakete hat sich um mehr als zwei Jahre verspätet, soll  zwischen Mitte Juni bis Ende Juli 2024 aber endlich am Raumfahrtzentrum Guayana bei Kourou in Französisch-Guayana abheben.

Die Rakete, 60 Meter hoch und mit Last rund 900 Tonnen schwer, soll leistungsstärker und flexibler sein als ihre Vorgängerin. Bis zu 20 Tonnen Fracht soll sie in einen niedrigen Erdorbit befördern können. Obendrein soll ein mehrfach zündbares Triebwerk namens Vinci die Oberstufe während eines Flugs in mehrere Orbits manövrieren, so dass sie mehrere Satelliten auf eigene Bahnen aussetzen kann. Aktuell ist Europa auf ausländische Anbieter angewiesen – die Ariane-6 würde dem Kontinent im Jahr 2024 wieder einen eigenen Zugang ins All verschaffen.

Das haben zugleich auch mehrere private Unternehmen vor – etwa Isar Aerospace aus München. Das Start-up entwickelt eine Trägerrakete namens Spektrum, die eine Tonne Fracht in eine niedrige Umlaufbahn um die Erde hieven soll. Im Jahr 2024 plant das Unternehmen seinen ersten Testflug, Startplatz: der kürzlich eröffnete Weltraumbahnhof in Andøya in Nordnorwegen. Im Laufe des Jahres will auch der Konkurrent Rocket Factory Augsburg erstmals mit seiner Rakete abheben – als Startplatz haben die Gründer des Weltraumbahnhofs SaxaVord auf den schottischen Shetland-Inseln ausgesucht. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat für die ersten Flüge der Augsburger bereits Frachtraum gebucht. Frühere Starttermine musste das bis vor kurzem vom Satellitenkonzern OHB finanzierte Start-up jedoch schon verschieben.

Welche Missionen zum Mond geplant sind
2023-24
2023-28
2024
2024-25
2024-2027
2025

Satelliten-Schwärme und eine Reise zum Jupiter

Wie auch immer die einzelnen Projekte sich entwickeln mögen: Der Bedarf an Raketenstarts dürfte in den nächsten Jahren massiv wachsen. Die  Marktbeobachter von Euroconsult rechnen damit, dass zwischen 2023 und 2032 täglich im Schnitt jeden Tag acht Satelliten mit insgesamt vier Tonnen Gewicht in den Weltraum befördert werden. Insgesamt sollen in den nächsten zehn Jahren 28700 Satelliten abheben, Marktwert: 588 Milliarden Dollar.

Wichtigster Treiber dürfte das Raumfahrtunternehmen SpaceX sein: Für das Jahr 2024 plant es 144 Raketenstarts. Damit will es auch seine Starlink-Satellitenkonstellation ausbauen – Konkurrent Amazon will sein Netzwerk Kuiper im Jahr 2024 erstmals in Betrieb nehmen, schickte allerdings erst im Oktober die ersten beiden Testsatelliten in den Orbit.

Lesen Sie auch: Amazons Internet aus dem All soll 2024 starten

SpaceX dagegen hat mehr als 5000 der Internet-Satelliten schon im All, für insgesamt 12000 hat SpaceX die Genehmigung. Für weitere 30.000 Exemplare will das Unternehmen eine weitere Erlaubnis erlangen. Die ins All zu befördern, könnte einfacher werden, wenn SpaceX nächstes Jahr der Flug seiner neuen großen Rakete Starship erstmals glücken sollte. Erst einmal setzt das Unternehmen weiter auf seine bewährte Falcon-9-Rakete. Mit der werden im April etwa zwei Galileo-Navigationssatelliten der Esa ins All starten, die die Galileo-Konstellation vervollständigen sollen.

Im Oktober soll SpaceX für die Esa dann Hera in den Weltraum bringen - eine Mission, die Technologien testen soll, mit denen sich künftig Asteroiden ablenken lassen, die sich auf einen fatalen Kollisionskurs mit der Erde begeben. Eine Nasa-Sonde namens Dart ist dazu im Jahr 2022 bereits auf den Asteroiden Dimorphos eingeschlagen, um ihn leicht aus seiner Bahn zu schubsen. Hera soll nun zu dem Himmelskörper aufbrechen, um ihn ab 2026 zu observieren und herauszufinden, wie stark Dart den Brocken aus der Bahn geworfen hat. Ebenfalls im Oktober schießt SpaceX eine Nasa-Sonde in den Kosmos, die bis zum Jupiter reisen soll. Europa Clipper, so ihr Name, soll ab 2026 den Jupiter-Mond Europa untersuchen – und auf 45 Vorbeiflügen per Spektrometer, Radar und anderen Instrumenten mehr über den Ozean unter seiner Eiskruste herausfinden. Vor allem soll die Nasa-Wissenschaftsmission klären, ob dort halbwegs lebensfreundliche Bedingungen herrschen.

Dass die Esa und Nasa für ihre Missionen auf SpaceX-Raketen setzen, verdeutlicht die wachsende Bedeutung kommerzieller Anbieter in der Raumfahrt, die auch Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher vorantreiben will. Das wird auch die Mission von Marcus Wandt zeigen: Der Schwede wird als erster Esa-Astronaut im Januar mit einer kommerziellen Mission zur Raumstation ISS aufbrechen, die der US-Anbieter Axiom Space durchführt. Axiom plant schon eine private Raumstation. Doch zumindest deren Start steht im ereignisreichen Raumfahrtjahr 2024 noch nicht auf dem Plan. 


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