Start-up Universal Hydrogen Verhilft das Nespresso-Prinzip dem Wasserstoff-Flugzeug zum Durchbruch?

Wie bei einer Kaffeemaschine will das Start-up Universal Hydrogen Flugzeuge künftig mit Behältern füttern, die genug Wasserstoff für einen Linienflug enthalten. Quelle: PR

Bisher hieß es, Flugzeuge könnten erst in 15 Jahren mit grünem Wasserstoff fliegen. Nun will ein Start-up den Umstieg radikal beschleunigen – und orientiert sich dazu an dem Erfolg des Kaffeeproduzenten Nespresso.

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Maschine auf, neue Kapsel rein, Start: Kaffeetrinker haben sich in den vergangenen Jahren daran gewöhnt, wie einfach es sein kann, sich einen Espresso oder Lungo zu brühen. Das Kapsel-Prinzip à la Nespresso ist schnell, bequem und idiotensicher. Nur umweltfreundlich sind die Wegwerf-Behälter nicht gerade.

Nun inspiriert das Kapsel-Konzept Ingenieure dazu, eine ganz andere Branche klimafreundlich zu machen: die Luftfahrt. Händeringend sucht die Branche, die für 2,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, nach neuen sauberen Antrieben. Sie will weg vom Kerosin und dessen schlechter Kohlendioxid-Bilanz. Als ein Favorit gilt neuerdings Wasserstoff, hergestellt aus Ökostrom. An Bord verfeuert, hinterlässt er bloß Wasserdampf, keine Schadstoffe.

Schon im Sommer hat eine Studie von McKinsey im Auftrag der Clean-Sky-Initiative der Europäischen Kommission und der Luftfahrtindustrie detailliert geschildert, wie im Jahr 2050 rund 40 Prozent der Flugzeuge mit einem Wasserstoffantrieb unterwegs sein könnten. Start-ups wie ZeroAvia und Forschungsinstitute wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt arbeiten auch schon an kleinen Fliegern, die mit Brennstoffzellen an Bord abheben sollen.

Die französische Regierung stellt im Rahmen der Corona-Konjunkturprogramme Milliarden Euro für den Bau sauberer Flugzeuge bereit und plant eine Wasserstoff-Allianz mit Deutschland. Und der Luftfahrtkonzern Airbus will jetzt auch Flieger mit dem neuen Antrieb bauen.

Nur: Bisher gibt es an Flughäfen keinerlei Wasserstoff-Tankstellen. Und abgesehen von ein paar kleinen Forschungsfliegern sind Prototypen für größere Flugzeuge nicht in Sicht.  Die ersten Linienflieger von Airbus sollen erst im Jahr 2035 mit Brennstoffzellen abheben. 

Wie eine Kaffeemaschine im Riesenformat

Jason Chua will das schneller schaffen. Der Mitgründer des Start-ups Universal Hydrogen aus Los Angeles will schon 2024 Passagierflugzeuge mit Wasserstoffantrieb abheben lassen. Und zwar keine kleinen Viersitzer für kurze Touristenrundflüge – sondern Linienflieger mit 40 bis 50 Passagieren. 

Um den Markt so kurzfristig anzukurbeln, wollen die Kalifornier bestehende Regionaljets mit elektrischen Wasserstoff-Antriebssträngen aufrüsten. „Unsere Nachrüst-Kits lassen sich deutlich schneller zertifizieren als komplett neu entwickelte Flugzeuge“, sagt Chua, „und können weit früher abheben.“

Möglich machen soll es das Kapsel-Konzept: Wie bei einer Kaffeemaschine will Chua Flugzeuge künftig mit Behältern füttern, die genug Wasserstoff für einen Linienflug enthalten. Anders als in einer Kaffeemaschine geht es hier um Kapseln im Riesen-Format: Sie sollen mehr als zwei Meter lang und einen Meter breit sein.

Die Treibstoff-Patronen müssen gleich mehrere Bedingungen erfüllen: So sollen wie die Tanks selbst besonders leicht sein – je geringer das Gewicht, desto weiter kommt das Flugzeug. Ihre Wände bestehen darum nicht aus Stahl, sondern aus Karbonfasern und Kevlar –  sehr leichten, aber auch hochfesten Materialien, mit denen Wasserstoff unter hohem Druck als Gas oder bei sehr geringen Temperaturen als Flüssigkeit gespeichert werden kann.

Zudem soll das Tanken mit den Behältern so leicht sein, wie ein paar Paletten in den Laderaum zu verfrachten: Während Flughafenmitarbeiter das Gepäck einladen, schieben Kollegen per Hebebühne oder Gabelstapler mehrere Sprittanks in vorgesehene Teile des Laderaums: Aus Treibstoff wird Fracht. 

An Bord dienen die Kapseln  als Treibstoff-Tanks, am Boden werden sie zu Transport-Behältern: 54 Kapseln passen zusammen in einen herkömmlichen Schiffscontainer –  und lassen sich per LKW, Schiff und Bahn zwischen Wasserstoff-Fabrik und Flughafen hin- und herfahren. 

Transport und Lagerung von Wasserstoff sind heute teuer –  und Flughäfen müssten Milliarden in neue Betankungsanlagen für Wasserstoff stecken, wenn sie die Flugzeuge ähnlich mit Wasserstoff füllen wollen wie mit Kerosin. Der Ansatz von Universal Hydrogen soll den Aufwand und die Kosten deutlich senken. „Unsere Kapseln ermöglichen einen kostengünstigen Wasserstoff-Transport, basierend auf bestehenden Frachtnetzwerken“, sagt Chua.

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