Onlinebank N26: Endlich langweilig

Quelle: imago images

Die Strategie der Onlinebank N26 stößt an Grenzen. Statt in immer neue Märkte zu expandieren, setzen die Berliner auf neue Produkte – und führen jetzt ein Tagesgeldkonto ein.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wenn Valentin Stalf in den vergangenen Jahren über die Zukunft sprach, muss das für andere Banker wie eine Erzählung aus einer anderen Welt geklungen haben. Während vor allem deutsche Institute an allen Ecken und Enden sparen mussten und sich aus Geschäften zurückzogen, war die Onlinebank N26 groß darin, sich als Wachstumsunternehmen darzustellen. Beinahe ununterbrochen expandierten die Berliner in immer neue Länder.

Inzwischen beschäftigt sich die Onlinebank – mit einer Bewertung von 3,5 Milliarden US-Dollar ist sie so wertvoll wie kaum ein anderes junges deutsches Unternehmen – allerdings auch mit ganz banalen Dingen: Etwa mit einem Tagesgeldkonto, also einem Sparkonto, auf das die Kunden täglich Zugriff haben.

An diesem Mittwoch führt N26 das neue Angebot in Deutschland ein, wie die WirtschaftsWoche erfuhr. Die Entscheidung sei auch von der Coronakrise beeinflusst worden, sagt Nordeuropa-Chef Georg Hauer. „Währenddessen haben wir gesehen, dass viele unserer Kunden Geld gespart haben“. Allerdings dürfte zu der Entscheidung auch die Strategienot von N26 beigetragen haben.

Das Problem ist: Das Konzept ist längst an seine Grenzen gekommen, einfach in immer neue Märkte zu expandieren und so Kunden zu gewinnen. In vielen großen Auslandsmärkten wie Frankreich und den USA ist die Onlinebank längst aktiv. Aus Großbritannien mussten sich Stalf und seine Truppe sogar zähneknirschend zurückziehen, der Brexit diente als passende Ausrede. Den Markteintritt in Brasilien musste die Bank auf nächstes Jahr verschieben. In weitere Märkte vorzudringen, ist erst mal nicht geplant – weshalb sich N26 nun darauf konzentriert, zusätzliche Kunden in Ländern zu gewinnen, in denen die Bank bereits aktiv ist.

Allein: Eine breite Produktpalette bieten Stalf und Co. bislang nicht. Im Wesentlichen muss die Bank Kunden dadurch überzeugen, dass sie mit ihrem N26-Konto bezahlen können. Das kann je nach Land und dortigen Banken bereits ein triftiges Argument für Verbraucher sein, wenn N26 günstiger ist als etablierte Anbieter. In hart umkämpften Bankenmärkten wie Deutschland ist das aber viel zu wenig, damit N26 genug Kunden gewinnt und sich die Träume vom neuen deutschen Bankchampion erfüllen.

In einem ersten Schritt erhalten nur die Kunden Zugriff auf das Tagesgeld, die sich für das teuerste N26-Konto entscheiden haben. Alle anderen sollen ab Januar folgen. N26 bietet das neue Konto nicht selbst an. Die Berliner kooperieren wie bei ihrem Festgeldangebot mit dem Spargeldvermittler Weltsparen und zusätzlich mit der börsennotierten norwegischen Bank Komplett, die das Konto führt – in Euro, nicht in norwegischen Kronen. Das Institut will N26-Kunden 0,17 Prozent Zinsen zahlen, die Zinszahlung erfolgt quartalsweise. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Zinsen über eine gewisse Zeit konstant bleiben.


Das interessiert WiWo-Leser heute besonders


Douglas ist kein Einzelfall

So schummels sich Ikea, Karstadt & Co. am Lockdown vorbei


„Doppelt so lang schwätzen, halb so viel verdienen“

Warum VW-Händler keine E-Autos verkaufen wollen


Curevac-Gründer Ingmar Hoerr

„Ich dachte, der KGB hätte mich entführt“


Was heute wichtig ist, lesen Sie hier



Für N26 hat die Kooperation den Vorteil, dass die Einlagen der Kunden nicht auf der eigenen Bilanz lasten, wofür die Berliner unter Umständen Strafzinsen bei der Europäischen Zentralbank zahlen müssten. Bei der Komplett Bank handelt es sich jedenfalls um keinen Riesen im Bankgeschäft, laut Unternehmenspräsentation kommt sie auf circa 280.000 Kunden in Norwegen, Schweden und Finnland. Ob das so richtig zu den hochfliegenden Träumen der Berliner passt?

Die Einlagen der Kunden seien, sagt N26, bis zu einem Betrag von 100.000 Euro und inklusive der Zinserträge durch den norwegischen Einlagensicherungsfonds abgesichert. Im Krisenfall muss sich allerdings immer erst zeigen, ob ausländische Sparer wie die deutschen N26-Kunden ihr Geld wirklich zurückerhalten.



N26 hatte bereits vor einigen Wochen ein neues kostenpflichtiges Konto eingeführt, das günstiger ist als die bisherigen – ebenfalls ein Versuch, in bestehenden Märkten neue Kunden zu gewinnen. Mit einem Preis von knapp unter fünf Euro zielen die Berliner auf eine preissensible Klientel, die bislang bei Direktbanken wie der ING oder der Comdirect fündig wird. Die Frage ist, ob das neue Kontomodell und ein Tagesgeld reichen, um diese Kunden vom Wechsel zu N26 zu überzeugen.

Mit dem vierten Konto für Privatkunden bietet N26 jetzt immerhin so viele Konten wie die Stadtsparkasse Düsseldorf an – und das zeigt ja, dass die Berliner so ganz langsam im knüppelharten Alltag deutscher Banken ankommen. Oder schon längst angekommen sind.

Mehr zum Thema: Kaum ein deutsches Start-up ist so wertvoll wie N26. Doch die Zweifel am Geschäftsmodell der Digitalbank wachsen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%