Facebook-Gründer Diese ungerechte Steuer spaltet Kalifornien – und ruft Mark Zuckerberg auf den Plan

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Zuckerberg gegen den Rest des Silicon Valleys

Alteingesessene Unternehmen wie HP Inc., die schon seit Jahrzehnten im Silicon Valley residieren, haben noch mehr zu verlieren. Weiter südlich, in Los Angeles, bangt Disney. Das Studiogelände in Burbank wird mit rund 50 Cent pro Quadratmeter besteuert, auf Basis des Wertes von Mitte der Siebzigerjahre. Nach Verkehrswert könnten es künftig zwischen 14 und 18 Dollar sein. Facebook, das einen riesigen Campus in der Nähe von Menlo Park errichtet hat, müsste ebenfalls mehr bezahlen. Aber weil das erst in der letzten Dekade passierte und zu damals schon hohen Grundstückswerten, wird der Aufschlag nicht so heftig ausfallen wie etwa bei Hewlett Packard oder Google.

Öffentlich hielten sich die Hightech-Unternehmen im Silicon Valley bislang aus der Debatte raus. Sie verstecken sich hinter der kalifornischen Handelskammer, die den Vorschlag scharf ablehnt. Klar: Öffentliches Aufbegehren gegen höhere Budgets für Schulen, Feuerwehren und Hospitäler ist schlecht fürs Image.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seine Ehefrau aber mischen mit in der Diskussion – und stellen sich gegen die Interessen der anderen Silicon-Valley-Konzerne. Die Chan-Zuckerberg-Initiative unterstützt den Volksentscheid und Proposition 15. Zuckerberg und seine Partnerin, die als Kinderärztin praktiziert, konzentrieren sich bei ihren Spenden vor allem auf das Gesundheitswesen – Krankenhäuser aber auch medizinische Forschung – und eben Schulen. Es ist also wie maßgeschneidert für das Reform-Vorhaben.

Das Paar selbst hat sich bislang öffentlich nicht zu ihrer Wahl geäußert. An der Haltung ihrer Wohltätigkeitsorganisation gibt es aber keinen Zweifel: „Proposition 15 schließt Steuerlücken für Unternehmen, um damit bis zu 12 Milliarden Dollar jährlich für öffentliche Dienstleistungen in Kalifornien wie Schulen, Hospitäler und Kliniken einzusammeln“, begründet Andrea Collier von der Chan Zuckerberg Initiative.

Zwar sind Facebook und die Chan-Zuckerberg-Initiative unterschiedliche Unternehmen, aber die Wohltätigkeitsfirma würde es ohne das soziale Netzwerk nicht geben. Über Mehrfachstimmrechte kontrolliert Zuckerberg Facebook unangefochten. Und bislang nutzt sein Konzern wie auch Apple oder Google jede Lücke, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. Deshalb wurde dem Facebook-Schöpfer schon oft Scheinheiligkeit vorgeworfen. Während er sich privat dafür einsetzt, dass die Bildung verbessert wird, hat der Staat Schwierigkeiten, seine Schulen zu finanzieren. Nun versucht Zuckerberg zumindest, diesen Widerspruch etwas aufzulösen. Aus unternehmerischen Gründen kann Facebook nicht gut von sich aus mehr Steuern zahlen. Es ginge zwar, weil Zuckerberg das Unternehmen kontrolliert. Aber es würde eine Welle von Aktionärsklagen auslösen und die Aktie abstürzen lassen. Eine Grundsteuerreform ist hingegen für alle Unternehmen verpflichtend.

Die Chan-Zuckerberg-Initiative hat für die Werbekampagne für die Grundsteuerreform bislang 10,6 Millionen Dollar springen lassen. Das sind ungefähr zwanzig Prozent der 50 Millionen Dollar, die bislang an Spenden gesammelt wurden. Neben den Zuckerbergs stammen die vor allem von Gewerkschaften. Der Lehrerverband hat 12 Millionen Dollar gestiftet.

Die Gegenseite – vor allem die kalifornische Handelskammer und die Immobilienbranche – hält nichts von einer Grundsteuerreform. Sie hat etwa 80 Millionen Dollar gesammelt. Der Immobilienarm des New Yorker Beteiligungsunternehmen Blackstone zahlte allein sieben Millionen Dollar.

Drei Wochen vor der Wahl tobt vor allem im Fernsehen ein Werbekrieg um die Stimmen. Mit klar verteilten Rollen: Die Lehrergewerkschaft warnt, dass die ohnehin stiefmütterlich behandelten Schulen sonst noch weiter verfallen. Der Unternehmerverband beklagt sich derweil darüber, dass die Steuern in Kalifornien ohnehin schon so hoch seien und so noch mehr Firmen das Land verlassen würden. Es würde zudem weitere Bürokratie entstehen, um die Gelder einzutreiben.


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Auch auf den Tech-Milliardär Zuckerberg wird eingeprügelt: Er könne ja sein gesamtes Vermögen spenden und so die kalifornischen Schulen für mindestens ein Jahrzehnt subventionieren. Zugleich warnen die Gegner von Proposition 15, dass die Reform nur der Auftakt des nimmersatten Staates sei und es in der nächsten Runde dem kleinen Hausbesitzer an den Kragen gehe.

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom taktiert derweil zwischen den Fronten. Einige seiner Parteifreunde wollen Sonderabgaben für besonders reiche Kalifornier beschließen, die bis zu zehn Jahre nach ihrem möglichen Wegzug erhoben werden sollen. Die Begründung: Das Vermögen sei ja in Kalifornien geschaffen worden. Newsom hat zugesagt, solche rechtlich ohnehin bedenklichen Pläne zu unterbinden.

Ohne Corona und die Wirtschaftskrise wäre eine Grundsteuerreform ohnehin undenkbar. Laut einer Umfrage der Universität Berkeley unterstützen nun allerdings 49 Prozent der kalifornischen Wahlberechtigten die Reform. Aber nur, wenn ihnen die ganzen Ausnahmen erklärt werden und der Empfängerkreis der zusätzlichen Einnahmen. Trotzdem wird es knapp.

Und Mark Zuckerberg? Ob zumindest sein Ruf profitiert, wenn die Grundsteuer reformiert wird, ist fraglich. Zuckerbergs Image ist wegen der Fake-News-Auseinandersetzung mittlerweile so stark lädiert, dass es Jahrzehnte dauern wird, es zu reparieren.

Mehr zum Thema: Das Silicon Valley droht Deutschland auch noch in seiner Kerndisziplin zu düpieren: dem Automobilbau.

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