Die gezielte Übernahme von Unternehmen, statt alles selbst zu entwickeln, ist eine langjährig erprobte und zudem erfolgreiche Strategie. Nun ist sie mit Fragezeichen behaftet. Muss etwa der gerade vereinbarte 27,7 Milliarden schwere Kauf des Kommunikationssoftware-Spezialisten Slack durch Salesforce wieder abgeblasen werden? Oder ist der okay, weil er sich vornehmlich gegen den Tech-Giganten Microsoft richtet und Slack sonst über kurz oder lang plattgemacht worden wäre? Aber ist Salesforce nicht selber ein Tech-Gigant? Wo ist die Grenze?
Es sind Fragen, die Gerichte allein nicht werden klären können. Der Gesetzgeber muss ran. Ob er das tut und wie, wird vor allem davon abhängen, ob die Demokraten bei der Stichwahl in Georgia am 5. Januar doch noch die Mehrheit im US-Senat erringen. Sie könnten dann Gesetze ändern.
Die Demokraten haben am lautesten über die Macht der Tech-Konzerne getönt, obwohl sie deren Mitarbeitern am nächsten stehen. Aber selbst, wenn sie die zwei Senatssitze aus Georgia erringen, ist ihre Mehrheit knapp und so von vornherein politisch aufgeladen.
Dabei wäre ein Vorgehen gegen Big Tech noch nicht mal schlecht für das Silicon Valley. Die Wagnisfinanzierer hier grummeln schon länger hinter vorgehaltener Hand, dass die Tech-Konzerne zu viel Macht haben und letztlich bestimmen, welche Jungunternehmen existieren dürfen und welche nicht. Die Sorge ist, dass Monokulturen entstehen und junge Unternehmen sich im Schatten der Großen nie richtig entfalten können und groß werden. Oder aber in deren Strahlkraft weggeschmolzen werden, wenn sie zu nah kommen, wie sich ein anonym bleibender Wagniskapitalgeber in Washington einmal poetisch über die Macht der „Sonne Amazon“ beschwerte.
Andererseits hat Google im Schatten beziehungsweise in den Sonnenstrahlen von Microsoft floriert. Ebenso wie später Facebook vor der direkten Haustür von Google.
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Aber damals waren die Tech-Giganten bei Weitem nicht so vernetzt und mächtig wie heute, wo sie die Regeln diktieren. Das Beste wäre, wenn Tech-Unternehmen gezwungen würden, ab einer bestimmten Größe den Zugriff auf ihre Plattformen leichter zu gewähren. Oder den Umzug auf konkurrierende Plattformen liberaler zu gestalten. Die Macht müsste stärker in die Hände des Verbrauchers gelegt werden.
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