Arbeitgeberranking 2021 Audi macht sich hübsch für die Tesla-Fans

Entwurf des Elektroautos Audi A6 e-tron, gezeigt auf der Automesse Shanghai. Audi will vor allem für Bewerber attraktiv sein, die sich für E-Autos begeistern.  Quelle: REUTERS

Seit Jahren gehört Audi zu den beliebtesten Arbeitgebern in Deutschland. Nun macht Tesla den Ingolstädtern die Position streitig. Bleibt Audi eine gute Adresse für Bewerber? 

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Platz drei. Für Audi ist das eine neue Erfahrung. Die Premiumautobauer aus Ingolstadt sind es gewohnt, im Arbeitgeberranking der WirtschaftsWoche hinter dem konzerninternen Konkurrenten Porsche zu rangieren. Für das Ranking der Employer-Branding-Beratung Universum werden jedes Jahr rund 50.000 Studenten gefragt, wo sie nach dem Abschluss am liebsten einsteigen würden. Für angehende Ingenieure hatte Porsche in den vergangenen Jahren etwas mehr Strahlkraft, die Stuttgarter lagen auf Platz 1 – direkt gefolgt von Audi. Dass Audi in diesem Jahr auf dem dritten Platz landet, liegt an einem neuen Wettbewerber: Tesla.

Weil die Amerikaner ein Werk im brandenburgischen Grünheide bauen, gibt es nun einen weiteren wichtigen Player im Arbeitgeberranking. Es scheint, als hätte er das Zeug dazu, das Personalgeschäft der hiesigen Autobranche kräftig durchzuwirbeln. Schon bevor die Tesla-Fabrik und das angedachte Entwicklungszentrum in Berlin die Arbeit aufnehmen, könnte Tesla den etablierten Autobauern gute Köpfe wegschnappen. Tesla trifft die Autohersteller damit an einem wunden Punkt. Just in der Zeit, in der VW, BMW und Daimler für den Wandel hin zu digitalen, elektrischen Autos neue Talente brauchen – vor allem IT- und Software-Experten – lockt Tesla solche Talente nach Grünheide.

Was tut der gefährdete Platzhirsch Audi dagegen? Macht das Traditionsunternehmen mit seiner 111-jährigen Geschichte nun auch auf Startup, führt flache Hierarchien und schelle Entscheidungsprozesse ein? Oder spielt das Unternehmen seine Seriosität, Größe und Sicherheit aus – Bereiche also, in denen ein neues, unkonventionelles Unternehmen wie Tesla nicht mithalten kann?

Auch wenn es die deutschen Autohersteller nur ungern öffentlich zugeben: Teslas Raketenstart im Arbeitgeberranking ist beeindruckend. Das Unternehmen gehört schon in der ersten Erhebung, in der es mit von der Partie ist, bei potenziellen Bewerbern zu den beliebtesten des Landes. Nicht nur bei den Ingenieurwissenschaftlern ist Tesla top. Auch unter den gerade für die Zukunft des Autobauens so wichtigen Informatikern hängt der Autobauer die direkte Konkurrenz ab und landet, nur von Google und Apple geschlagen, auf Platz drei. Ein ähnliches Bild herrscht bei Naturwissenschaftlern: Vor Tesla liegen nur die Max-Planck-Gesellschaft, Bayer und die Fraunhofer-Gesellschaft. Der erste etablierte Autokonzern folgt mit Porsche auf Rang zwölf. Bei Ökonomen ließen sich Daimler, Porsche und BMW nicht überholen. Tesla landet aber immerhin vor Audi und der Marke VW auf Platz fünf.

Der Volkswagen-Konzern, zu dem Audi und Porsche gehören, hat zwei simple, aber starke Antworten auf die neue Gefahr aus Grünheide: Geld und Macht. Verdienen kann man bei Volkswagen in den meisten Fällen besser als bei Tesla. Im VW-Konzern bekommen erfahrene Fachkräfte mit Spezialwissen in der höchsten Tarifgruppe 95.000 bis 105.000 Euro Grundgehalt im Jahr, berichtete unlängst das Handelsblatt. Wer der ersten Führungsstufe angehöre, liege zum Teil noch deutlich darüber. Im oberen Managementkreis könne schon mal eine halbe Million Euro gezahlt werden, Boni und Sonderleistungen eingerechnet.

Da kann Tesla bislang nicht mithalten. So erhält ein Ingenieur dort laut dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu rund 70.000 Euro, Manager liegen bei etwa 100.000 Euro. Anders als bei VW gibt es kein Weihnachtsgeld und keine Sonderleistungen. Allerdings soll Tesla attraktive Leistungsprämien zahlen und mit Aktienoptionen locken. Wer trotz der guten Bezahlung mit einem Wechsel zu Tesla liebäugelt, dem droht VW mit seiner ganzen Macht: Eine intern „Lex Tesla“ genannte Regel verbietet abtrünnigen VW-lern eine Rückkehr in die Arme der Wolfsburger. Das hat Gewicht ein einem Land mit 120.000 VW-Arbeitsplätzen.

Auf Geld und Marktmacht allein will sich Audi aber nicht verlassen. Im Kampf um kluge Köpfe will sich Audi auch selbst wandeln, will Tesla dort ähnlicher werden, wo das Unternehmen den amerikanischen Angreifer als Vorbild sieht. IT- und Software-Orientierung statt Benzin im Blut, schnelle Entscheidungen statt zähe Prozesse, Gestaltungsfreiheiten wie bei einem Startup statt starre Konzernstrukturen – die Ingolstädter wollen nicht nur von Tesla lernen, um bessere Autos zu bauen, sondern auch, um sich für gute Bewerber hübsch zu machen. 

„Wir haben zum Beispiel die Audi Denkwerkstatt in Berlin, die Audi Business Innovation GmbH in München und die im vergangenen Jahr gegründete Softwaretochter Cariad, wo in Strukturen und mit Methoden gearbeitet wird, die in Startups üblich sind: in agilen, selbst-organisierten Teams mit hoher Entscheidungsautonomie und flexiblen Arbeitszeitmodellen“, wirbt Celina Beci, Leiterin der Nachwuchsprogramme bei Audi, für Ihr Unternehmen und den übergeordneten VW-Konzern.

Das Audi-Personalmarketing kann sich glücklich schätzen, dass an der Spitze von Audi und Volkswagen Menschen stehen, die zwar aus der alten Autowelt kommen, mit dem Kopf aber schon voll im neuen E-Auto-Universum sind. Denn junge Bewerber, gerade auch aus den Ingenieurwissenschaften, wissen längst, dass die Zukunft dem E-Auto gehört. Audi-Chef Markus Duesmann hadert genauso wenig mit der elektrischen und digitalen Zukunft wie sein Chef, Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess. „Es hilft ungemein, dass Herr Diess und Herr Duesmann eine so ambitionierte Elektrostrategie haben und dass sie das auch offen kommunizieren“, sagt Beci. „Dieses klare Bekenntnis hilft uns, die besten Bewerber für die Nachwuchsprogramme zu erreichen.“



Aber weil nicht alle Bewerber nur in einer Startup-Welt leben möchten, sondern die Sicherheit und die Optionen in einem Großkonzern schätzen, spielen auch diese Aspekte in den Nachwuchsprogrammen eine Rolle. Gerade junge Talente wollten lebenslang lernen und schätzten vielseitige Entwicklungsmöglichkeiten, sagt Angelika Pitter, die zusammen mit Kollegin Beci die Audi-Nachwuchsprogramme leitet: „Da bietet Audi und so ein großer Konzern wie Volkswagen viele Entwicklungsmöglichkeiten im In- und Ausland und bei unterschiedlichen Marken.“ 

Zudem sei die Sicherheit des Arbeitsplatzes für viele junge Bewerber ein wichtiger Faktor, sagt Pitter. Die Sicherheit und Planbarkeit der Karriere sei bei Audi größer als bei einem Startup: „Wir bieten beispielsweise unseren Trainees unbefristete Arbeitsverträge an, als klares Bekenntnis zu ihrem aktuellsten akademischen Wissen und den Impulsen, die sie in unserem Unternehmen setzen“, verspricht Pitter.

Bleibt noch die Frage, ob es junge Menschen, viele davon aus dem Ausland, wirklich in eine Stadt wie Ingolstadt zieht. Eine Stadt mit 137.000 Einwohnern, hohen Immobilienpreisen und einer winzigen Kulturszene. „Wir wissen, dass die Vorzüge des Standorts Ingolstadts nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind“, räumt Pitter ein. Aber: Durch die Vernetzung werde heute so stark über große Distanzen zusammengearbeitet, dass der Standort immer stärker in den Hintergrund rücke. Man könne aus München pendeln, man könne vieles vom Home-Office aus machen: „In der Pandemie hat sich gezeigt, dass so vieles über Online-Zusammenarbeit möglich ist. Was sich da an Gutem etabliert hat, werden wir sicherlich beibehalten.“

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Trotzdem, Ingolstadt ist nicht München. Aber Grünheide ist auch nicht Berlin. Das Tesla-Werk steht in einem Niemandsland, das höchsten die Herzen von Forstwirtschaftsstudenten höherschlagen lässt. Die Autofahrt nach Berlin dauert ungefähr 50 Minuten – also ungefähr so lang wie die Fahrt von Ingolstadt nach München. 

Das Rennen bleibt spannend. 

Mehr zum Thema: In der Riege der beliebtesten Arbeitgeber waren deutsche Autokonzerne lange eine Klasse für sich. Jetzt übernimmt Tesla.

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