US-Strafzölle auf Champagner „Eine ganz schöne wirtschaftliche Katastrophe“

Donald Trump droht Frankreich mit Zöllen von bis zu 100 Prozent auf französischen Käse oder Champagner. Quelle: imago images

US-Präsident Donald Trump droht mit Strafzöllen auf französischen Champagner. Doch wer das Original liebt, zahlt womöglich gern fast jeden Preis dafür.

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Mitte Oktober schien die Welt in Frankreichs Champagnerkellern noch in Ordnung. Man kannte zwar die Gründe nicht. Doch Donald Trump hatte gerade in der sich selbst attestierten unvergleichlichen Weisheit französische Weine mit einer Strafsteuer von 25 Prozent belegt, nicht aber ihre prickelnden Brüder. Dabei sind die USA mit zuletzt rund 577 Millionen Euro und fast 24 Millionen Flaschen der nach Umsatz wichtigste Export-Kunde der Champagner-Winzer. Vor allem teure Marken finden dort ihre Abnehmer. Auch französischer Cognac blieb vorerst von dem seit 15 Jahren ausgetragenen Streit über staatliche Hilfen für Airbus und den US-Rivalen Boeing unberührt.

Ein Besuch des US-Präsidenten bei der Eröffnung einer Werkstätte der französischen Edelmarke Louis Vuitton in Texas gab nur wenig Aufschluss über die zugrunde liegende Logik: Champagner aus dem Hause LVMH, zu dem die Marke Louis Vuitton gehört, werde nicht zusätzlich besteuert, sagte Trump an der Seite von LVMH-Chef Bernard Arnault. Der Franzose habe ja in den USA investiert. Arnault sah man selten so freudig strahlen wie an jenem Tag.

In der Tat investiert LVMH jedes Jahr nach eigenen Angaben eine Milliarde Euro in den USA. Dort macht das französische Luxusimperium ein Viertel seiner Umsätze. LVMH besitzt dort eine Whisky-Destillerie sowie ein Weingut in Kalifornien. Allerdings vertreibt LVMH neben Dom Perignon, Ruinart oder Veuve Cliquot auch nicht moussierende Weine in den USA. Die sind genau wie alle anderen von der Wein-Steuer betroffen.

Dass die Liste der zu bestrafenden Produkte verlängert werden könnte, war die ganze Zeit über befürchtet worden. Tatsächlich soll nun Trumps Zorn über die Besteuerung von US-Internet-Größen wie Google und Facebook in Frankreich auch Champagner treffen. Und zwar mit Vergeltungs-Zöllen in Höhe von gleich 100 Prozent. Ebenso Käse, Kosmetikprodukte und Handtaschen. Die endgültige Entscheidung soll Anfang Januar fallen. Von Cremetöpfen und Taschen hat LVMH ebenfalls eine ganze Reihe besonders teurer Exemplare im Sortiment. An einer besonderen Verbundenheit zwischen zwei Milliardären kann die Wahl des Warensortiments also nicht liegen.

Das Büro von Trumps Handelsbeauftragtem Robert Lighthizer listet insgesamt 63 Produkte im Handelswert von 2,4 Milliarden US-Dollar auf. So hoch sind nach Schätzungen der US-Administration auch die Digitalsteuern, die Paris bei Google, Amazon, Facebook & Co. eintreiben will.

Trumps Drohung schickte den Aktienkurs von LVMH umgehend auf Talfahrt. Er konnte sich in den Tagen darauf nur mit Mühe berappeln. Den beiden anderen französischen Luxusherstellern – Hermès und Gucci-Mutter Kering – erging es ähnlich.

Keine der Firmen wollte sich dazu aktuell äußern. Auch die Champagner-Kellereien halten sich zurück. Lediglich der Co-Präsident der Champagnerwinzer-Vereinigung UMC, Jean-Marie Barillère, äußerte sich geschwind gleich am Dienstag in der Regionalzeitung „L‘Union“ aus Reims. Anschließend fiel er in beredtes Schweigen. „Eine Strafsteuer wäre „eine ganz schöne wirtschaftliche Katastrophe“, sagte er der Zeitung. „Das käme einem Ausstieg aus dem amerikanischen Markt gleich.“

Mitte November noch hatte Barillère Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron in Champagner-Laune zu Mittag bewirtet. Nun fordert er die Regierung in Paris und die EU auf, die Sache aus der Welt zu schaffen. Die Winzer fühlen sich für eine Digitalsteuer in Geiselhaft genommen, die sich Präsident und Wirtschaftsminister ausgedacht haben, und für die sie nichts können. „Es ist hart, von einem Problem betroffen zu sein, mit dem wir überhaupt nicht zu tun haben.“ Auch der Bürgermeister von Ay-Champagne, Dominique Lévêque, ist beunruhigt. Er sprach dieser Tage in Brüssel im europäischen Ausschuss der Regionen vor.

Nach Angaben des französischen Wirtschaftsministeriums verlieren die französischen Weinbauern durch die Einführung der 25-Prozent-Steuer auf Weine im Oktober 306 Millionen Dollar. Die großen Häuser, die mit weltbekannten Champagner-Marken auf dem Exportmarkt vertreten sind, könnten die Strafsteuern auf das französische Edelgetränk jedoch unter Umständen besser wegstecken als befürchtet.

Das meinen zumindest die Analysten von Invest Securities in Paris. Sollte Trump seine Drohung im Januar tatsächlich wahr machen, „stellt das keine große Gefahr dar, da man ein Premiumprodukt ins Visier nimmt“, urteilen sie. Auch Frédéric Rouzard, der in sechster Generation das im 18. Jahrhundert gegründete Familienunternehmen Roederer leitet, gab sich noch vorige Woche recht entspannt. Champagner macht bei Roederer 60 Prozent des Umsatzes aus. Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt. „Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt,“ sagte er in einem Fernsehinterview. „Aber wir würden uns anpassen.“

„Die amerikanischen Kunden lieben Champagner,“ betont Maxime Toubart, selbst ebenfalls Champagner-Winzer und Repräsentant der Kellereien in der Region Champagne. Er hofft, dass die Amerikaner darauf auch in Zukunft nicht verzichten wollen. Anders als Kosmetikprodukte, Ledertaschen oder auch Käse lässt sich Champagner schließlich nicht ersetzen. Es gibt zwar viele Schaumweine auf der Welt und auch solche wie den spanischen Cava, der „nach Champagner-Art“ produziert wird. Doch den wahren Champagner dürfen nur jene Winzer verkaufen, deren Trauben in einem streng kontrollierten Anbaugebiet in der französischen Region Champagne wachsen. Das ärgert sie manchmal selbst, da sich die Fläche nicht bedingungslos ausweiten lässt. Gerade jetzt könnte das aber eine Chance sein.

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