




Die wohl wichtigste Demokratie der Welt feiert ihr Hochamt: Donald Trump hat vor dem festlich geschmückten Kapitol in Washington seinen Amtseid abgeleistet und übernimmt den Staffelstab von Barack Obama. Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten ist im Amt - und alles soll anders werden. Daran lässt Trump keinerlei Zweifel. „Amerika zuerst!“, ruft er bei seiner Antrittsrede, sogar zwei mal hintereinander.
Die Rede ist ein 16 Minuten langer Schlussstrich unter das Amerika Obamas, auch wenn er seinem Vorgänger höflich dankte. „Wenn Amerika vereint ist, dann ist Amerika unaufhaltsam.“ In den Hauptstädten im Ausland horchte man auf, manch ein Regierungschef reagierte besorgt.
„Das ist euer Moment, das ist euer Tag. Die USA sind euer Land“, ruft Trump dem Volk zu. Seine Anhänger jubeln, andere schütteln den Kopf, auf den Straßen kommt es zu Protesten und Ausschreitungen. Die Polizei nimmt mindestens 95 Menschen fest.
Derweil löschen seine Leute alle Inhalte der Obama-Administration von der Website des Weißen Hauses. Schnell werden die ersten Pläne für Trumps Amtszeit auf der Internetseite veröffentlicht. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Trumps Amerika: Die Pläne des neuen US-Präsidenten
Trump will sich ganz von amerikanischen Interessen, vor allem den Sicherheitsinteressen leiten lassen. Höchste Priorität soll der Kampf gegen islamistische Terrororganisationen wie den Islamischen Staat (IS) haben. Russland wird in den Eckpunkten nicht direkt erwähnt, es gibt aber einen Satz, der als Botschaft an Russland verstanden werden kann. „Die Welt muss wissen, dass wir keine Feinde suchen, dass wir immer froh sind, wenn alte Feinde zu Freunde werden, und wenn alte Freunde zu Verbündeten werden.“ Internationale Bündnisse und Organisationen wie die Nato, die Europäische Union und die Vereinten Nationen kommen in den Eckpunkten nicht vor.
Trump setzt auf „harte und faire“ Handelsabkommen, die vorrangig der US-Wirtschaft nutzen sollen. Darauf will er seine „härtesten und klügsten“ Leute ansetzen. Erstes Ziel: „Rückzug aus der transpazifischen Partnerschaft.“ Das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta der USA mit Kanada und Mexiko will er neu verhandeln und aufkündigen, wenn es keinen „fairen Deal“ gibt. Verstöße anderer Länder gegen Handelsabkommen will er „mit allen Mitteln“ bekämpfen.
Die Kürzungen bei den US-Streitkräften will Trump rückgängig machen. „Unsere militärische Dominanz darf nicht infrage gestellt werden.“ Kein Land dürfe die USA militärisch überholen. Trump kündigt ein Raketenabwehrsystem zum Schutz vor Angriffen des Iran und Nordkoreas an. Dem Cyber-Krieg soll Priorität eingeräumt werden. Dabei sollen sowohl die defensiven als auch die offensiven Fähigkeiten der Streitkräfte gestärkt werden.
„Die Trump-Regierung wird eine Law-and-Order-Regierung (Recht und Ordnung) sein“, heißt es in den Eckpunkten. Vor allem die Gewaltkriminalität will der neue US-Präsident durch effektivere Polizeiarbeit, konsequentere Anwendung von Strafgesetzen und mehr bürgerliches Engagement bekämpfen. Das Recht auf Waffenbesitz soll nicht angetastet werden, um es jedem US-Bürger zu ermöglichen, sich selbst zu verteidigen.
Ein Grenzwall nach Mexiko soll illegale Einwanderung stoppen. Außerdem will Trump Migranten, die straffällig geworden sind, abschieben.
In zehn Jahren will Trump 25 Millionen Arbeitsplätze schaffen und vier Prozent Wachstum pro Jahr erreichen. Er will die Steuern für Bürger und Unternehmen senken sowie das gesamte Steuersystem vereinfachen. Staatliche Regulierung will die neue US-Regierung so weit wie möglich zurückfahren.
Trump will Energie für die Bürger möglichst billig machen und unabhängig sein von ausländischem Öl. Dafür will er Gesetze zum Klima- und Wasserschutz zurücknehmen, die Obama durchgesetzt hat. Stattdessen setzt er auf Fracking, also die Förderung von Erdgas aus Gesteinsschichten. Die US-Kohleindustrie will er „wiederbeleben“. Die Umweltbehörde EPA soll sich auf den Luft- und Wasserschutz konzentrieren. Trump hat früher abgestritten, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt.
Fast aus dem Nichts hat Trump ein Kabinett zusammengezimmert, eine Mischung aus erfahrenen Haudegen und Seiteneinsteigern. Trump betont, es sei das intelligenteste Kabinett der US-Geschichte, gemessen am IQ. Über die moralische, ethische, fachliche Rechtfertigung sagt das nichts.
Wie der Tag von Donald Trumps Vereidigung im Einzelnen ablief, können Sie nachfolgend noch einmal lesen:
Trump unterzeichnet erste Anordnungen
Der neue US-Präsident Donald Trump hat seine ersten Anordnungen im Amt unterzeichnet. Es handelte sich um die formalen Nominierungen für sein Kabinett. Darunter war auch die Sonderregelung für seinen Verteidigungsminister James Mattis. Der Kongress hatte einer Ausnahmegenehmigung zustimmen müssen, damit der pensionierte Vier-Sterne-General den Posten inne haben kann. Ex-Militärs müssen eigentlich eine sieben Jahre lange Pause nach dem aktiven Dienst einlegen, um an der Spitze des Pentagons stehen zu können. Mattis ging 2013 in den Ruhestand. Der US-Senat wird nun voraussichtlich am Freitag darüber abstimmen, ob er Mattis bestätigen will.

Einem Sprecher zufolge bat Trump bei der kleinen Zeremonie den Senat um die Bestätigung seiner Minister und rief zu einem nationalen Tag des Patriotismus auf. Auf der Website des Präsidialamts wurde derweil bereits die Absicht wiederholt, Obamas Klimapolitik aufzuheben.
Donald Trump vereidigt
Die Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten ist vollzogen, Trump wurde als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Der 70 Jahre alte Republikaner legte am Freitag auf den Stufen in Washington vor dem Obersten Verfassungsrichter John Robert den Amtseid ab. Missouris Senator Roy Blunt eröffnete die Vereidigungszeremonie am Freitagvormittag (Ortszeit) auf dem Capitol Hill in Washington mit einer kurzen Ansprache.

Das Programm startete leicht verzögert. Zuvor wurde Mike Pence als Vizepräsident vereidigt. Hunderttausende wohnen der Zeremonie bei. Trump hatte angekündigt, noch am selben Tag erste Erlasse zu unterzeichnen, um Teile der Politik seines Vorgängers Barack Obama aufzuheben.
Antrittsrede: „America first - Amerika zuerst“
In seiner anschließenden gut 20-minütige Antrittsrede übte Trump scharfe Kritik am politischen Establishment in der US-Hauptstadt. Er plädierte an seine Mitbürger, "die USA für das ganze Volk wieder aufzubauen". Die Macht soll von Washington an das Volk zurückgegeben werden.
Trump monierte, dass Politiker zu lange im Wohlstand gelebt hätten, während Jobs verloren gingen und Fabriken schließen mussten. Trump kritisiert, es seien Billionen Dollar in Übersee ausgegeben worden, während in der Heimat die Infrastruktur gelitten habe.
The forgotten men and women of our country will be forgotten no longer. From this moment on, it’s going to be #AmericaFirst🇺🇸
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 20. Januar 2017
Er kündigte an, amerikanische Jobs davor zu schützen, von anderen Ländern abgezogen zu werden. In jedem Teil des Landes solle nun eine neue Vision das Land regieren: „Amerika zuerst - Amerika zuerst“. Jede Entscheidung werde dieser Maxime gehorchen, ob in der Wirtschaft oder der Außenpolitik. „Ich werde mit jeder Faser meines Herzens kämpfen. Ich werde Euch niemals im Stich lassen.“
Der frisch vereidigte US-Präsident dankte seinem Vorgänger Obama und dessen Frau Michelle für deren Hilfe beim Regierungswechsel. Beide seien „großartig“ und „großzügig“ gewesen, sagte Trump. Zudem dankte er „den Menschen der Welt“ und kündigte an, dass er und die Amerikaner den Kurs des Landes gemeinsam für viele weitere Jahre bestimmen würden.
Trump sagt, die USA hätten viel zu lange unter Verbrechen, Drogen und Bandenkriminalität gelitten. "Dieses amerikanische Gemetzel hört heute auf." Trump appellierte an die Solidarität der Amerikaner. Er sagte, wenn Amerika vereint sei, sei es nicht aufzuhalten. „Wir werden ungleich größer träumen“, sagte Trump. Die Zeit leeren Geredes sei vorbei. „Nun ist die Stunde des Handelns gekommen.“ Niemand solle sich einreden lassen, dass das nicht zu schaffen sei. Amerika müsse seine Teilung überwinden. „Ob wir weiß oder schwarz sind, uns alle eint das rote Blut der Patrioten.“ Er kündigte ein hartes Vorgehen gegen islamische Extremisten an. „Wir werden die zivilisierte Welt gegen den radikal-islamistischen Terrorismus vereinen, der völlig vom Antlitz der Erde verschwinden wird“.





Wenige Stunden vor der Amtsübergabe hatten Obama und seine Frau Michelle das Ehepaar Trump im Weißen Haus empfangen. Die Obamas begrüßten ihre Nachfolger am North Portico, dem säulengesäumten Eingang an der Pennsylvania Avenue. Trump trug einen schwarzen Anzug mit roter Krawatte, Melania war ganz in leuchtendes Himmelblau gewandet. Obama sagte Trump, es sei gut, ihn zu sehen. Melania hatte ein Geschenk für Michelle dabei. Als die künftige First Lady ihre Vorgängerin per Handschlag begrüßen wollte, wurde sie von Michelle umarmt.

Die Reaktion der Märkte
Die US-Börsen haben verhalten reagiert. Unmittelbar nach der Rede gaben die Indizes einen Teil ihrer moderaten Gewinne ab. "Nach seiner Rede gibt es Sorgen über seine künftige Handelspolitik", sagte Jamie Cox von der Harris Financial Group. Dies sei wahrscheinlich der wichtigste Bereich, in dem Trump seine Rhetorik dämpfen müsse.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss 0,5 Prozent höher bei 19.827 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gewann 0,3 Prozent auf 2271 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq kletterte 0,3 Prozent auf 5555 Punkte. Im Wochenvergleich gab der Dow 0,3 Prozent nach, der S&P 0,2 Prozent und der Nasdaq 0,3 Prozent.
Dem Dax hatt die anstehende Amtseinführung keinen Schwung gegeben. Der deutsche Leitindex legte um 0,29 Prozent auf 11.630,13 Punkte zu, womit sich auf Wochensicht praktisch keine Veränderung ergibt. Ein Händler sagte, der Dax stabilisiere sich auf hohem Niveau und warte nun auf neue Impulse.
Trump habe hinsichtlich Steuersenkungen und Investitionen in die Infrastruktur sehr hohe Erwartungen geschürt - jetzt gehe es um die Frage, ob er diese erfüllen könne, kommentierte Analyst Michael Hewson von CMC Markets UK. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen rückte zum Wochenschluss um 0,05 Prozent auf 22.645,26 Zähler vor. Der Technologiewerte-Index TecDax sank um 0,04 Prozent auf 1835,82 Punkte.