Endlich tut sich was! Die Bundesregierung erwägt ernsthaft, Technik chinesischer Netzausrüster – allen voran des Huawei-Konzerns – weitgehend aus deutschen Kommunikationsnetzen zu verbannen. Fachleute verschiedener Bundesministerien bestätigen der WirtschaftsWoche Überlegungen, sich weit stärker als bisher von chinesischer Technik unabhängig zu machen, wie das „Handelsblatt“ berichtet hatte.
Der Schritt dürfte bei deutschen Netzbetreibern Kosten in Millionen-, womöglich gar Milliardenhöhe verursachen, die durch den Austausch derzeit verbauter Huawei-Systeme von der Vermittlungs- bis zur Antennentechnik entstehen. Vor allem aber wird er die politischen und ökonomischen Beziehungen Deutschlands zu China neu definieren. Das ist überfällig.
Es ist höchste Zeit für klare Kante. Die Bundesregierung muss endlich Farbe bekennen. Wie abhängig darf eine der wichtigsten Infrastrukturen einer Volkswirtschaft, die Kommunikationstechnik – Grundlage jeder Art von Vernetzung und damit der Digitalisierung – von Lieferanten aus einem diktatorischen Staat sein? Erst Recht, wenn der einen Nachbarn, im konkreten Fall Taiwan, immer unverhohlener mit Krieg bedroht?
Wenn es eine Lehre aus dem Versorgungsdilemma und der Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft von russischem Gas gibt, dann doch wohl, dass bei Kommunikationsnetzen dringend umgesteuert werden muss. Dass solch eine Abhängigkeit schnellstmöglich abgebaut werden muss.
Und zwar völlig unabhängig davon, ob in den Systemen von Huawei – in der Kommunikationsbranche übrigens weltweit als technisch führend anerkannt – tatsächlich technische Hintertüren verborgen sind oder nicht. Gefunden, oder zumindest öffentlich nachgewiesen hat die noch niemand. Wenn je in Kommunikationstechnik staatlich platzierte Schwachstellen aufgedeckt wurden, dann war das Technik aus westlicher Fertigung.
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Es geht nicht mehr um Technik, sondern um Politik
Aber darum geht es gar nicht (mehr), so frustrierend das für den chinesischen Konzern sein mag, der westlichen Prüfern früher und umfassender Einblick in seine Technik gegeben hat als manch westliche Konkurrenz. Es geht um eine grundlegende Risikoabwägung, die nur politisch und nicht technisch getroffen werden kann.
Und um die sich alle Bundesregierungen bisher gedrückt haben. Beziehungsweise, um die sie immer wieder versucht haben, sich in einer Art technisch verbrämter „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“-Entscheidung herum zu lavieren. Jahrelang drehte sich die Diskussion um den Einbau chinesischer Technik in deutsche Netze im Kreis.
Die Suche nach einer Lösung, erinnerte frappant an den Film „Täglich grüßt das Murmeltier“: In einer immer gleichen Zeitschleife passierte am Ende nichts. Das IT-Sicherheitsgesetz wurde verschärft und schreibt inzwischen unter anderem aufwendige Sicherheitstests für sensible Komponenten in Netzen vor. Ob und wie aber mit Updates oder Fernwartungsoptionen umzugehen ist, die es auch nach einer Zulassung erlaubten, noch Hintertüren in einmal zugelassene Systeme einzubauen, ist bis heute unklar.
Es war der untaugliche Versuch, die eine, relevante Entscheidung nicht zu treffen, um die es geht: Wie halten wir es wirklich mit China? Lange schien das diffuse „Sowohl-als-auch“ in der Kommunikationstechnik als tauglicher Weg, deutschen Konzernen Zugriff zu leistungsfähiger und günstiger chinesischer Technik zu erhalten und zudem keine staatlichen Sanktionen gegen deutsche Unternehmen in China zu provozieren.
Aber spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der chinesischen Drohungen gegen Taiwan ist für Lavieren kein Platz mehr, ist Klarheit gefordert. Gerade gegenüber China. Selbst wenn sie schmerzt und sowohl ökonomisch wie politisch teuer wird.
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