Probleme im Betriebsablauf Warum die Deutsche Bahn so unpünktlich ist – die drei wichtigsten Gründe

Quelle: Mario Wagner

Großbaustellen sind nicht das einzige Problem der Bahn auf dem Weg zum Verkehrsmittel Nummer eins. Eine Suche nach den Ursachen auf der Strecke Düsseldorf-Hamm.

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Der ICE 952 nach Köln verspätet sich um 40 Minuten, der ICE 714 nach Hamburg-Altona um 50 Minuten und der ICE 951 nach Berlin fällt sogar ganz aus. Fast die Hälfte aller Anzeigen flimmern mit dem Zusatz Verspätung oder Zugausfall über den Bildschirm in der Haupthalle des Düsseldorfer Hauptbahnhofs. Auch an diesem Mittwoch im August sammeln sich die wütenden Reisenden vor der blauen Anzeigetafel – auf der Suche nach der besten Alternative.

Die Bahn weiß um ihre Probleme und hat Ende Mai 2022 eine Generalsanierung angekündigt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Bahnchef Richard Lutz wollen nun Baustellen bündeln und die Ausgaben für Infrastruktur deutlich erhöhen.

Bis 2025 will der Bund 45 Milliarden Euro für das Schienennetz und weitere 49 Milliarden Euro für den Regionalverkehr ausgeben. Denn die Bundesregierung hat einen ambitionierten Plan: Damit die Verkehrswende klappt, soll die Bahn Verkehrsmittel Nummer eins werden. Bis 2030 soll die Fahrgastzahl verdoppelt werden. Das Ziel: Künftig mehr als 300 Millionen Passagiere im Fernverkehr und mehr als fünf Milliarden Pendler im Nahverkehr befördern.

Das ist ein hochgestecktes Ziel: Auf das Jahr gerechnet war 2021 jeder vierte Zug zu spät. Dieses Jahr zeichnet sich bereits eine noch schlechtere Bilanz ab. Im Juli dieses Jahres erreichten nur rund 60 Prozent der Fernverkehrszüge ihr Ziel pünktlich. Im Juni waren es sogar nur 58 Prozent – der schlechteste Wert seit zwölf Jahren. Ihr selbst gestecktes Ziel von 80 Prozent Pünktlichkeit verfehlte die Bahn damit zuletzt bei Weitem.

Das ist eine schlechte Bilanz für das Verkehrsmittel der Zukunft.



Doch dass die wahren Ursachen für die vielen Verspätungen und Zugausfälle nicht in der neuen Strategie bedacht wurden, lässt sich auf einer Bahnfahrt von Düsseldorf nach Hamm beobachten. Baustellen, eine Umleitung, fehlende Wagen: Die Strecke bildet auf knapp 100 Kilometern in und um das Ruhrgebiet den Albtraum jedes Bahnfahrers ab. An ihr lässt sich deshalb aber auch gut zeigen, was bei der Bahn gerade schiefläuft.

Anstelle einer dringend notwendigen Investitionsoffensive folgten mit der Coronapandemie Sparmaßnahmen in Höhe von fünf Milliarden Euro bis 2024. Darauf haben sich Bundesregierung und Deutsche Bahn 2020 verständigt. Zwar wurden so die Umsatzverluste der Coronakrise abgefedert, die Probleme der Bahn jedoch verschärft. Seitdem fehlt der Zugführer in der Lok und die Technikerin in der Wartungshalle.

Die Auswirkungen des Investitionsstaus zeigen sich schon länger und werden immer deutlicher. Wer mit ICE und S-Bahn durch Deutschland fährt, muss sich oft auf lange Wartezeiten einstellen. Selbst die Führungsriege der Bahn kann das nicht mehr leugnen. Klaus-Dieter Hommel, stellvertretender Aufsichtsratschef der Bahn, stimmte die Fahrgäste wegen des maroden Schienennetzes auf „ein Tal der Tränen“ ein. Ein Tal der Tränen, das auch Fahrgäste im August von Düsseldorf nach Hamm durchqueren.

1. Ursache: Die vielen Baustellen

Quelle: Mario Wagner

Am Gleis 4 des Düsseldorfer Hauptbahnhofs drängen sich die Reisenden. Der Regionalexpress (RE) 4 nach Wuppertal ist in diesen Wochen noch ausgelasteter als in den vergangenen Monaten. Denn nicht nur die Pendler aus der Region sind auf den Regionalexpress angewiesen, sondern auch die Reisenden nach Berlin. Wer den ICE 651 in die Bundeshauptstadt bekommen möchte, muss zunächst nach Wuppertal fahren. Normalerweise fährt ein zweiter Zugteil in Düsseldorf ab, der sich dem 651er in Hamm anschließt. Wegen der Baustellen fällt dieser jedoch aus.

Plötzlich springt die Anzeige um. Drei Minuten vor Abfahrt ist der RE 4 von der Anzeigetafel des Gleises verschwunden. Es kommt keine Durchsage, keine Erklärung. Die Bahnkunden greifen zur Selbsthilfe: In der Deutsche-Bahn-App wird ein neues Gleis angezeigt. Die Info wird über den Bahnsteig gerufen, hastig greifen die Fahrgäste ihr Gepäck und rennen die Treppen in die Bahnhofshalle hinunter. Vorbei an Geschäften, dem Brezelstand und dem Fast-Food-Restaurant geht es rauf zum neuen Bahnsteig. Der RE 4 fährt an diesem Tag nicht von Gleis 4, sondern von Gleis 7 ab.



Zwar wird am Düsseldorfer Hauptbahnhof selbst nicht gebaut, aber in Dortmund. Nach und nach sollen alle Gleise erneuert werden. Vier Gleise liegen mittlerweile still, dabei steigen dort immer noch rund 120.000 Fahrgäste täglich ein, aus oder um. Die Auswirkungen dieses Engpasses spüren Fahrgäste an allen Linien, die durch Dortmund gehen, auch die nach Berlin. Fertig soll das Bauprojekt erst in zwei Jahren sein.

Baustellen und Umleitungen führen täglich deutschlandweit zu Zugverspätungen. 226 Großbaustellen laufen aktuell – oder sind in Planung. Am meisten wird in West- und Süddeutschland gebaut.



Die meisten aktuellen Großbaustellen der Bahn befinden sich in Baden-Württemberg und Bayern. Nordrhein-Westfalen liegt mit 13 laufenden Bauprojekten auf Platz fünf hinter Sachsen und Hessen. Arbeiten im Großraum Frankfurt sorgen derzeit für Umleitungen und Verzögerungen auf den Strecken.

Und in den kommenden Jahren werden Bahnkunden hier noch mehr Geduld brauchen. So soll etwa die Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Mannheim 2024 rund ein halbes Jahr komplett gesperrt werden – aufgrund einer Generalsanierung. „Uns ist bewusst, dass wir Kundinnen und Kunden viel zumuten“, bemerkte hierzu Bahn-Vorstand Berthold Huber.

Je mehr gebaut wird, desto mehr Züge verspäten sich und werden umgeleitet. Laut Eisenbahn-Bundesamt stieg die Zahl der Verspätungsminuten von 2020 auf 2021 um mehr als zwölf Prozent. Aufgrund des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 sind die beiden Jahre nur bedingt vergleichbar. Allerdings sind die Verspätungen auch im Vergleich mit 2019 gestiegen. Die Veränderung zwischen 2021 beziehungsweise 2019 sei vorrangig auf Bauarbeiten zurückzuführen, heißt es in einem Bericht des Bundesamts aus dem April 2022. Die Folge: „erhebliche Kapazitätsengpässe“.



Dabei sind die großen Bauprojekte nicht nur förderlich für die Infrastruktur. Wegen der vielen Großbaustellen werde zu wenig in das restliche Netz investiert, sagt Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim. „Wir sind konfrontiert mit den Nachwehen von Stuttgart 21 – einem Fass ohne Boden“, sagt Monheim. Hinzu kämen neue Großprojekte in Hamburg-Altona, in Hannover und Bielefeld. Mit den wenigen Großprojekten für Hochgeschwindigkeit werde munter weitergemacht – obwohl diese zeitlichen Vorteile für den integralen Fahrplan eigentlich gar nicht sinnvoll seien. „Es werden Milliarden dafür ausgegeben, während der Rest des Netzes mit seinen Tausenden langsamen Fahrstrecken und viel zu vielen eingleisigen Strecken ohne Kreuzungspunkt ignoriert wird“, sagt Monheim.

2. Ursache: Kaputte Züge

Quelle: Mario Wagner

Trotz der Dortmunder Baustelle erreichen die Reisenden des RE 4 den Hauptbahnhof in Wuppertal pünktlich. Auch der Umstieg auf den ICE 651 nach Berlin-Ostbahnhof über Hamm klappt reibungslos. Die Bremsen quietschen, der Zug fährt in Wuppertal ein, sogar pünktlich. Da mussten andere Bahnreisende schon deutlich mehr ertragen.

Barbara Kandzia hat es sich im ICE 651 mit einer Apfelschorle im Speisewagen gemütlich gemacht. Die 83-Jährige fährt mehrmals im Jahr von Berlin zu ihrer Schwester nach Bonn. Der ICE rollt dabei nicht immer reibungslos zwischen Hauptstadt und Rheinland hin und her. Etwa acht Stunden brauchte Kandzias Zug bei einer ihrer letzten Fahrten – normalerweise legt sie die Strecke in unter fünf Stunden zurück. Ihre persönliche Bahntherapie: „Ich versuche das immer schnell zu vergessen.“

Im Bordbistro ist die Auswahl heute begrenzt. Kandzia kann nur zwischen verschiedenen Kaltgetränken und Schokoriegeln wählen. Auf Kaffee und warme Speisen müssen die Fahrgäste verzichten. Der Grund: Die Wasserreserven des Zuges sind nach einem Stromausfall verunreinigt. „Das kannst du keinem erzählen“, sagt der Restaurantleiter, der ungläubig vor der Kaffeemaschine steht. Auf einer Serviette hat er den Hinweis für seine Kollegen notiert: „Trinkwasseranlage gesperrt.“

Wann es denn wieder Speisen gebe, fragt eine Reisende. „Vielleicht in Hannover – aber nur wenn die Logistik es zeitlich schafft“, sagt der zweite Bordbistro-Mitarbeiter, während er sich entspannt an den Tresen des Restaurants lehnt.

Für die Unpünktlichkeit der Bahn gibt es viele Gründe. Allerdings ist das Unternehmen zögerlich, die Ursachen detailliert aufzulisten. Konkrete Zahlen gab es in den vergangenen Jahren nur auf Anfrage aus dem Bundestag – und auch das unvollständig. Die bislang umfangreichste Auflistung bezieht sich dabei auf das Jahr 2017, in dem Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn insgesamt 3,3 Millionen Minuten zu spät ankamen.

Die Daten zeigen: Es hakt vor allem an der Infrastruktur und an den Fahrzeugen. Mit 18,9 Prozent sind der häufigste Verspätungsgrund Probleme an Signalen, Schienen und Weichen. Direkt danach folgen Störungen an Fahrzeugen.



An der prozentualen Verteilung der Verspätungsgründe dürfte sich in der Zwischenzeit nichts Wesentliches geändert haben, meint René Naumann vom Verkehrsberatungsunternehmen KCW. Vermutlich habe sich der „baustellenbedingte Ausfallanteil etwas erhöht“, da die Bautätigkeiten zunahmen.

Technische Probleme sind hauptsächlich die Ursache dafür, dass Züge im Nah- und Fernverkehr ihre Zielorte immer wieder verspätet erreichen. Daran ist vor allem das veraltete Netz schuld. „Ein erheblicher Teil der Stellwerktechnik ist nicht robust“, sagt Verkehrswissenschaftler Monheim. Die Bahn habe im Zuge der letzten 40 Jahre außerdem mehr als die Hälfte der Weichen aus dem Netz genommen. „Wenn eine Weiche fehlt, können Sie an einem liegen gebliebenen Zug erst mal nicht vorbeifahren.“ Der Verkehrsexperte fordert ein „Weichen-Wiedereinbau-Programm im ganzen deutschen Netz, und zwar mit Zehntausenden von Weichen“. Bislang gebe es dafür aber keine Konzepte.

Auch der ICE 651 muss nach der Ankunft in Berlin in die Werkstatt. Schuld ist aber kein defektes Stellwerk, sondern ein Defekt am Zug selbst. Kurz vor Berlin entdecken die Bahnmitarbeiter einen Riss in der Schleuse zwischen den Abteilen, der Zug darf ab da nur noch 50 Kilometer pro Stunde fahren, berichten sie später.

Ob in der Werkstatt alle Mängel behoben werden, ist aber nicht klar. „Viele ICEs fahren aus der Werkstatt raus und nur ein Drittel der Mängel sind beseitigt“, sagt Verkehrsexperte Monheim. Laut Insiderkreisen bleiben zwei Drittel der Mängel übrig, und die Züge bleiben entweder liegen oder müssen langsamer fahren. „Es wurden in den vergangenen Jahren viele Ausbesserungswerke geschlossen, daher ist der Reparaturaufwand nicht mehr zu schultern“, sagt Monheim. Die Bahn bestreitet das. Das Unternehmen meint: „Wenn unsere ICE und IC am frühen Morgen unsere Werke verlassen, sind 98 Prozent aller kundenrelevanten Komponenten störungsfrei.“

3. Problem: Personalmangel

„Zurück nach Hause geht es für mich erst in zwei Tagen“, erzählt der Leiter des Bordbistros. Er selbst kommt aus Hannover. Zwar liegt die Stadt in Niedersachsen zentral zwischen den stark befahrenen Verbindungen Hamburg–München und Berlin–Köln. Je nach Schichtplan könne es aber auch sein, dass er erst nach fünf Tagen wieder zu Hause ist.

Im Rahmen der Sparoffensive 2020 haben Bahn und Bund Einsparungen beim Personal in Höhe von zwei Milliarden Euro vereinbart. Zwar seien im Zuge des Sparprogramms keine Mitarbeiter entlassen worden. Doch zahlreiche Bahnmitarbeiter arbeiten seitdem in einem neuen Schichtsystem: drei Wochen lang sechs Tage am Stück, anschließend fünf Tage frei, berichtet ein Bahnmitarbeiter: „Die Situation ist angespannt.“ Wenn jetzt jemand ausfalle, müssten sie das auffangen. Einen Personal-Puffer gebe es nicht – das bekommen auch die Reisenden zu spüren.

Für defekte Stellwerke, kaputte Weichen, marode Schienen und nicht funktionierende Züge sind Angestellte, die Currywurst und Schinken-Käse-Baguettes servieren, genauso wenig verantwortlich wie ihre Gäste. Sie schenken auch Cola aus, wenn im ICE mal wieder die Klimaanlage streikt. Viel Gegenliebe, Wertschätzung oder gar Trinkgeld gibt es dafür zurzeit nicht. Vielmehr entlädt sich häufig der Frust der Bahnkunden an dem Duo vom Bordbistro.

Seit der Coronapandemie gleiche der Fernverkehr einem Pulverfass, sagen die Bahnmitarbeiter im Bordbistro des ICE 651. Die vielen Verspätungen ließen die Zündschnur noch einmal deutlich kürzer werden, erzählen sie. „Wir haben die Kleidung an, wir bekommen alles ab.“

Wie auf einer Fahrt jüngst durch Schleswig-Holstein. Nahe Kiel habe ein Fahrgast ihn einen „Scheiß-Schwarzkopf“ gerufen, erzählt der Bahnangestellte. Er lässt sich so etwas nicht gefallen. Also rief er beim nächsten Halt die Bundespolizei und erstattete Anzeige. Da helfe nur Kontra, meint er.

Manche Kollegen reagierten anders, meinen die beiden Mitarbeiter des Bistros. Die fräßen den Druck in sich hinein.

Dabei könnte die Deutsche Bahn zufriedene Mitarbeiter gebrauchen. Denn die Personalsituation ist ohnehin angespannt. Auch wenn Bahnchef Lutz da offenbar anderer Meinung ist: Es gäbe gar keinen Personalmangel, hatte er im Juli dem ZDF gesagt. Der Betriebsrat widersprach: „Die Züge von DB Regio sind bundesweit allesamt personell unterbesetzt“, sagte Ralf Damde, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Bahn-Tochter DB Regio gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Ob im Kundendienst, in der Reinigung, der Sicherheit oder bei Lokführern – es herrsche „an allen Ecken und Enden Personalmangel“.

Wie knapp derzeit beispielsweise das Servicepersonal in den Zügen bemessen ist, zeigt sich an einer Maßnahme, die der Konzern bereits im vergangenen Dezember traf: Seitdem gilt in den Fernverkehrszügen ein „vorübergehend angepasstes Besetzungskonzept“. Das sei „Arbeitgebersprech“ und bedeute „nichts anderes, als dass die Züge mit weniger Personal besetzt sind“, heißt es dazu von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Damit habe der Konzern das, was zuvor als Notbesetzung galt, zur Regel gemacht.

Laut Bahn könne so „der Personaleinsatz an Bord der Züge nachfrageorientiert gesteuert“ werden. Ein EVG-Sprecher findet in der „Süddeutschen Zeitung“ andere Worte: Grob gelte seit Dezember das Eins-zu-eins-Prinzip, sagt er – ein verantwortlicher Zugchef und ein Zugbegleiter pro Zug also. Und selbst das ist offenbar nur der Glücksfall, gilt lediglich bis zu einer gewissen Krankenquote in der Belegschaft.

Allein an seinem Standort seien teilweise bis zu 70 Schichten in der Woche offen, sagt ein Zugchef, der anonym bleiben möchte, der Zeitung. Man bekomme „auch im Urlaub WhatsApp-Nachrichten, ob man gegen einen Bonus von 150 Euro nicht auf den Urlaubstag verzichtet“. Und nicht jede der offenen Schichten lasse sich noch kurzfristig besetzen. Er selbst sei deshalb schon Züge allein gefahren und dabei für bis zu 400 Reisende zuständig gewesen.

Auf Gewerkschaftskritik zur angespannten Personalsituation verwies die Bahn zuletzt auf eine „seit Jahren laufende Joboffensive“. Tatsächlich ist die Beschäftigtenzahl der Deutschen Bahn AG seit 2015 gewachsen. Mehr als 28.000 neue Stellen hat die Bahn in diesem Zeitraum geschaffen.

Derzeit seien im gesamten Konzern 9000 weitere Stellen ausgeschrieben, sagt die Bahn. Dabei handle es sich vor allem um „Nachbesetzungen für (Alters-)Abgänge, aber auch ganz neue Stellen“. Etwa 4500 zusätzliche Arbeitsplätze sollen demnach noch in diesem Jahr entstehen, darunter solche für „Lokführer, Gleisbauer, Servicekräfte, aber auch Datenanalysten, Projektingenieure sowie Experten für IT-Sicherheit“. Insgesamt wolle man in diesem Jahr 24.000 Menschen einstellen.

Verkehrswissenschaftler Monheim zufolge reicht das nicht. Das Thema Personal werde sich zu einem weiteren Engpass entwickeln. Derzeit sei vor allem die Straßenbauverwaltung deutlich überbesetzt, während der öffentliche Verkehr und insbesondere die Planung für die Bahn am ausgestreckten Arm verhungern würden.

Der Personalbedarf dürfte sich auch künftig nicht verringern. „Wir werden auch in den nächsten Jahren in ähnlichem Umfang einstellen“, sagte Personalvorstand Martin Seiler im Februar dem Handelsblatt. Vor allem weil die Babyboomer-Generation zunehmend in Rente geht und es dringend Nachfolger braucht. Wenn es bei einem jährlichen Bedarf um die 20.000 Stellen bliebe, würde sich der Personalbedarf des Schienenkonzerns bis 2030 auf 180.000 Beschäftigte summieren. Personal, das erst mal gefunden werden muss.

Quelle: Mario Wagner

Die Bahn hat viele Probleme und Baustellen. Die neue Investitionsstrategie geht einige, aber nicht alle an. „Es stellt sich die Frage: Hat die Bahn die richtigen Konzepte und Strategien? Und da ist die Antwort klar: Nein, hat sie nicht“, sagt Verkehrswissenschaftler Monheim. „Wir brauchen endlich eine richtige Vorwärtsstrategie. Die Bahn muss überall besser werden. Und da sind wir weit von entfernt.“

Bis es so weit ist, bleiben auch Bahnmitarbeiter lieber vorsichtig. Wenn er mit der Bahn zum Flughafen fahre, sagt ein Bahnangestellter des ICE 651, reise er lieber einen Tag früher an. „Mein Arbeitgeber ist nicht zuverlässig. Ist leider so.“ Auch der ICE 651 fährt an diesem Tag im August mit 16 Minuten Verspätung im Hammer Hauptbahnhof ein.

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