25. Geburtstag des Online-Marktplatzes „Ebay war in den frühen Jahren ein Segen für den Onlinehandel“

Gerade bei der Zusammenarbeit mit lokalen Händlern, die sich bislang nicht ins Internet getraut haben, hat Ebay Pionierarbeit geleistet. Quelle: imago images

Ebay ist 25 Jahre alt geworden. Zuletzt verschwand das Unternehmen zusehends in Amazons Schatten. Nun droht bei der Zusammenarbeit mit kleinen Händlern neue Konkurrenz. Ein Gespräch mit Branchenexperte Peter Höschl.

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Dem Vergleich mit Amazon muss sich Ebay seit Jahren stellen. Doch schon längst hat das Unternehmen von Jeff Bezos den vor 25 Jahren in San José als „AuctionWeb“ gegründeten Markplatz in den Schatten gestellt. Im zweiten Quartal 2020 setzte Amazon weltweit knapp 89 Milliarden Dollar um. Ebay lediglich etwa 2,9 Milliarden. Na gut: Während der Coronakrise profitierte Ebay – wie andere Onlinehändler auch: Der Umsatz im zweiten Quartal 2019 lag immerhin mit 2,7 Milliarden Dollar leicht unter dem diesjährigen. Doch im Vergleich zur Umsatzentwicklung von Amazon ist das kleine Plus von Ebay fast nur noch ein Plüschen. Der Umsatz von Amazon legte im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent zu.

Und trotzdem: Gerade bei der Zusammenarbeit mit lokalen Händlern, die sich bislang nicht ins Internet getraut haben, hat Ebay Pionierarbeit geleistet. Schon seit 2015 vereint Ebay unter der Initiative Ebay-City verschiedene Händler etwa aus Mönchengladbach oder Diepholz auf eigens für die Städte angelegten Online-Marktplätzen. Doch bei der Digitalisierung kleiner Einzelhändler macht jetzt auch Amazon ernst. Und könnte Ebay den Rang ablaufen – mal wieder.

Peter Höschl ist langjähriger Branchenexperte für den Onlinehandel. Er arbeitet seit 1997 im E-Commerce, berät und begleitet heute Start-ups wie mittelständische Unternehmen im E-Commerce. Höschl ist unter anderem Betreiber des Portals shopanbieter.de, über das sich Betreiber kleinerer und mittelgroßer Online-Shops über aktuelle Entwicklungen im Markt informieren können. Den Aufstieg von Onlinehändlern wie Amazon oder Ebay hat er hautnah erlebt. Seit 2017 – also nach 20 Jahren im Geschäft – ist Höschl auch als Coach für Amazon Deutschland unterwegs und Teil der Amazon-Agentur Marktplatz1.

WirtschaftsWoche: Herr Höschl, Sie arbeiten seit 1997 im E-Commerce. Nur zwei Jahre zuvor wurde Ebay gegründet – und feiert nun seinen 25. Geburtstag. Wie beobachten Sie die Entwicklung des Unternehmens?
Peter Höschl: Ebay galt lange als Platzhirsch und war dank einiger Innovationen in den frühen Jahren ein Segen für den Onlinehandel. Zuletzt ist das Unternehmen allerdings immer mehr in den Hintergrund gerückt. Das liegt meiner Beobachtung nach daran, dass Ebay immer aktionärsgetriebener gehandelt und vorrangig auf die Dividendenausschüttungen geachtet hat. Innovationen wurden hinten angestellt. Die Rolle als innovativster Onlinehändler hat Ebay längst an Amazon verloren und gräbt sich derzeit selbst das Wasser ab.

Ebay hat sich in der Vergangenheit immer angeschickt, kleine stationäre Händler in den E-Commerce zu holen. Seit 2015 etwa läuft ein Projekt in Mönchengladbach, die WirtschaftsWoche berichtete. Sie selbst sind seit 2017 als Coach für Amazon Deutschland unterwegs und beraten Händler zu Amazon. Beantwortet sich da die Frage, welche Plattform Sie Händlern für den Einstieg in den Onlinehandel empfehlen würden, von selbst?
Nicht zwangsläufig. Klar, Amazon ist heute der wichtigste Marktplatz. Ich würde den meisten Händlern empfehlen, hier die ersten Schritte zu machen. Das bedeutet aber nicht, dass Amazon stets die beste und erste Wahl für jeden stationären Händler, der den Schritt in den E-Commerce wagt, sein sollte. Es gibt in Europa Hunderte Online-Marktplätze. Nur ein Beispiel: Ich habe zuletzt mit einem Fahrradhändler aus dem hessischen Limburg gesprochen, der sich nach den Lockdown-Maßnahmen samt Ladenschließungen kurzfristig dazu entschlossen hat, im Onlinehandel zu starten. Über den Fahrrad-Nischenmarktplatz Bike-Angebot.de konnte das Unternehmen seine existenzbedrohenden Umsatzverluste von Beginn an zumindest einigermaßen kompensieren. Solche Ausnahmen bestätigen die Regel, dass es nicht immer Amazon sein muss.

Würden Sie Händlern dazu raten, gleichzeitig über mehrere Plattformen zu verkaufen?
Grundsätzlich sollte ein Händler mehrere Marktplätze bespielen. Allerdings darf der zweite Marktplatz erst dann folgen, wenn ein Händler den ersten komplett beherrscht und ausgereizt hat. Hier sollte der Grundsatz „Ganz oder gar nicht“ gelten. Ansonsten ist ein Händler bei mehreren Plattformen schnell überfordert.

Der Einstieg bei Amazon oder Ebay birgt dank bestehender Infrastruktur und vieler Nutzer enorme Vorteile. Lohnt sich da ein eigener Onlineshop, der nicht über die großen Marktplätze läuft, überhaupt noch?
Er sollte für stationäre Händler mit wenig E-Commerce-Erfahrung zumindest das langfristige Ziel sein. Am Anfang steht für mich allerdings immer der Einstieg auf einem bestehenden Marktplatz. Hier kann der Händler bei der Logistik, Zahlungsabwicklung, rechtlichen Themen oder beim Kundenservice und Marketing auf die Unterstützung des Marktplatzbetreibers setzen. Sobald der Händler dann professionell online verkauft, ist ein eigener Shop oft günstiger. Und hilft bei der Kundenbindung dank des eigenen Auftritts natürlich.

Wann sollte dieser Schritt erfolgen?
Das ist schwierig zu beantworten. Manche Onlinehändler schreiben nach zwei, drei Jahren schwarze Zahlen. Ich kenne auch einen stationären Händler, der nach einem Jahr schon mehr als eine Million Euro Online-Umsatz gemacht hat – und das profitabel. Der Erfolg hängt stark vom Sortiment des Händlers ab: Das Bekleidungsgeschäft mit einer hohen Retourenquote und niedrigen Margen ist in der Regel nicht so schnell profitabel wie Sortimente aus der Nische. Speziell für solche Nischenanbieter dürfte sich häufig der Einstieg auf einem der Marktplätze lohnen.

Haben solche Händler auch beim Einstieg in den Onlinehandel ganz generell die besseren Aussichten auf Erfolg?
Definitiv: Nischenhändler haben bessere Chancen als Bekleidungsshops oder Elektronikhändler mit weit verbreitetem Sortiment. Das war vor zwanzig Jahren natürlich anders. Damals waren der Wettbewerb und der Preisdruck bei Mode oder Elektronik nicht annähernd so groß wie heute.

Ebay war bei der Zusammenarbeit mit den Städten und lokalen Händlern schon früh dabei: Klar, uneigennützig sind solche Projekte nicht. Die Händler sollen schließlich auf Ebay verkaufen. Nun startet Amazon Mitte September eine eigene Kampagne zur Digitalisierung kleiner und mittelständischer Händler – gemeinsam mit dem Handelsverband Deutschland. Läuft Amazon Ebay nun auch auf diesem Feld den Rang ab?
Davon bin ich fest überzeugt. Amazon hat bereits 2017 die Initiative „Unternehmer der Zukunft“ gestartet (in Kooperation mit der WirtschaftsWoche; Anm. d. Red.) und stationäre Händler beim Start in den E-Commerce unterstützt. Die neue Initiative ist eine Fortführung des bestehenden Engagements – mit deutlich mehr PS auf der Straße. Wie erfolgreich sie wird, bleibt trotzdem abzuwarten.


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Sind solche Initiativen grundsätzlich nützlich für stationäre Verkäufer, die ihr Geschäft in den Onlinehandel hieven wollen?
Erfahrungsgemäß gibt es im Internet alle Informationen und Tools, die es für den selbstständigen Start eines Onlineshops braucht. Allerdings ist der Start ohne Erfahrung im E-Commerce schwer zu stemmen und die Fülle an Möglichkeiten können einen Händler, der von Grund auf anfängt, schnell erschlagen. Da sind solche Initiativen wertvolle Leitplanken.

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