Facebook-Mutter Meta-Hauptversammlung: Fast wie bei einem Mafia-Tribunal

Mark Zuckerberg Quelle: REUTERS

Bei der Meta-Hauptversammlung flogen mal wieder die Fetzen. Starke Anklagen, fast wie bei einem Mafia-Tribunal. Warum sich trotzdem nichts ändern wird.

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US-Unternehmen lieben Kurzvideos. Und so werden sie auch zum Start der Meta-Hauptversammlung am Mittwochvormittag kalifornischer Zeit gezeigt. Aufwändig produziert, eindrucksvolle Bilder mit einer klaren Aussage.

Eine Aktivistin, die Kaffeefarmern in Costa Rica dabei hilft, bessere Preise für ihre Produkte zu bekommen. Ein Künstler, der während Covid auf das Backen von Käsekuchen umsattelt, um sich so über Wasser zu halten. Ein Arzt, der seine weit entfernten Patienten trotzdem versorgen kann. All das, so die Botschaft, dank der tollen Produkte des Meta-Konzerns und seinem Chef Mark Zuckerberg.

Nach dem farbenfrohen Auftakt haben nun die Anleger von Meta 45 Minuten lang die Chance, ihre Kritik loszuwerden und ihre Anträge zu erklären. Keine Bilder, nur per Stimme, die meisten aus der Konserve und teilweise verrauscht. Der Gegensatz könnte nicht krasser sein: Beihilfe bei der Prostitution von Kindern und dem Verkauf von Drogen, das Anzetteln von kriegerischen Konflikten, das Aufwiegeln der Öffentlichkeit durch falsche Informationen, „ein fruchtbares Feld für Verbrechen“, das gezielte Untergraben der Demokratie, so sind die Vorwürfe. Man hat den Eindruck, einem Mafia-Tribunal beizuwohnen, inklusive dem Schweigegelübde für Mitarbeiter dieser Organisation. Vorgetragen von aktivistischen Aktionären wie Sara Murphy von „The Shareholder Commons“, die schimpft, dass „Zuckerberg stets den Profit über öffentliches Interesse stellt.“

Die Ankläger haben diverse politische Hintergründe, von links bis ganz rechts und sind so Spiegelbild des Publikums von Meta. Wie Paul Chesser vom „National Legal and Policy Center“. „Zuckerberg ist besessen vom Metaverse, aber nicht den Interessen seiner Anleger“, ärgert er sich. Der Trump-Anhänger legt nach: „Diese Abstimmung heute ist genauso manipuliert wie die Wahl 2020.“

von Theresa Rauffmann, Matthias Hohensee, Julian Heißler, Silke Wettach

Während sich alle erregen, läuft über Nachrichtenagenturen die Meldung, dass der 18jährige Amokläufer, der in Texas 19 Schulkinder und zwei Lehrerinnen erschossen hat, seine Tat gleich mehrfach auf Facebook angekündigt haben soll.

Und die Meta-Hauptversammlung? Läuft so ab wie seit Jahren. Alle Verwaltungsratsmitglieder werden bestätigt, inklusive Gründer Mark Zuckerberg. Sein langjähriger Berater Peter Thiel wird nach 17 Jahren Dienst an seiner Seite lobend verabschiedet.

Zuckerbergs Mentor Marc Andreessen bleibt an Bord. Alle Anträge von außen werden abgeschmettert. Weder wird es einen Bericht geben, der die Lobbying-Ausgaben genauer untersucht – in 2020 hat Meta dafür fast 20 Millionen Dollar in den USA und 5,5 Millionen Euro in Europa ausgegeben. Noch wird kritisch untersucht, ob das Metaverse – das größte und teuerste Projekt des Konzern – überhaupt Sinn macht.

Groundhog Day bei Meta, täglich grüßt das Murmeltier – denn Meta ist ein sogenanntes kontrolliertes Unternehmen. Seinem Chef und Mitgründer Mark Zuckerberg gehört zwar nur ein Bruchteil der Aktien. Dafür aber jene, auf die es ankommt. Die mit Mehrfachstimmrechten, die ihm insgesamt 56,9 Prozent der Stimmen sichern. Niemand kommt dort heran, selbst wenn alle Anleger sich zusammenschließen würden und die größten Aktionäre hinter Zuckerberg wie Mitgründer Eduardo Saverin (7.3 Prozent), Vanguard (2.8 Prozent) und Blackrock (2.5 Prozent) für sich gewinnen.

Zuckerberg kontrolliert den Meta-Konzern. Meuterer haben keine Chance. Er kann machen, was er für richtig hält. Zumindest kann Mari Schwartzer von NorthStar Asset Management, die bei jeder Hauptversammlung fordert, dass Zuckerberg endlich seine Mehrfachstimmrechte aufgibt, einen kleinen Erfolg feiern. Abgelehnt, klar. Aber immerhin fast 30 Prozent der abgegebenen Stimmen sind dafür.

Dass Zuckerberg sich gerade wieder eine Klage eingehandelt hat, diesmal von Karl Racine, dem Generalstaatsanwalt von Washington D.C., kommt gar nicht zur Sprache. Es ist nur eins der vielen Verfahren, die diesseits und jenseits des Atlantiks gegen Meta laufen – wegen wettbewerbswidrigen Verhalten oder zahlreichen Verstößen gegen den Datenschutz. Dass Zuckerberg der Wind der Regulierer rau entgegenweht – in den USA wird diskutiert, dass er keinen Wettbewerber mehr aufkaufen kann, so wie er es mit WhatsApp und Instagram getan und mit Snapchat versucht hat – ist Alltag.

An die Rolle als skrupelloser Unternehmer hat sich Zuckerberg gewöhnt. Selbst an Tadel von US-Präsident Joe Biden, während dessen Vorgänger Donald Trump und Barack Obama ihn noch hofierten. „Ich bin noch nie ein großer Zuckerberg Fan gewesen“, ätzte Biden gegenüber der New York Times.

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