Handelsstreit Chinas Strafzölle treffen wichtigstes Exportgut der USA

Donald Trump und Xi Jinping beim G-20-Treffen in Hamburg im Juli 2017. Quelle: AP

Nächster Schlag im Handelsstreit zwischen China und den USA: Peking kündigt neue Zölle auf US-Produkte im Gesamtvolumen von 50 Milliarden Dollar an. Die Märkte reagieren beunruhigt.

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Die Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China verschärft die Sorgen über neue Gefahren für die gesamte Weltwirtschaft. Die beiden größten Volkswirtschaften wollen sich gegenseitig mit Strafzöllen von 25 Prozent auf Einfuhren in Höhe von jeweils 50 Milliarden US-Dollar im Jahr überziehen. Als erster kündigten die USA ihre Strafzölle an, die der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer mit chinesischem Technologieklau begründete. China reagierte empört und kündigte nur wenige Stunden später als Vergeltung eigene Sonderabgaben auf US-Importe in gleicher Höhe an.

Die Strafzölle der USA zielen auf Produkte der chinesischen Hochtechnologie-Industrien, darunter der Maschinenbau, die Raumfahrt sowie die Informations- und Kommunikationstechnik. Umgekehrt will China mit seiner Vergeltung auch den ländlichen Raum in den USA treffen, der mehrheitlich US-Präsident Donald Trump gewählt hat. Neben Sojabohnen und Rindfleisch aus den USA sind auch Autos sowie Produkte der Chemie- und Flugzeugindustrie betroffen. Sojabohnen sind das wichtigste Exportgut der USA. Rund 60 Prozent gehen nach China.

Den Aufschlag machten die USA. Der US-Handelsbeauftragte legte am Dienstag Ortszeit in Washington eine Liste mit 1300 Produkten vor, auf die Strafzölle von 25 Prozent erhoben werden sollen. Sie wird in den nächsten zwei Monaten noch justiert und könnte im Juni in Kraft treten. Lighthizer begründete das scharfe Vorgehen mit chinesischen Verstößen gegen Urheberrechte und den Zwang für US-Unternehmen in China, Technologie an heimische Firmen weiterzugeben.

Die neuen Strafzölle weckten Beunruhigung über die globalen Auswirkungen einer weiteren Verschärfung des Streits zwischen den beiden größten Wirtschaftsnationen. Die Märkte wurden durch die Zuspitzung am Mittwoch deutlich belastet. Dax und EuroStoxx50 verloren jeweils etwa ein Prozent auf 11.873 beziehungsweise 3318 Punkte. "In einer ohnehin labilen Börsenlage ist ein Handelskrieg zwischen den Lokomotiven der Weltwirtschaft das letzte, was die Anleger wollen", erläuterte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Die Terminkontrakte auf die US-Indizes rutschten um bis zu 1,8 Prozent ab und signalisierten damit Eröffnungsverluste an der Wall Street. Der Dollar geriet ebenfalls unter Druck. Im Gegenzug verteuerte sich der Euro auf 1,2298 Dollar.

"Es ist weiter die Frage offen, ob US-Präsident Donald Trump wirklich bereit ist, eine Eskalation des Handelsstreits zu riskieren oder er nur Stärke zeigen will", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Die Tatsache, dass sein Verhalten unberechenbar ist und es im Weißen Haus schnell zu Stimmungsschwankungen kommt, genügt, um für Verunsicherung auf dem Börsenparkett zu sorgen." Einige Investoren griffen zur "Antikrisen-Währung" Gold. Das Edelmetall verteuerte sich um 0,9 Prozent auf 1344,78 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin wollte die Maßnahmen nicht bewerten, betonte aber, Protektionismus und Handelsbarrieren nützten langfristig niemanden. „Daher sollte ein regelbasierter, freier und gerechter Welthandel das Ziel aller sein“, sagte ein Sprecher. Mit Blick auf die eigenen Handelsprobleme mit Washington führte er aus, die Entwicklung zeige umso mehr, dass das Zeitfenster des Dialogs durch die EU und die USA sehr intensiv genutzt werden muss, um eine Spirale hin zu einem Handelskonflikt zu vermeiden.

Das genaue Ausmaß der chinesischen Gegenmaßnahmen und der Zeitpunkt, wann die Strafzölle in Kraft treten, wird noch verkündet. Es geht um 106 amerikanische Produkte in vier Kategorien. Den Wert der Importe gab das Handelsministerium ebenfalls mit 50 Milliarden US-Dollar an. „Wir sind zuversichtlich und in der Lage, auf jeden Handelsprotektionismus der USA zu antworten.“ China werde auch die Schiedsgremien der Welthandelsorganisation (WTO) anrufen. Das US-Vorgehen verstoße gegen die Grundsätze der WTO.

Das Ministerium nannte die Strafzölle „grundlos“. „Es ist typisch für eine Politik des Alleingangs und Handelsprotektionismus.“ Die neue Liste widerspreche sowohl den Interessen der USA als auch denen Chinas und ignoriere die Bedürfnisse der Verbraucher. „Es gibt keinen Gewinner in einem Handelskrieg“, fügte Außenamtssprecher Geng Shuang hinzu. „China durch Druck oder Einschüchterung zur Aufgabe zu zwingen, hat in der Vergangenheit nicht funktioniert und wird auch heute nicht gelingen.“

Der US-Handelsbeauftragte Lighthizer begründete die Strafzölle damit, dass die USA wirksame Maßnahmen ergreifen müssten, um China wegen seiner staatlich gelenkten Bemühungen zu konfrontieren, sich zwangsweise amerikanische Technologie anzueignen „oder sogar zu stehlen“. Er bezog sich auch direkt auf die ehrgeizige chinesische Industriestrategie „Made in China 2025“, mit der das Reich der Mitte zum weltweiten Technologieführer aufsteigen will.

Chinas Außenministerium verteidigte die chinesische Industriepolitik, deren Ziele „offen und transparent“ seien. „Es ist verständlich, dass China seine Produktionsfähigkeiten stärken will“, sagte Sprecher Geng Shuang. Auch andere Länder wie Deutschland mit seiner „Industrie 4.0“ verfolgten ähnliche Strategien. Die USA seien wissenschaftlich und technologisch führend. „Sie sollten mehr Zuversicht in sich haben.“

Die neue Liste der USA folgt auf Strafabgaben auf Stahl und Aluminium, die Washington im März verfügt hatte. Darauf hatte China am Montag mit eigenen Zöllen auf amerikanische Einfuhren in Höhe von drei Milliarden US-Dollar geantwortet. „Es ist nur höflich, sich zu revanchieren, heißt es in einer chinesischen Redensart“, meinte die US-Botschaft in einer Reaktion auf die neue Liste.

Vertreter der US-Wirtschaft und der in China tätigen US-Unternehmen warnten, dass höhere Einfuhrzölle der falsche Weg seien und Verbraucher in den USA schädigten. Der Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, sagte nach US-Medienberichten, er sei „kein Freund von Zöllen“. Der Republikaner warnte, dass sich die USA auf einem „rutschigen Abhang“ bewegten. „Ich bin nervös, in einen Handelskrieg zu geraten, und hoffe, dass es nicht zu weit geht.“

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