Ron DeSantis Der holperige Start des Trump-Herausforderers

Ron DeSantis. Quelle: Bloomberg

Ron DeSantis erklärt seine Präsidentschaftskandidatur. Doch der Kampagnenauftakt wird von einer Panne überschattet. Nicht der erste Rückschlag für den Gouverneur von Florida. Auch die Großspender werden unruhig.

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Die Stille war ohrenbetäubend, als Elon Musk um 18 Uhr amerikanischer Ostküstenzeit seinen Twitter Space eröffnete. Der Tech-Milliardär hatte einen besonderen Coup geplant: Floridas Gouverneur Ron DeSantis wollte auf seiner Plattform seine Präsidentschaftskandidatur erklären – in einer Konversation mit Musk. Doch die Technik durchkreuzte den Plan. Minutenlang war zunächst nichts zu hören, später unterbrachen Rückkopplungen und Wortfetzen die Stille. Nach 20 Minuten brach Musk den Livestream ab, setzte ihn einige Minuten später neu auf. Diesmal funktionierte alles, doch der Schaden war angerichtet. DeSantis, der vermeintlich kompetente Retter der Republikaner, hatte seinen Wahlkampfauftakt zunächst verbockt.

Die Idee, per Twitter Spaces eine Präsidentschaftskandidatur zu verkünden, war ohnehin ungewöhnlich. Das Medium gilt nicht gerade als Massenmedium. Rund 300.000 Menschen hörten zu. Nicht schlecht, aber weit vom Rekord der Plattform entfernt. Und die republikanischen Wähler, die in der Regel an Vorwahlen teilnehmen, sind tendenziell eher älter und damit weniger auf Twitter vertreten. Der Auftritt dürfte sich daher mehr an die Aktivistenklasse in der Partei gerichtet haben, die in Musk seit dessen zunehmenden Drall nach rechts ein kulturelles Vorbild sieht.

Auch ist der Unternehmer ein erklärter DeSantis-Fan, kündigte bereits an, ihn wählen zu wollen. Der Neu-Kandidat konnte also davon ausgehen, auf ein freundliches Umfeld zu stoßen. Und tatsächlich boten Musk und Moderator David Sacks, ein Venture Capitalist aus San Francisco, DeSantis eine große Bühne. Der Gouverneur verteidigte seine Covid-Politik, wies Kritik an seiner Regierungsführung zurück und sonnte sich ansonsten in der Bewunderung seiner Zuhörer und der ausgewählten Fragensteller. Gegen Ende des Livestreams unterhielten sich die drei dann über Bitcoin. „Das hier ist eine großartige Plattform“, verabschiedete sich DeSantis schließlich. Kurz darauf ließ er sich dann ins Studio von Fox News zuschalten. Zu online sollte der Start seiner Kampagne dann doch nicht ausfallen.



DeSantis‘ Kandidatur war lange erwartet worden. Seit Monaten verhält sich der Gouverneur so, als wäre er schon ein offizieller Bewerber für die republikanische Nominierung für das Weiße Haus. Er schrieb ein Buch, besuchte regelmäßig die wichtigen Vorwahlstaaten Iowa, New Hampshire und South Carolina und jettete um die Welt, um sein außenpolitisches Profil zu schärfen. Auch lässt sich DeSantis seit Monaten von einem Super-PAC unterstützen, einem auf dem Papier unabhängigen Spendenvehikel, das seine Kandidatur vorantreibt und etwa bereits Fernsehsports für den Republikaner spaltet.

Bei einer Telefonkonferenz mit Spendern in der vergangenen Woche hatte DeSantis zudem laut Medienberichten seine Kandidatur bereits so gut wie verkündet: „Im Grunde gibt es derzeit drei Personen, die in dieser Sache glaubwürdig sind“, sagte der Gouverneur demnach. „Biden, Trump und ich. Und ich denke, von diesen dreien haben zwei eine Chance, zum Präsidenten gewählt zu werden – Biden und ich, basierend auf allen Daten in den Swing States, die für den ehemaligen Präsidenten nicht gut und wahrscheinlich unüberwindbar sind, weil die Leute ihre Meinung über ihn nicht ändern werden.“

Das ist das Narrativ hinter DeSantis‘ Anlauf aufs Weiße Haus: Ich kann gewinnen. Trump nicht. Es ist ein Image, an dem er seit der Wahlniederlage des Ex-Präsidenten 2020 gefeilt hat. DeSantis inszenierte sich als der natürliche Anführer der nächsten Generation der MAGA-Bewegung – inhaltlich nah bei Trump, mindestens genauso kämpferisch, aber weniger skandalbelastet und disziplinierter. Das verfing – vor allem in der Spenderklasse. Allein für seine Wiederwahlkampagne konnte sich DeSantis die Unterstützung von dutzenden Milliardären sichern. Immobilienmagnat Stephen Ross etwa oder Hedge-Fund-Manager Ken Griffin. Auch Marvel-Chef Isaac Perlmutter und Supermarkterbin Julie Jenkins Fancelli gaben Geld. Sie vereint eine konservative politische Weltsicht und die Hoffnung auf niedrigere Steuern und weniger staatliche Regulierung.

Zunächst schien es, als hätten sie aufs richtige Pferd gesetzt. Im vergangenen Herbst wurde DeSantis mit überwältigender Mehrheit im ehemals legendär knappen Florida wiedergewählt. In Umfragen gab damals plötzlich eine Mehrheit der Republikaner an, der 44jährige sei auch ihre Präferenz für 2024. Auch das Murdoch-Imperium wandte sich ihm zu, fuhr seine Unterstützung für Trump zurück. Der Gouverneur schien auf dem Weg nach Washington zu sein.

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Doch seitdem ist viel passiert. Bevor DeSantis ins Rennen ums Weiße Haus einstieg, wollte er zunächst noch zeigen, was er konnte. Also drückte er in Tallahassee eine hart rechte Agenda durch die Legislatur, verschärfte unter anderem das Abtreibungsrecht, senkte die Hürden für die Verhängung der Todesstrafe und lockerte das Waffenrecht. Die Theorie: Die Parteibasis würde ihn für seine konservativen Erfolge feiern und in ihm die Zukunft der Republikaner erkennen. Doch das funktionierte nicht. Während DeSantis sich um die Angelegenheiten seines Staates kümmerte, konsolidierte Trump seine Macht über die Partei. Und enteilte ihm in den Umfragen. Auch schadet der Dauerstreit des Gouverneurs mit Disney seinem Ansehen.

Das haben auch die Superspender gemerkt. Milliardär John Catsimatidis etwa, Besitzer einer Supermarktkette in New York, hatte DeSantis‘ Wahlkampf in Florida zwar finanziell unterstützt, will aber für eine Präsidentschaftskandidatur nichts mehr geben. „Warum sollte ich jemanden unterstützen, der Präsident der Vereinigten Staaten wird und nicht auf Anrufe reagiert?“, so Catsimatidis zum „Washington Examiner“. Viele seiner Freunde in Florida sähen das ähnlich. Auch Mega-Spender Stephen Schwarzman, CEO von BlackStone, will nach einem Treffen mit DeSantis Medienberichten zufolge vorerst nichts geben. 2020 hatte er noch rund 33,5 Millionen Dollar an republikanische Kandidaten verteilt. Und Tech-Milliardär Peter Thiel, der sich in den vergangenen Jahren immer mehr als Unterstützer für konservative Kandidaten hervortat, will ebenfalls zunächst kein Geld geben. Das könnte sich allerdings ändern, wenn es DeSantis tatsächlich gelingen sollte, die Nominierung der Partei zu erobern.

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Doch davon ist der Gouverneur derzeit weit entfernt. Jetzt, da DeSantis offiziell ins Rennen eingestiegen ist, muss er sich mit der Rolle des Herausforderers abfinden. In Umfragen liegt Trump erneut deutlich vor seinem Parteifreund. Kein Wunder, schließlich drischt der Ex-Präsident seit Monaten auf DeSantis ein. Der Gouverneur sei überschätzt, so Trumps Wahlkampfteam. Florida stünde auch ohne ihn gut da. Auch wolle DeSantis die Zahlungen aus der staatlichen Rentenversicherung Social Security kürzen – ein potentes Wahlkampfthema, gerade an der tendenziell eher älteren Republikanerbasis. Und überhaupt: Der Gouverneur sei nur im Amt, weil Trump ihn 2018 unterstützt habe. Zeitweise legte der Ex-Präsident sogar nahe, DeSantis habe sich in seiner Zeit als Lehrer an minderjährige Mädchen herangemacht.

Nicht alle diese Vorwürfe sind falsch. Als DeSantis im Kongress war, unterstützte er tatsächlich Einschnitte ins soziale Netz – genauso wie Trump, als er im Weißen Haus regierte. Was jedoch schwerer wiegt: Ohne Trumps Unterstützung hätte DeSantis wahrscheinlich wirklich nicht die Nominierung für sein derzeitiges Amts bekommen. DeSantis hatte Trump damals umarmt, schaltete gar einen Wahlwerbesport, in dem er mit seinen Kindern eine Mauer auf Legosteinen baut, ihnen Trumps Bestseller „The Art of the Deal“ vorliest und seinen Neugeborenen in einen roten „Make America Great Again“-Strampler steckt. Das macht es für DeSantis schwer, sich von Trump zu distanzieren – zumal der Ex-Präsident an der Basis so beliebt ist, dass Angriffe auf ihn politische Karrieren beenden können.

Wie der Gouverneur angesichts dieser Gemengelage seine Kandidatur zu einem erfolgreichen Ende führen will, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Bislang verzichtete er weitgehend auf direkte Angriffe auf Trump. Doch das wird er nicht durchhalten können. Derzeit geben in Umfragen mehr als 50 Prozent der potenziellen republikanischen Teilnehmer an den Vorwahlen an, den Ex-Präsidenten auch 2024 unterstützen zu wollen. DeSantis steht bei rund 20 Prozent. Will er diesen Graben schließen, muss er Trumps Rückhalt schwächen. Doch ob er das kann, ist alles andere als sicher. Er gilt nicht gerade als natürlicher Wahlkämpfer, hat den Ruf, hölzern und kalt zu sein. In Iowa und New Hampshire legen die Wähler gleichwohl großen Wert auf Nähe. Und die Twitter-Panne zum Auftakt legt nicht gerade nahe, dass sein Team in der ersten Liga spielt.



Längst haben andere Republikaner DeSantis‘ Schwäche ausgemacht. Dass in den vergangenen Wochen gleich mehrere Politiker ihre Kandidatur angekündigt oder angedeutet haben, ist auch ein Zeichen dafür, dass sie an den erwarteten Zweikampf zwischen Trump und DeSantis nicht mehr glauben. Senator Tim Scott aus South Carolina ist jüngst ins Rennen eingestiegen, Ex-Vizepräsident Mike Pence und Chris Christie, Ex-Gouverneur von New Jersey, könnten folgen. All diese Kandidaten könnten die Anti-Trump-Stimmen an der Republikanerbasis untereinander aufteilen. Doch DeSantis braucht einen großen Teil davon, will er wettbewerbsfähig zu dem Ex-Präsidenten bleiben.

Gescheitert ist DeSantis natürlich noch nicht. Trump ist ein angreifbarer Frontrunner. Seit seinem überraschenden Wahlsieg 2016 haben er und seine favorisierten Kandidaten bei sämtlichen Wahlen enttäuschend abgeschnitten. Der Ex-Präsident muss sich mit zahlreichen juristischen Problemen herumschlagen, liegt in Umfragen regelmäßig hinter Joe Biden. Und: DeSantis kann tatsächlich auf zahlreiche Erfolge verweisen. Seit 40 Jahren wurde kein Gouverneur in Florida mehr mit einer so großen Mehrheit wiedergewählt. Er hat den ehemaligen Swing State in eine republikanische Hochburg verwandelt, treibt die Agenda der Partei wie kaum ein anderer Politiker.

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Doch ob das ausreichen wird, ist eine andere Frage. Schließlich präsentieren die Republikaner regelmäßig neue Wundergouverneure, die ihre Talente ins Weiße Haus bringen wollen. Doch sonderlich erfolgreich sind die wenigsten von ihnen. In den vergangenen 100 Jahren hat genau ein amtierender republikanischer Gouverneur den Sprung nach Washington geschafft: George W. Bush. Will DeSantis es ihm gleichtun, muss er schnell ein Mittel gegen Trump finden. Sonst kann die vermeintliche Zukunft der Republikaner wie so viele andere Amerikaner bald ihren Ruhestand in Florida planen.

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