Rewe, Picnic, Amazon-Fresh Lebensmittel-Lieferdienste im Check: Wer ist top, wer einfach nur teuer?

Der Angreifer: Das niederländische Jungunternehmen Picnic ist der neueste Anbieter auf dem deutschen Markt für Lebensmittel-Lieferdienste. Edeka Rhein-Ruhr hat jüngst seine Beteiligung aufgestockt. Quelle: PR

Der Markt für Lebensmittel-Lieferdienste ist klein, hart umkämpft und wächst schnell. Doch wer ist am besten, Rewe, Picnic, Amazon-Fresh oder doch Getnow? Die Lebensmittel-Lieferdienste im WiWo-Check.

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Besteht noch Hoffnung für den Supermarkt im Internet? Die Deutschen bestellen doch wie verrückt im Netz: Jeans, Pullover, Schränke, Schuhe, Fahrräder, Computer, jede Branche wächst und wächst. Doch wer die Aktivitäten jener Akteure verfolgt, die sich im Liefern von Milch, Bananen, Steaks und Joghurts versuchen oder versucht haben, den kann schnell ein Gefühl tiefer Resignation heimsuchen - oder Mitleid. Eine Auswahl der jüngsten Meldungen:

- Mitte 2015: Der Einkauf- und Lieferdienst Shopwings aus dem Hause Rocket Internet wird wegen „der mangelnden Kooperation mit dem Einzelhandel“ in Deutschland eingestellt.
- Mitte 2016: Bonativo stellt den Betrieb ein, der Online-Lebensmittelhändler aus Berlin habe sich nicht wie erwartet entwickelt.
- Anfang 2017: Nach einer Machbarkeitsprüfung ist der Discounter Lidl zu dem Schluss gekommen, „das Pilotprojekt zum Online-Handel mit frischen Lebensmitteln nicht in eine operative Phase zu überführen“.
- Ende 2017: Kaufland stellt seinen Berliner Lieferdienst ein. Für die 300 Mitarbeiter suche man „sozialverträgliche Lösungen“
- Anfang 2018: „Die Margen sind (…) recht gering, die Pack- und Versandkosten aber sehr hoch“ – der Berliner Lebensmittel-Lieferdienst „Gegessen wird immer“ zieht den Stecker.
- Herbst 2018: Der Allgäuer Regionalhändler Feneberg beendet seinen Münchner Lieferdienst Freshfoods: „Trotz hoher Anstrengungen und viel Herzblut müssen wir Ihnen leider mitteilen…“ Undsoweiterundsofort.

„Ich würde mir natürlich wünschen, dass der Online-Lebensmittelhandel hierzulande besser funktioniert“, sagt Lars Hofacker, Leiter des Forschungsbereichs E-Commerce beim Handelsforschungsinstitut EHI in Köln. „Positiv formuliert: Es ist die Branche mit dem größten Potential.“

Hofacker muss es wissen. Seit zehn Jahren forscht er für das Kölner Institut. Und seit zehn Jahren erstellt er dort die Liste der „1000 umsatzstärksten B2C-Onlineshops“ in Deutschland (die seit zehn Jahren von Amazon angeführt wird). Im aktuellen Bericht konstatiert er: „Der Durchbruch der Lebensmittel-Onlineshops steht immer noch bevor.“

Deren Anteil am gesamten deutschen Lebensmittelumsatz beträgt derzeit zwischen 1,2 und 1,3 Prozent. Zum Vergleich: In Großbritannien liegt der Marktanteil des Online-Handels am gesamten Lebensmittelhandel bei acht Prozent. Man muss jedoch fairerweise ergänzen, dass die Briten in Europa diesbezüglich führend sind, und es auf der Insel im Verhältnis zur Einwohnerzahl deutlicher weniger Supermarktfilialen gibt als in Deutschland.

Zur Abgrenzung: Das Versenden von Kochboxen fällt für die folgende Übersicht nicht unter Online-Lebensmittelhändler, ebenso wenig sind jene Anbieter gemeint, die ausschließlich sogenannte Trockenware feilbieten, also lange haltbare Lebensmittel. Reine Getränke-Lieferdienste sind ebenfalls außen vor. Gemeint sind nur die Internethändler, bei denen Verbraucher ihren typischen Wocheneinkauf tätigen können. Dazu zählen ausdrücklich auch Lieferanten frischer Ware wie Fisch, Fleisch, Käse, Milch.

Doch es gibt Anlass zur Hoffnung für Online-Händler: Im Vergleich zum Vorjahr konnten Internet-Lebensmittelhändler hierzulande deutlich zulegen, um 13,5 Prozent. Der Handelskonzern Rewe eröffnete im September 2018 in Köln-Niehl sein 80 Millionen Euro teures Logistikzentrum „Scarlet 1“, speziell für das Online-Geschäft. Dort werden einzelne Bestellungen von rewe.de weitestgehend automatisiert und rasch zusammengesucht. Und heute vermeldet das niederländische Lebensmittel-Liefer-Startup Picnic, ab Ende August ein neues Verteilerzentrum nördlich der Stadt Langenfeld in Betrieb zu nehmen und seinen Service auf Langenfeld, Monheim, Düsseldorf-Süd und Teile von Hilden auszuweiten. 20 neue Elektro-Vans und 15 Fahrer stehen laut Picnic dafür bereit.

Dem Handelsexperten Matthias Schu, der schon für Praktiker, die Schweizer Bundesbahn sowie den Online-Supermarkt Coop@home gearbeitet hat, macht noch etwas anderes Hoffnung: „In Ballungsräumen sind Jobs und das Geld und eine genügend große Zielgruppe. Zeit wird immer wichtiger, die Bequemlichkeit und die Technikaffinität spielen eine Rolle.“ Die Wachstumsraten sprächen zwar einerseits dafür, „dass ein gewisser Trend erkennbar ist. Andererseits ist der Markt derzeit noch recht klein, angesichts der Größe des Landes. Für mich ist klar, dass Lebensmittel-Lieferung nicht überall präsent, sondern primär in Ballungsräumen relevant sein wird.“

Wer aber macht das Rennen? Die WirtschaftsWoche gibt einen Überblick über die relevantesten Online-Lebensmittelhändler in Deutschland. Matthias Schu bewertet die Chancen der jeweiligen Anbieter. 

1. Rewe.de

Gestartet: 2011
Verbreitung: mehr als 75 Städte
Lieferkosten: abhängig nach Lieferzeit: zwischen 0 und 5,90 Euro. Lieferabo verfügbar. (Für Neukunden ist die erste Bestellung kostenlos)
Lieferung: eigene Fahrzeugflotte, Heimlieferung
Expertenbewertung: „Rewe ist der etablierteste Player mit der größten Verbreitung, die Zeichen stehen auf Wachstum, Geschwindigkeit und besserem Service. Es heißt zudem, die Auslastung des neuen Lagers Scarlet1 liege gerade mal bei rund 25 Prozent – die haben noch etwas vor.“

Der Kölner Handelskonzern (Umsatz: 61,2 Milliarden Euro) hat 2017 erstmals mehr als 100 Millionen Euro mit Online-Lebensmittellieferungen umgesetzt und bezeichnet sich damit als Marktführer in Deutschland. Das Unternehmen teilt mit, es könne derzeit rund 65 Prozent aller deutschen Haushalte beliefern; ein „Nischen-Phänomen“ sei der Geschäftsbereich aber ausdrücklich nicht, „denn wir merken eine sukzessive Weiterentwicklung“. Mit der Entwicklung sei man „insgesamt sehr zufrieden“. In 200 Märkten gibt es zudem die Möglichkeit des Abholservices. „Rewe macht in der aktuellen Marktphase einen vergleichsweise guten Job“, lobt auch EHI-Bereichsleiter Lars Hofacker. „Die App verbindet zunehmend die Kanäle Online- und Offline. Was ich am besten finde: Sie probieren und sie investieren.“ Man darf ergänzen: Die nötigen Investitionen kann ein Gigant wie Rewe sich auch eher leisten als ein Startup. „Betriebswirtschaftliche Kennzahlen“ zur Digital-Einheit, in der auch der Internet-Supermarkt integriert ist, kommentiert Rewe nicht. 

2. Amazon Fresh

Gestartet: 2017
Verbreitung: Berlin, Potsdam, Hamburg, München
Lieferkosten: Der Mindestbestellwert für die Gratis-Lieferungen liegt in Berlin, Potsdam und Hamburg bei 40 Euro, in München bei 50 Euro.
Lieferung: keine eigene Flotte; Heimlieferung
Expertenbewertung: „Amazon Fresh war das Schreckgespenst der Branche – richtiggehend hochgehyped. Doch inzwischen ist es still geworden. Sie sind nicht richtig ins Rollen gekommen. Keine großen Expansionsbestrebungen erkennbar.“

Als Amazon 2017 ankündigte, seinen in den USA erfolgreichen Lebensmittel-Lieferservice Fresh nach Deutschland zu bringen, machte das durchaus Eindruck in der Branche. Schließlich ist Amazon der größte Online-Versandhändler der Welt (Umsatz: umgerechnet rund 208 Milliarden Euro) und es gibt wenig, das Amazon misslingt. Doch zwei Jahre nach dem Start lassen die großen Umwälzungen weiter auf sich warten, das Wachstum stagniert bei vier Städten. Amazon selbst lässt davon ungerührt ausrichten, man sei „sehr zufrieden“ und freue sich über das „positive Feedback, das wir von unseren Kunden zu Amazon Fresh erhalten. Basierend auf diesen Erfahrungen und dem Kundenfeedback nehmen wir uns die Zeit, den Service kontinuierlich zu verbessern und zu erweitern.“ Auf Fresh angesprochen, sagte Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber vergangenes Jahr gegenüber Ngin-Food: „Ganz viel wird da passieren. Dass es hier nicht richtig weitergeht, geht auch von uns aus“. Das Geschäft sei nur dann sinnvoll und erfolgreich, „wenn Amazon einen Wert in der Lebensmittel-Beschaffungskette des einzelnen Kunden erarbeitet habe. Dazu muss man erst mal lernen, wie dieser Weg aussieht.“ Ihm sei bewusst, „dass wir uns Zeit lassen können“.

 3. Getnow

Gestartet: 2015 in Berlin; Anfang 2019 nach München umgezogen.
Verbreitung: Berlin, München, Frankfurt, Essen, Hannover, Neuss
Lieferkosten: Express-Lieferung kostet 6,99 Euro, die Lieferung in ein selbstgewähltes Zeitfenster 3,99 Euro; ab 40 Euro Bestellwert entfallen Liefergebühren.
Lieferung: keine eigene Flotte, Kooperation mit DHL und Hermes
Expertenbewertung: „Bei Getnow stelle ich mir die Frage: Was ist deren Differenzierungsmerkmal? Der Markenname ist etwas ungeschickt und unverständlich aus Kundensicht und muss dem Verbraucher erst erklärt werden. Sie verfolgen den Asset-Light-Ansatz, besitzen also keine eigenen Lager oder die Ware selbst, wie beispielsweise Uber oder Airbnb. Das spart Kosten, geht aber wohl zulasten der Markenidentität.“

Das Startup kooperiert mit dem Düsseldorfer Großhändler Metro. In den Märkten stehen Getnow-Mitarbeiter bereit und warten auf Bestellungen. Von den rund 120 Mitarbeitern sind 35 in der Münchner Zentrale beschäftigt. Die Mehrheit am Jungunternehmen hält die Berliner Beteiligungsfirma IMS Capital Partners. Thorsten Eder ist neuer Marketingchef bei Getnow, im Herbst wechselte er vom Elektronikhändler Saturn. Er sagt: „Wir sind extrem gut ausgelastet. Die Nachfrage ist auf jeden Fall größer als unsere Kapazitäten.“ Getnow will bis Ende des Jahres seinen Service „flächendeckend“ in Deutschland anbieten können, sagt Eder. Derzeit komme jeden Monat eine Großstadt hinzu; zudem eröffnete Getnow kürzlich in Berlin und München jeweils den zweiten Standort.

 

So schlagen sich Picnic, Bringmeister, Mytime und Allyouneed-Fresh

4. Picnic

Gestartet: in Deutschland 2018 (gegründet 2015 in den Niederlanden)
Verbreitung: in NRW rund um die bislang sechs Verteilerzentren in Neuss, Mönchengladbach, Bochum, Viersen, Krefeld und Moers (ab August 2019 auch Langenfeld, Moers, Düsseldorf-Süd)
Lieferkosten: keine Lieferkosten, aber 25 Euro Mindestbestellwert
Lieferung: Heimlieferung mit eigener Flotte
Expertenbewertung: „Picnic ist der Anbieter mit den derzeit stärksten Expansionsbestrebungen – und mit der besten PR-Kampagne. Die kommen sympathisch rüber und ihr niedriger Mindestbestellwert kommt bei den preissensiblen Deutschen auch gut an. Aber der eingeschränkte Lieferdienst mit nur einem vorgegebenen Lieferslot pro Tag schränkt natürlich die Zielgruppe ein. Für Berufstätige ist das wohl eher nicht alltagstauglich. Fokusgruppe sind aus meiner Sicht eher Familien oder Personengruppen, bei denen regelmäßig jemand zu Hause anzutreffen ist.“

In den Niederlanden liefert das Jungunternehmen bereits in mehr als 60 Städten – in eigenen, auffallend schmalen Elektrofahrzeugen. Der Umsatz im Heimatland soll rund 200 Millionen Euro betragen. Für den deutschen Markt bezieht das Startup die Ware größtenteils von der Edeka-Regionalgesellschaft Rhein-Ruhr. Die Handelsgesellschaft hat jüngst vermeldet, ihren Anteil an Picnic von 20 auf 35 Prozent zu erhöhen. „Als wir letztes Jahr gestartet sind, wurden wir ab dem ersten Tag überrannt“, heißt es seitens des deutschen Ablegers: „Wir sehen, dass sich nach rund sechs Monaten in jeder Stadt bereits über 25 Prozent aller Haushalte bei Picnic registriert haben. Diese rasante Entwicklung hat unsere Erwartungen weit übertroffen.“ Im Durchschnitt entwickele sich jedes Verteilerzentrum, „Hub“ genannt, „innerhalb von sechs Monaten nach dem Start profitabel“. Bis Ende des Jahres plant Picnic, „über zwölf Hubs“ zu betreiben. Derzeit sucht das Unternehmen „nach geeigneten Standorten für weitere Logistikzentren in Nordrhein-Westfalen“. Die aktuell vermeldete Expansion nach Langenfeld und Monheim ist Ausdruck dieser Wachstumsambition.

5. Bringmeister

Gestartet: 1997
Verbreitung: Berlin, Potsdam, München
Lieferkosten: Abhängig von der Lieferzeit zwischen 0 und 6,90 Euro, Lieferabo verfügbar; ab 100 Euro kostenlos
Lieferung: Heimlieferung mit eigener Flotte
Expertenbewertung: „Man hört von Bringmeister in letzter Zeit relativ wenig. Sie sind räumlich begrenzt und derzeit sind keine weiteren Expansionsbestrebungen sichtbar. Was Bringmeister sehr gut macht ist, der Yield Management Ansatz beim Thema Liefergebühren: Je nach dem, auf welche Zeit man bestellt, ist es günstiger oder teurer; das kennt man aus der Flugbranche. Und sie setzen auf Eigenauslieferung, das ist ein großer Vorteil. Die eigene Flotte ist fahrbare Werbung – ein Faktor, der definitiv nicht zu unterschätzen ist. Auf lange Sicht wird es spannend sein zu beobachten, ob Edeka, zu dem Bringmeister gehört, sich von der Edeka Regionalgenossenschaft Rhein-Ruhr und deren Engagement bei Picnic überzeugen lassen wird, oder auf eine Expansion bei Bringmeister setzt.“

von Mario Brück, Henryk Hielscher, Christian Schlesiger, Volker ter Haseborg

Ursprünglich im Hause Tengelmann gegründet, wechselte Bringmeister im Zuge des Tengelmann-Verkaufs an Edeka den Besitzer. 2018 machte der Dienst von sich reden, als es zu Lieferengpässen in Berlin kam. Gleichzeitig erweiterte Bringmeister sein Angebot um die Kühlschrank-Lieferung: Hierbei können Bringmeister-Mitarbeiter mittels eines digitalen Türschlosses direkt in die Wohnung des Bestellers und die Waren in den Kühlschrank legen. Aufsehen erregte auch eine zeitlich begrenzte Kooperation mit Lufthansa: Fluggäste von und nach München und Berlin konnten im Zuge dieser Testphase während des Flugs bei Bringmeister Lebensmittelbestellungen aufgeben (im Flugzeug oder in einer Lufthansa-Lounge). Ein Plus: Mit Dominique Locher hat Bringmeister einen anerkannten Experten im Beirat: Locher war Mitgründer und Chef von Leshop, dem führenden Schweizer Internet-Supermarkt (der mittlerweile zu Migros gehört). Locher investierte 2018 in Farmy.ch, einen weiteren Lebensmittel-Lieferservice aus der Schweiz, und arbeitet auch noch für Ozon.ru, den führenden russischen Online-Händler. Zuletzt verkündete Bringmeister eine Kooperation mit der Schweizer Einkaufslisten-App Bring. Weder Bringmeister noch Edeka wollten sich auf WirtschaftsWoche-Anfrage zur aktuellen Lage und zu eventuellen Expansionsplänen äußern. 

6. Mytime.de

Gestartet: 2012
Verbreitung: bundesweit
Lieferkosten: 4,99 Euro; bzw. bei Kühl- oder Tiefkühlartikeln zuzüglich 5,90 Euro.
Lieferung: Keine eigene Flotte, Versand via DPD und DHL.
Expertenbewertung: „Mytime steht nicht wirklich im Fokus, man hört relativ wenig. Es hat einen gewissen Experimentiercharakter, nach dem Motto: Ich lerne jetzt mal mit und nutze es später im großen Stil.“

Der Internet-Supermarkt Mytime.de gehört dem Handelsunternehmen Bünting aus dem ostfriesischen Leer (Umsatz 2017: ca. 1,6 Milliarden Euro). Zum Unternehmen gehören mehrere regionale Supermarktketten wie etwa Combi (in Niedersachsen), Jibi (rund um Bielefeld) und Minipreis (Ostwestfalen-Lippe). Eine Bünting-Sprecherin lässt ausrichten, man stehe mit Mytime.de „nicht mehr am Anfang“, sondern habe „bereits lehrreiche Erfahrungen sammeln und diese zu unseren Gunsten einsetzen“ können. Im Sommer 2017 jedoch schloss die Handelsgruppe das Logistiklager des Internet-Supermarkts in Oldenburg. Rund 70 Mitarbeiter mussten gehen. Hat der schmerzhafte Einschnitt Ergebnisse gebracht? „Auch bei Mytime.de wachsen die Kundenzahl und die durchschnittlichen Warenkörbe stetig“, heißt es aus dem Unternehmen. „Aus der ersten, verlustbringenden Investitionsphase sind wir inzwischen herausgetreten. Daher sind wir grundsätzlich zufrieden mit unserer Performance“. Seit Oktober 2018 bietet auch Büntings Kette Combi einen Lieferservice an, in vier Märkten gibt es sogenannte Click-&-Collect-Stationen. Zudem hat Bünting eine erste Paket-Abholstation installiert, die eine 24-Stunden-Abholung ermöglicht. 

7. Allyouneed Fresh

Gestartet: 2010
Verbreitung: bundesweit
Lieferkosten: 6,90 Euro bzw. 3,90 Euro ab einem Einkaufswert von 60 Euro; ab einem Einkauf von 85 Euro entfallen die Liefergebühren.
Expertenbewertung: „Nach dem Ausverkauf bei der Post ist es still geworden um Allyouneed Fresh. Der neue Eigentümer Delticom könnte auf lange Sicht Allyouneed Fresh mit dem Feinkosthändler Gourmondo.de verschmelzen, der ihm ja schon länger gehört.“

Im Oktober 2012 übernahm Deutsche Post DHL die Mehrheit am Lebensmittel-Startup, das damals noch Allyouneed hieß, weil es hauptsächlich Lebensmittel aus dem Trockensortiment anbot. In der Folge investierte der Bonner Großkonzern (Umsatz: 61,5 Milliarden Euro) zunächst reichlich in die Logistik des Online-Supermarkts und zeigte sich durchaus experimentierfreudig: 2016 testete die Post in einem Pilotprojekt das Einkaufen via Whatsapp, 2017 versuchte man es mithilfe von Amazons schlauem Sprachassistenten Alexa. Aber nach sechs Jahren hatte DHL offenbar Lust und Geduld verloren: Im vergangenen September verkauften die Bonner Allyouneed Fresh an den Hannoveraner Online-Reifenhändler Delticom, der mit Gourmondo.de und lebensmittel.de bereits zwei vergleichbare Portale besitzt. Der neue Eigentümer tauschte das Management aus, der langjährige Chef und Handelsexperte Udo Kießlich verließ das Unternehmen vergangenes Jahr. Weder Allyouneed Fresh noch Delticom wollten sich auf Anfrage der WirtschaftsWoche zu eventuellen Plänen der Plattform äußern. Auffällig ist: Die Plattform bietet derzeit keine frische Ware mehr an. Unter der Kategorie „Obst und Gemüse“ findet sich derzeit nur ein einziges Produkt: trockene Apfelwürfel. Es dominieren H- und Kondensmilch sowie Instant-Getränke. Im Mai vermeldete die „Lebensmittelzeitung“ zudem, Delticom verhandele mit Bünting über eine Kooperation im Online-Lebensmittelhandel. 

 

Fazit von Handelsexperte Matthias Schu: „Bis sich Lebensmittel-Bestellung in Deutschland so weit durchgesetzt hat, dass man von einem relevanten Marktanteil sprechen kann, wie heute etwa bei der Internetbestellung von Bekleidung oder Elektronik, wird es wohl mindestens noch fünf bis zehn Jahre dauern.“ Fragt sich, wer von den Genannten so lange durchhält.

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