Riedls Dax-Radar
Chinas Streit um Taiwan belastet die Börsen Quelle: imago images

Zwischen Zinshoffnung und Chinarisiken

Die Geschäfte der meisten Dax-Unternehmen laufen besser als erwartet, die jüngsten Kurserholungen machen Hoffnung auf eine nachhaltige Stabilisierung an den Börsen. Offene Flanke ist die Geopolitik. Vor allem der Konflikt zwischen China und Taiwan birgt für den Dax enorme Gefahren. 

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An der Spitze der weltweiten Börsenerholung stehen die großen amerikanischen Technologieaktien, vor allem Apple, Microsoft und Amazon. Die Zahlen dieser Unternehmen zum zweiten Quartal zeigen, dass die operativen Geschäfte auch in Krisenzeiten stark laufen und die weiteren Aussichten trotz schwächerer Konjunktur keineswegs düster sind. Dazu kommt der Extrakick durch die rückläufigen Anleihezinsen, der Technologieaktien besonders zugute kommt; obwohl gerade die stark kapitalisierten Blue Chips auf Kredite von Banken nicht wirklich angewiesen sind. 

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Von der allgemeinen Technologiestärke werden im Dax besonders die beiden Hightech-Werte beflügelt: Infineon kann nach einem deutlichen Umsatzplus und starken Margen im Frühjahrsquartal die Jahresprognose auf 14 Milliarden Euro Umsatz hochsetzen; SAP kommt bei seiner Umstellung auf das Cloudgeschäft gut voran, auch wenn bei Margen und Gewinnen noch einige unsichere Monate bevorstehen.

Beiden Aktien gelangen zuletzt wichtige Stabilisierungen: Infineon hat auf der Unterstützungszone um 21 Euro wieder nach oben gedreht; SAP bei 85 Euro den Bereich der Tiefpunkte von 2018 bis 2020 verteidigt. Allerdings, so nah an den alten Höhen wie Apple oder Microsoft sind die Dax-Hightechs bei weitem nicht. Während Infineon immerhin den steilen, seit Januar bestehenden Abwärtstrend gebrochen hat und damit ein Signal für mittelfristig weitere Kursgewinne gibt, müsste SAP erst einmal über die Marke von 100 Euro kommen, um Entwarnung zu geben. 

Zu den großen Aktien im Dax, die eine Erholung bitter notwendig hätten, zählt die Allianz. Das allgemeine Comeback der vergangenen Wochen ging an dem Versicherer eher vorbei. Ob die Aktie mit den aktuellen Geschäftszahlen nun Anschluss findet, bleibt abzuwarten. Im zweiten Quartal ist der Nettogewinn wegen schwacher Kapitalmärkte um ein Viertel auf 1,7 Milliarden Euro gesunken. Sollten sich die Börsen im zweiten Halbjahr stabilisieren, dürfte die Allianz angesichts eines robusten Tagesgeschäfts und eines erhöhten Zinsniveaus 2022 einen Nettogewinn von mehr als sieben Milliarden Euro erzielen. Die daraus resultierende zehnfache Gewinnbewertung und die hohe Dividende machen die Aktie zu einem Basisinvestment – auch wenn die Folgen der US-Klagen wegen hoher Verluste von Allianz-Fonds die Erholung immer noch überschatten. 

Stärker als die Allianz kann sich die Deutsche Post aus der Abwärtsbewegung der vergangenen Wochen lösen. Im Gegensatz zu den pessimistischen Erwartungen hat der Logistiker im zweiten Quartal bei Umsatz und Gewinn wesentlich besser abgeschnitten. Nach sechs Monaten liegt der operative Gewinn schon bei 4,5 Milliarden Euro. Sollte es zu keiner dramatischen Abschwächung der Wirtschaft kommen, wären bis Jahresende operativ mehr als acht Milliarden Euro möglich. Nachdem Post-Aktien seit September vergangenen Jahres zum Teil mehr als 40 Prozent verloren haben, sollte damit die Wende eingeleitet sein. Die nächsten mittelfristigen Kursziele liegen um 45 Euro. 

Im Gegensatz zu den US-Märkten fehlen dem Dax derzeit schwergewichtige Einzelwerte, die den Gesamtmarkt nach oben ziehen. Linde, die Nummer Eins in der Dax-Gewichtung, ist zwar stabil, eröffnet aber auf dem schon erreichten hohen Bewertungsniveau kein neues, wesentliches Kurspotenzial. Die Deutsche Telekom bietet seit Jahresanfang ein robustes Geschäft und leicht steigende Notierungen, tut sich aber schwer, die alten Höhen um 19 Euro nachhaltig zu überwinden. Bei Siemens hat zuletzt der Medizintechnikableger Healthineers enttäuscht; umso wichtiger wären nun zuversichtliche Aussichten vom Hauptkonzern, der am 11. August seine Zahlen vorlegt. Auffallend günstig (wie etwa die Autoaktien Mercedes-Benz, BMW oder Volkswagen) sind Siemens-Aktien derzeit nicht. Das limitiert ihr Erholungspotenzial, selbst wenn die Ergebnisse etwas besser ausfallen sollten als erwartet. 

Zu den Schwergewichten im Dax zählt mittlerweile auch Flugzeugbauer Airbus. Der bekam allerdings im zweiten Quartal die Lieferengpässe empfindlich zu spüren, vor allem bei Triebwerken. Der Umsatz ging leicht, der Nettogewinn deutlich zurück. Ausgeliefert werden sollen dieses Jahr nun 700 statt 720 Maschinen. Für einen neuen Kursschub reicht das nicht. Doch die für einen Topwert der Branche moderate Bewertung sollte die Aktie in den nächsten Monaten zumindest stabil im Bereich zwischen 90 und 110 Euro halten. 

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