Max Otte „Wie die DDR im Endstadium“

Für Max Otte ist die Welt in desolatem Zustand und Europa auf dem Weg in die Planwirtschaft. Warum ihm Donald Trump Hoffnung macht, der Dax auf 14.000 steigen könnte und ein großer Crash ausbleiben dürfte, erläutert er im Gespräch. 

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Max Otte. Quelle: PR

Vor zehn Jahren erschien der Bestseller „Der Crash kommt“ und machte den Börsenprofessor Max Otte nur zwei Jahre später zum gefeierten Krisenprognostiker. Im Gespräch blickt er auf das Börsenjahr 2016 zurück und sagt, was er von 2017 erwartet.

WirtschaftsWoche: Herr Otte, haben Sie schon eine Überschrift für 2017?

Max Otte: Mit Blick auf die Weltwirtschaft und das kommende Jahr würde ich sagen: ‚Gebt Trump eine Chance.‘ Als US-Staatsbürger, der ich ja seit 2005 ebenfalls bin, werde ich jedenfalls zur Amtseinführung von Trump in die Staaten fliegen und an der Zeremonie sowie einem Inauguration Ball teilnehmen.

Zur Person

Sie sind froh über die Wahl Trumps zum nächsten US-Präsidenten?

Ich war nach der Wahl Trumps riesig erleichtert. Clinton hätte die Konfrontation mit Russland und Syrien verschärft. Clinton war auf Kriegskurs, heftiger als Obama. Für mich steht Trump viel eher für Frieden als Clinton. Vor allem strebt Trump eine Entspannung mit Russland an. 

Von außen betrachtet sieht es eher so aus, als würde Trump die USA weiter spalten.

Ich habe mir vier Stunden Trump-Reden auf Youtube angesehen. Dass Trump spalten will, habe ich dabei nicht erkennen können. Vielmehr sehe ich in ihm einen Redner, der die legitimen Stimmungen vieler Menschen im Land aufgegriffen hat. Er hat den Finger in die Wunden Amerikas gelegt: der amerikanische Traum ist für viele ausgeträumt, die Gesellschaft innen- und sozialpolitisch tief zerrissen und gespalten. Und das Trump schonungslos und zum Missfallen der politischen Elite offengelegt. Das fanden die Wähler gut. Für das Establishment ist das unbequem, weil es natürlich auf jahrzehntelanges Politikversagen hindeutet.  

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Trump polarisiert, aber ist er auch ein Friedenstifter?

Ich habe ihn sehr kluge Dinge zu Syrien sagen hören. Zum Beispiel, dass er keine Waffen nach Syrien liefern würde, auch wenn die USA die sogenannten "Rebellen" derzeit unterstützen. Trump sagt, er wisse nicht, wer diese Rebellen sind, ob der IS oder Fundamentalisten dahinter stecken und dass es keine Kontrolle darüber gebe, wo die Waffen hingehen. Er kann sich auch vorstellen, das Assad im Amt bleibt. Warum auch sollte er fundamentalistische Islamisten gegen einen gemäßigten, autoritären Herrscher wie Assad unterstützen? Syrien war einer der fortschrittlichsten Staaten der Region mit Gewerbe- und Religionsfreiheit, natürlich auch autoritären Zügen, aber um Lichtjahre humaner und fortschrittlicher als etwa die in vielerlei Hinsicht mittelalterliche saudische Dynastie, die 3000 Prinzen und ihre Sippen ernähren muss. Das ist ja gar kein Vergleich. Haben Sie mal das aktuelle Assad-Interview mit einem Schweizer Journalisten gesehen? Ein intelligenter Staatsmann. Trump sagt auch, dass es gut wäre, wenn man sich mit Russland vertragen und gemeinsam gegen den IS vorgehen würde. Da stimme ich zu. 

Was erhoffen Sie sich sonst noch vom neuen US-Präsidenten?

Auch wenn der Mann kein Engel ist, könnte er es schaffen, Amerika aus einer Phase der Spaltung und der institutionalisierten Korruption heraus zu mehr Einigkeit zu führen. Ich habe mit die Schriften der intellektuellen Vorbilder seines Chefstrategen Steve Bannon, der ebenfalls vom Establishment dämonisiert wird, angesehen. Bannon ist stark von Strauss und Howe beeinflusst. Als Historiker betrachten sie die Politik und die Gesellschaft als Folge von Generationszyklen. Sie haben 1997 geschrieben, dass es irgendwann zwischen 2005 und 2020 zu einer großen gesellschaftlichen Krise kommen wird. Die Boomer-Generation, die recht üppig gelebt hat, wird nach deren Schlussfolgerungen diejenige sein, die Amerika in eine Phase der gesellschaftlichen Solidarität, der Stärkung der öffentlichen Institutionen und des größeren Zusammenhalts führt. Aber erst in der Krise, in der wir uns bereits befinden. Zuvor haben wir 20 Jahre der Zersplitterung erlebt.

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