Bereits in meinen Prognosen für das Jahr 2018 hielt ich ein Erstarken des US-Dollar für möglich. Im Februar (damaliger Stand 1,2330 Dollar pro Euro) habe ich meinen Standpunkt wiederholt. Seither legte der US-Dollar gegenüber dem Euro leicht zu, gegenüber einem Korb mehrerer Währungen, gemessen im Dollar-Index DXY deutlicher. Hier hat er den von Charttechnikern für wichtig gehaltenen Abwärtskanal durchbrochen und könnte demzufolge in den kommenden Wochen und Monaten weiter gewinnen.
Stimmt dies, so wäre die Schwäche in dieser Woche nur eine Pause vor einer weiteren deutlichen Erhöhung. In der Tat sprechen nicht wenige Gründe für eine weitere Dollar-Stärke.
Zehn Gründe für einen stärkeren US-Dollar
Prognosen sind bekanntlich gefährlich, sofern sie die Zukunft betreffen. Besonders gefährlich ist es mit Wechselkursen. Studien zeigen, dass diese erratisch verlaufen und sich wenig bis gar nicht an den realwirtschaftlichen Faktoren orientieren. Nur so lässt sich auch die Schwäche des US-Dollars in den vergangenen Monaten erklären, denn schon das erste Argument für den Dollar besteht schon länger:
1. Die US-Notenbank Fed meint es ernst mit dem Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes. Nicht nur steigen die Zinsen, viel bedeutsamer ist, dass die Fed wirklich dabei ist, die Bilanz zu verkürzen. Damit sinkt das weltweite Angebot an US-Dollar-Liquidität, was per Definition zu steigender Nachfrage und damit steigenden Dollar-Kursen führen muss.
2. Zugleich kommt es trotz der Ausweitung der US-Staatsausgaben zu keiner deutlichen Erhöhung des Handelsbilanzdefizits der USA (was auch an den steigenden Ölpreisen liegen dürfte), womit wiederum keine zusätzliche Dollarliquidität in die Märkte schwappt. Jede weitere Bemühung der US-Regierung das Handelsdefizit zu verringern, dürfte in die gleiche Richtung wirken. Kleinere Handelsdefizite gehen mit einem stärkeren US-Dollar einher. Die US-Dollar-Schulden müssen weiter bedient werden, während gleichzeitig das Angebot sinkt.
3. Die Verknappung der Liquidität durch die US-Notenbank hat dazu geführt, dass die Überschussreserven bei den US-Banken sinken, damit kommt es perspektivisch zu einer Verknappung des Kreditangebots und damit steigenden Zinsen. Diese machen den Dollar immer attraktiver.
4. Noch mehr Schub wird das deutlich steigende US-Staatsdefizit bringen. Selbst wenn der Zinsanstieg moderat bleiben sollte, fehlt diese Liquidität an anderer Stelle. Andere Schuldner müssen überproportional mehr bieten oder bekommen keine US-Dollar-Refinanzierung, weil sie im Vergleich mit der globalen Supermacht weniger attraktiv sind.
5. Der Euro-Dollar-Markt hat derweil viel Liquidität verloren, weil US-Unternehmen im Zuge der Steuerreformen von Donald Trump Milliarden in die USA zurückgeholt haben, vor allem um dort wie Apple eigene Aktien zurückzukaufen.
6. Der US-Dollar wird auf absehbare Zeit die entscheidende Weltwährung bleiben. Die Welt-Reservewährung muss einige Kriterien erfüllen: sie muss über einen großen und liquiden Markt für Staatsschulden und den Währungshandel verfügen. Weder Euro, noch Yen oder Renminbi können hier auch nur annähernd mithalten. Zudem muss das Land, welches die Weltwährung stellt, anhaltende und große Handelsdefizite aufweisen, um die Weltfinanzmärkte mit ausreichender Liquidität zu versehen. Japan, die Euro-Zone und China produzieren derzeit Überschüsse im Handel. So werden die Amerikaner noch lange auf Pump leben können und ihre Schulden mit selbst hergestellten Dollar bezahlen. Ewig wird das nicht funktionieren, auf absehbare Zeit jedoch schon.
7. Damit verbunden ist auch die Rolle der USA und der US-Währung als sicherer Anker. Steigen die wirtschaftlichen und politischen Risiken in der Welt an, steigt der US-Dollar. Angesichts der sich abzeichnenden Abkühlung der Weltkonjunktur und der wahrlich nicht geringer werdenden geopolitischen Spannungen spricht auch das für den Dollar.
Wechselkurse: Was Währungen treibt
Weil sehr viele Faktoren auf das Verhältnis zweier Währungen zueinander einwirken, sind Prognosen extrem schwierig. Doch Anleger können sich an einigen Leitplanken orientieren.
Notenbanken von Staaten und Währungsräumen wie der Euro-Zone beeinflussen Wechselkurse über unterschiedliche Zinsniveaus. Höhere Zinsen machen eine Währung auf den ersten Blick attraktiver.
Dass diese Rechnung oft zu einfach ist, zeigt der Euro/Dollar-Kurs. Obwohl Dollar-Anlagen mehr Zins abwerfen, hat der Dollar von Ende 2016 bis Frühjahr 2018 abgewertet. Grund ist die Theorie der Zinsparität, nach der sich Renditen, die Investoren erzielen, weltweit angleichen. Die Hochzinswährung müsste demnach abwerten. Genau das ist passiert.
Erhöht sich in einem Land die Geldmenge stärker als im Ausland, wertet dessen Währung eher ab. Steigt das Geldangebot, sinkt das Zinsniveau, wodurch die ausländische Anlagen attraktiver werden und sich die Währung abwertet, so die Theorie. Umgekehrt werten Währungen von Ländern, deren Zentralbanken einen restriktiven Kurs fahren und die Geldmenge einschränken, eher auf.
Zahlungsströme zwischen Volkswirtschaften bestimmen ebenfalls die Nachfrage nach Währungen. Der dominante Posten in der Leistungsbilanz ist die Handelsbilanz. Länder mit einem Exportüberschuss weisen regelmäßig auch eine positive Leistungsbilanz aus. Bei einem Überschuss wird mehr ins Ausland verkauft als eingeführt. Das erhöht die Nachfrage nach der Heimatwährung.
Auch das relative Preisniveau wirkt auf Wechselkurse. Dahinter steht die Theorie der Kaufkraftparität. Zölle und Transportkosten außen vor gelassen, sollten identische Güter überall den gleichen Preis haben. Der Wechselkurs gleicht Unterschiede in den Preisniveaus aus. Tut er das nicht, ist eine Währung über- und die andere unterbewertet.
8. Zugleich wächst die Zinsdifferenz zu den anderen Ländern, vor allem zu Japan und Europa. Beide Regionen sind gefangen in einer Politik des billigen Geldes. Japan, um die Finanzierung der Regierung zu sichern, Europa um die Fehlkonstruktion des Euro am Leben zu erhalten. EZB-Chef Draghi weiß schon lange, dass die EZB keine normale Notenbank ist, sondern das heimliche Instrument der Schuldensozialisierung durch die Hintertür. Der konjunkturelle Zwischenfrühling in der Eurozone ist schon wieder vorbei und die Zinsen müssen Tief bleiben, „whatever it takes“! Damit wird der US-Dollar aber mit jedem Tag attraktiver.