Globale Mindestbesteuerung von 15 Prozent So hoch sind die Steuerquoten der Dax-Konzerne aktuell

Die Steuerquoten Deutscher Dax-Konzerne. Quelle: Marcel Stahn

Die G20-Finanzminister billigen die Details einer globalen Steuerreform. Vorgesehen ist eine Mindeststeuer für multinationale Konzerne in Höhe von 15 Prozent. Das hätte Folgen für die Steuerpraxis deutscher Konzerne.

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Für den Chemiekonzern BASF war 2020 ein gutes Jahr – zumindest aus steuerlicher Sicht. Weniger als sechs Prozent Steuern zahlte das Unternehmen auf seinen Gewinn, genau: 5,8 Prozent. Damit zählt der Konzern zu den Dax-Unternehmen mit der niedrigsten Steuerquote. Sie liegt weit unter dem Durchschnitt.

In Zukunft soll es solche Ausreißer nicht mehr geben. Die G20-Finanzminister billigten in Washington die Details der im Juli geplanten globalen Steuerreform. Vorgesehen ist eine Mindeststeuer für multinationale Konzerne in Höhe von 15 Prozent. Das könnte auch deutsche Unternehmen treffen – wenngleich die in der Mehrzahl über dem Schnitt liegen.

Als Steuervermeider sehen sich die Verantwortlichen von BASF in Ludwigshafen nicht. Für die niedrige Steuerquote in 2020 gebe es Gründe, etwa „nicht abzugsfähige Betriebsausgaben durch nicht steuerwirksame Abschreibungen auf Geschäfts- oder Firmenwerte“ und Verluste von Tochtergesellschaften. Dennoch könnte der Konzern in Zukunft ein Fall für die globale Mindeststeuer sein. Wobei bei BASF keine aggressive Steuervermeidungstaktik erkennbar ist: 2019 zahlte das Unternehmen noch 22,9 Prozent Steuern. Auch andere Unternehmen aus dem Leitindex Dax fallen mit einer aktuell vergleichsweise geringen Steuerquote auf. Dazu gehört beispielsweise der Essener Energiekonzern RWE. „Unsere Steuerquote fiel mit 7 Prozent (Vorjahr: 32 Prozent) ungewöhnlich niedrig aus“, gaben die Finanzverantwortlichen des Konzerns offen zu. „Im Wesentlichen“ sei dies auf eine „Steuererstattung für Vorjahre zurückzuführen“.

Die Regel ist das nicht. Grundsätzlich zahlen die Dax-Konzerne zwar immer weniger Steuern. „Die Konzernsteuerquote der Dax-Unternehmen hat sich in den vergangenen 30 Jahren halbiert“, sagte der Steuerexperte Christoph Spengel von der Universität Mannheim der „Zeit“. So habe die Konzernsteuerquote der dreißig größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland 1988 im Schnitt noch bei 52,1 Prozent gelegen. 2020 lag sie mit 25,7 Prozent bei rund ein Viertel. In die Konzernsteuerquote fließt ein, wie viel Steuern die Konzerne auf ihren globalen Gewinn zahlen. Berücksichtigt werden also auch die weltweit gezahlten Gewinnsteuern, in Deutschland vor allem Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer.

Viele Unternehmen im Dax bewegen sich auf dem Niveau der durchschnittlichen Steuerquote. Beim Sportausrüster Adidas lag sie im ersten Halbjahr 2021 bei 24,5 Prozent – ähnlich wie bei Puma. Eine bewusste Entscheidung. Adidas-Chef Kaspar Rorsted hatte 2017 in einem Interview mit dem „Stern“ gesagt: „Wir haben uns entschieden, in Steuerfragen keinen aggressiven Weg zu gehen. Sonst würden wir auch heute schon deutlich weniger zahlen, das wäre ja technisch machbar.“

Für den Staat sind die Steuern der Dax-Elite ein stetiger Fluss an Einnahmen. Die Deutsche Post DHL zahlte im vergangenen Jahr alleine 995 Millionen Euro Steuern auf ihren Ertrag – das waren rund 300 Millionen Euro mehr als im Jahr 2019. Allerdings hatte der Konzern in der Pandemie dank der steigenden Zahl von Onlinebestellungen auch seinen Gewinn auf 4,8 Milliarden Euro ordentlich gesteigert. Im Verhältnis zum Betriebsgewinn (Ebit) liegt die Steuerquote der Deutschen Post DHL damit bei 20,5 Prozent.

Auch die Deutsche Post, an der der Staat über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beteiligt ist, hält sich für einen loyalen Steuerzahler. „Wir errichten keine aggressiven oder künstlichen Steuerstrukturen mit dem Ziel, Steuern zu vermeiden“, schreibt der Konzern. Allerdings hat der Konzern durchaus viele Tochterunternehmen und Standorte in Steuerparadiesen, auch in Panama oder auf den Bermudas. Als Deutsche Post DHL sei man in über 220 Ländern und Territorien tätig, darunter seien auch solche, die im Vergleich zu Deutschland niedrige Steuersätze veranschlagen. „Keine dieser Gesellschaften wurde gegründet, um steuerliche Vorteile zu generieren, oder wird derzeit mit dem Ziel einer aggressiven Steuerlichen Gestaltung verwendet“, verteidigt sich die Post.

Beim Gesundheitskonzern Fresenius lag die Steuerquote bei 24,2 Prozent, Bayer zahlte einen Steuersatz von 24,6 Prozent, der Online-Modehändler Zalando 29,02 Prozent und der Essener Energiekonzern E.On 21 Prozent (erstes Halbjahr 2021). Die Deutsche Telekom verkündete 2020 eine Steuerquote von 22 Prozent – auch hier ist der Staat noch mit fast 15 Prozent beteiligt.

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In bayerischen Gefilden bewegen sich die Steuerquoten ebenfalls auf maßvollem Niveau. Der Münchener Rückversicherer MunichRe meldet eine Steuerquote von 18,2 Prozent – im Vergleich zu 15,1 Prozent ein Jahr zuvor. Und die Allianz 25,7 Prozent im Jahr 2020. „Die effektive Ertragsteuerquote lag bei 27,6 Prozent im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2021 gegenüber 28,2 Prozent im Vorjahreszeitraum“, heißt es beim Medizintechnikerhersteller Siemens Healthineers. Und der Industriekonzern Siemens weist für das Geschäftsjahr 2020 eine Steuerquote von 24 Prozent aus. 2019 betrug die Steuerquote bei dem Münchener Technologiekonzern noch 26 Prozent.

Ein anderes Bild zeigt sich beim Energiekonzern Siemens Energy, den Siemens im Herbst 2020 als eigenständiges Unternehmen abgespalten hat. Im Geschäftsjahr 2020 betrug die Steuerquote von Siemens Energy lediglich 12,9 Prozent. Die niedrige Steuerquote hänge mit dem Rekordverlust von rund 1,9 Milliarden Euro zusammen, den Siemens Energy für 2020 melden musste. Der Konzern führt die niedrige Steuerquote auch auf den Verlust der Windenergie-Tochter Siemens Gamesa und die Tatsache zurück, „dass der größte Teil des negativen Ergebnisses vor Steuern der Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) keine Aktivierung von latenten Steuerforderungen zulässt“.

Eine niedrige Steuerquote kommt auch von Infineon. So wies der Halbleiterhersteller für das Geschäftsjahr 2020 eine Quote von knapp zwölf Prozent aus. 2019 lag dieser Wert bei 17,8 Prozent, 2018 bei 13,6 Prozent. Zu den Gründen für die niedrige Steuerquote führt Infineon aus, dass die „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag im Geschäftsjahr 2020, wie im Vorjahreszeitraum, durch ausländische Steuersätze, nicht abzugsfähige Aufwendungen, steuerfreie Erträge, Steuervergünstigungen und Änderungen der Wertberichtigungen auf aktive latente Steuern beeinflusst“ seien.

Mehr zum Thema: Wem nutzt hierzulande die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung? Antwort: Olaf Scholz – im Kampf gegen die Junglinken der SPD.

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